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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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dass Dillard vom ersten Tag an Sheppard nicht hatte ausstehen können, doch der hatte ein paar Monate gebraucht, um zu begreifen, dass die Feindseligkeit auf der Tatsache basierte, dass Dillard auf den Job spekuliert hatte, den Sheppard bekommen hatte. Obwohl es ein Karriererückschritt für Dillard gewesen wäre, der stellvertretender Leiter der Abteilung Südosten war, wusste Sheppard inzwischen, dass er Tango als lebende Manifestation eines Jimmy-Buffet-Songs ansah. Eine Hängematte zwischen den Palmen. Eiskalte Biere und Margaritas serviert von süßen jungen Mädels in Stringbikinis. Dauerurlaub, für den er auch noch Gehalt bekam. Was man zugeben musste, war, dass es sich auf Tango netter lebte als in Birmingham, Alabama.
    »Und worauf willst du hinaus?«, fragte Sheppard.
    »Ich bin auf Tango, und ich will alles sehen, was Goot und du über den Fall haben.«
    Warum, Leo? Damit du die Publicity kassierst, wenn wir den Scheiß klären? »Im Augenblick haben wir nicht viel.« Und er würde Dillard ganz bestimmt nichts von dem schwarzen Wasser erzählen. »Wir haben eine Suchmeldung nach unserem Hauptverdächtigen rausgegeben, Patrick Wheaton.«
    »Der Mann ist 1994 verschwunden, Shep. Wie kann er der Hauptverdächtige sein?«
    »Fotobeweise.« Er berichtete schnell von Miras Digitalkamera.
    »Treffen wir uns heute Nachmittag.«
    Lieber nicht. »Goot und ich können dich treffen, wo immer du untergekommen bist.«
    »Im Hilltop Inn. Sechs Uhr.«
    »Wir sehen uns.«
    Sheppard legte auf, bevor Dillard noch etwas sagen konnte. Die Tatsache, dass er bereits auf Tango war, bereitete Sheppard Sorgen. Dillard verließ Birmingham, um vor Ort aufzutauchen, nur dann, wenn er glaubte, dass es seinen eigenen Ambitionen nützte. Um diese Ermittlungen unter Kontrolle zu behalten, mussten Goot und er geschickt vorgehen, sie dürften Dillard nur das absolute Minimum verraten. Und parallel würde Sheppard seinen Boss anrufen, Baker Jernan, den Mann, der ihn engagiert hatte, und ihn bitten, Dillard aus der Ermittlung rauszuhalten.
    Langsam begannen die Autos, sich wieder zu bewegen, Sheppard ließ den Notizblock auf den Beifahrersitz fallen und schaltete erneut seinen Rekorder ein. »Ich habe eine Websuche nach Wheaton durchgeführt und mehrere Artikel über sein Verschwinden gefunden, aber die meisten Treffer handeln von dem meeresbiologischen Sommercamp für Teenager, das er auf Tango begonnen hat, und von seinen Eltern. Sie waren Molekularbiologen, nominiert für den Nobelpreis. Die Mutter beging 1968 Selbstmord, seine einzige Schwester, eine Stiefschwester, starb im selben Jahr bei einem Autounfall, der Vater verstarb wenige Jahre später. Wheaton muss ungefähr sechzehn gewesen sein, als seine Mutter und Schwester starben, jung genug für entsprechende seelische Narben.«
    Aber hätten diese Todesfälle ihn tief genug verletzt, um ihn zu einem Kindesentführer werden zu lassen?
    Zugegeben, der Abstand zwischen Normalität und Wahnsinn war klein. Selbst Bundy hatte trotz seiner Perversionen zeitweilig in einer normalen Gesellschaft funktionieren können. True-Crime-Autorin Ann Rule beispielsweise hatte ihn in der Redaktion einer Zeitung kennengelernt, wo sie beide arbeiteten. Es wäre also durchaus möglich, dass die meeresbiologischen Sommercamps, die Wheaton für Teenager angeboten hatte, bloß eine Möglichkeit für ihn waren, Opfer zu finden.
    Der Stau löste sich endlich auf, und Sheppard konnte wieder normal fahren. Er rief seine Assistentin im Büro an und bat sie herauszubekommen, ob Rusty Everett zwischen 1991, als er alt genug gewesen wäre, und 1993, dem letzten Sommer vor Wheatons Verschwinden, das Tango Marine Lab Sommercamp besucht hatte. Er war nicht sicher, was das beweisen würde, wenn es stimmte. Wahrscheinlich nichts. Aber es würde Sheppard persönlich befriedigen. Es würde zeigen, dass er irgendeine Form von Verbindung gefunden hatte. Und im Moment war jede Verbindung besser als nichts.
    Fünf Minuten später hielt er hinter Goots dunkelblauem Jeep, der am Straßenrand vor dem Grundstück der Leniers stand. Goot stieg aus, eilte hinüber zu Sheppards Wagen und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. »Fahr durch das Tor, James. Die Dame hat es über die Gegensprechanlage gesagt.«
    »Ach ja? Und wir Bauerntölpel dürfen eine Audienz haben?«
    »Ihre genauen Worte waren: ›Klingeln Sie, dann öffnet sich das Tor. Nehmen Sie die erste links und fahren Sie weiter, bis Sie den Stall sehen.‹«
    »Den Stall«,

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