Die Spur der verlorenen Kinder
Nobel-Material. Sie sind nie zu Hause. Dort sind bloß Patrick und Eva, sie hängen andauernd zusammen. Eva hat ihn verführt, wenn Mom und Dad nicht zu Hause waren, und er hat niemandem davon erzählt, weil er in sie verliebt war. Zwei Jahre, nachdem diese ganze Perversion begann, kam sie bei einem Autounfall um. Sie war mit einem anderen Jungen unterwegs, sie hatten beide getrunken. Schlimmer noch, die Obduktion ergab, dass sie schwanger war. Und raten Sie mal, wessen Kind das war? Die Mutter hat sich daraufhin umgebracht, der Vater hat sich früh ins Grab getrunken, und Patrick begann eine Therapie – und wurde letztendlich eingewiesen.«
»Eingewiesen? Wohin?«, fragte Goot.
»Therapie bei wem?«, fragte Sheppard gleichzeitig.
»Sie hatten ein Ferienhaus auf Sugarloaf, wo sie in den Ferien und im Sommer hinfuhren. Ich glaube, der Psychiater war in Miami, ebenso das Krankenhaus, in dem er sechs oder sieben Monate verbrachte.
»Wie alt war er, als seine Beziehung mit Eva begann?«, fragte Sheppard.
»Vierzehn. Sie war fünfzehn. Aber auf einer anderen Ebene hatte es lange zuvor begonnen. Sie werden nichts über die Einweisung in irgendwelchen Unterlagen finden. Die Krankenblätter wurden aufgrund ihres Alters vernichtet.«
Sheppard, ein Anwalt, hatte noch nie davon gehört, dass Krankenblätter vernichtet wurden, und vermutete sofort, dass jemand dafür bezahlt worden war. »Wussten Sie all das, bevor Ihre Ehe sich zu verschlechtern begann?«
»Nein, ich habe all das zwei Wochen, bevor er abgehauen ist, erfahren.«
»Hat er es Ihnen erzählt?«, fragte Goot.
»Keineswegs. Patrick hat nie freiwillig Informationen über sich preisgegeben. Der Detektiv, den ich angeheuert hatte, hat es herausgefunden, und ich habe Patrick damit konfrontiert. Er sagte, es stimme alles, aber was soll’s? Es wäre vor so langer Zeit geschehen. Irgendwo hier …« Sie zog eine Schublade heraus, wühlte darin herum, öffnete eine zweite. »… ich habe ein paar alte Zeitungsberichte und die Dinge, die Ted George – der Detektiv – zusammengetragen hat. Er ist vor ein paar Jahren verstorben, und seine Tochter hat mir die Akten und Unterlagen übergeben, bevor sie weggezogen ist.« Sie nahm einen dicken Umschlag aus der Schublade, öffnete ihn und zog Unterlagen, Notizbücher, Fotos heraus, eine Goldmine an Material. »Sie können das alles haben. Aber geben Sie es mir zurück, wenn Sie fertig sind.«
Nymes trat in die Tür. »Julia, dein Trainer ist hier.«
»Ich komme gleich.«
»Er ist schon seit zehn Minuten da.« Nymes sah Sheppard und Goot streng an, als erwartete er von ihnen zu sagen, dass sie ohnehin aufbrechen wollten. Sheppard weigerte sich, sein Spiel zu spielen. Goot und er schwiegen.
»Ich habe gesagt, ich bin in ein paar Minuten fertig«, wiederholte Julia.
»Wie du willst«, blaffte er und ging.
»Ich entschuldige mich für meinen Mann. Er mochte Patrick nie und ärgert sich darüber, dass er Teil meiner Vergangenheit ist.« Dann erhob sie sich und zeigte damit, dass sie das Gespräch beenden wollte. »Ich muss jetzt wirklich zu meiner Reitstunde. Aber wenn ich noch etwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich bitte wissen.«
»Ich habe noch eine Frage«, sagte Sheppard, als sie gemeinsam das Büro verließen. »Wie haben Sie herausgefunden, dass Patrick Geld gestohlen hatte?«
»Mein Buchhalter hat es bemerkt. Wir hatten mehrere Geldmarktkonten auf unser beider Namen. Über drei oder vier Monate hatte Patrick offensichtlich fünfundzwanzig hier abgehoben, vierzig da. Einige der Abhebungen waren elektronisch erfolgt und nachvollziehbar. Sie landeten auf einem Konto in Miami unter dem Namen Peter Wheat.«
Nymes war hinter ihnen aufgetaucht und mischte sich jetzt ein. »Das steht alles in den polizeilichen Unterlagen.«
»Genau genommen, Mr Nymes«, sagte Sheppard, »höre ich jetzt zum ersten Mal von Peter Wheat. Bitte halten Sie also den Mund und lassen Sie Ihre Frau ausreden.«
Nymes’ Hals rötete sich, genau wie es bei seiner Frau geschehen war, eine Art emotionales Barometer, und als er sprach, zitterte seine Stimme vor Wut. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Herren gehen. Jetzt.«
Goot wirbelte herum, sein Latino-Temperament war nicht mehr zu zügeln. »Und ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie sich bessere Manieren zulegen. Wheatons jüngstes Entführungsopfer ist die Tochter von Agent Sheppards Verlobter. Also halten Sie sich zurück und lassen Sie uns unsere Arbeit tun. Sir. «
Nymes
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