Die Spur der Woelfin
ausgenommen, und als
Henne im Korb war sie durch die Bank für alle von Interesse. Allerdings müsste
sie lügen, wenn sie behauptete, dass es sie stören würde. Ihrem Ego tat so viel
geballtes männliches Interesse einfach gut. Und mit den harmlosen
Anbändelungsversuchen konnte sie umgehen, Patrick stand dabei auf einem ganz
anderen Blatt.
»Also?« Mit vor der Brust verschränkten Armen bedachte sie ihn mit einem
gespielt ungeduldigen Blick, und er grinste frech zurück.
»Ich brauche fachkundige Hilfe«, erklärte er, und sie wedelte ungeduldig
mit der Hand, als er nicht fortfuhr.
»Komm schon, meine Schokolade schmilzt.«
»Meine Freundin hat nächste Woche Geburtstag, und ich wollte ihr etwas
schenken ...«
Sie stöhnte genervt, als er nicht fortfuhr. »Und was?«, fragte sie mit
Blick auf den Schokoriegel.
»Wäsche?«
Ihr Blick ging zu seinem Gesicht. Kurz fragte sie sich, ob eine andere
Frau jetzt eingeschnappt wäre. Dieser Mann grub sie am laufenden Meter an, und
jetzt bat er sie, Unterwäsche für seine neueste Flamme auszusuchen? Sie
schmunzelte. Er stand vor ihr und wand sich förmlich vor Verlegenheit. Nein,
sie fand es eher witzig. »Möchte mir der Mann damit sagen, dass er eine hübsche
Verpackung durchaus zu schätzen weiß, aber nicht weiß, wie man so was
aussucht?«
Er wurde sogar rot, und sie kicherte und schob ihn zum Küchentisch,
wobei sie ihm allerdings wohlweislich den Riegel aus der Hand nahm. »Wie alt
wird sie denn?« Er grübelte einen Moment. »Dreiundzwanzig.« Sie nickte und sah
dabei zu, wie er aus seiner Tasche einige Kataloge hervorzauberte. »Größe?«
»Ein Meter neunundsechzig.«
Sie sah ihn an und brach in Gelächter aus. »Das wollte ich eigentlich
nicht wissen«, entgegnete sie trocken, und er gab sich einen Ruck und nannte
ihr die richtige Größe. Mit gehobener Braue sah sie ihn an, vertiefte sich dann
aber in die Kataloge.
»Damit ist das Feld schon mal um ein Vielfaches eingeengt worden«,
kommentierte sie und blätterte stirnrunzelnd durch die Seiten, bis sie an einem
hängen blieb.
»Was trägt sie denn sonst?«
»Schlicht, keine oder wenig Spitze, nur dunkle Farben.«
Mit einem schiefen Grinsen sah Laura heimlich auf ihre eigene Oberweite.
75D, damit war man nicht mehr sonderlich wählerisch, was das Aussehen
anbelangte. Ab der Größe fing man an, sich um andere Dinge Sorgen zu machen.
Dinge wie Schwerkraft zum Beispiel.
»Also gut, ich zeige dir jetzt, was eine Frau wählen würde, und dann
werde ich - Gedanken lesen und die Dinge zeigen, die du dir gedacht hast.«
Eine Stunde später lag Laura, mit Lachtränen in den Augen, mit dem
Gesicht auf dem Tisch. Wie sehr Männer und Frauen sich doch unterschieden,
konnte man wirklich am besten bei der Wäsche erkennen. Viel Spitze, wenig
Spitze, durchsichtig, String oder Panty ... Die Variationen waren endlos, und
in der letzten Stunde hatte sie Daniel gezeigt, was bei größeren Größen wichtig
war, bis er selbst etwas gefunden hatte, was seinen Geschmack traf und die
Ansprüche einer Frau ebenso erfüllte. Zur Belohnung gab es nicht nur den
Schokoriegel, den sie schon längst gegessen hatte, sondern auch noch einen Kuss
direkt auf den Mund. Einen Kuss, den auch Vince mitbekam, der sich genau diesen
Moment ausgesucht hatte, um wutschnaubend die Küche zu entern.
»Was hast du verdammt noch mal mit der Bibliothek angestellt?«,
herrschte er sie an, und deutlich konnte sie das unterdrückte Knurren hören,
das darauf folgte, während er sie aus kalten graugrünen Augen musterte.
Laura musste sich zwingen, ihn nicht schlicht anzuschreien. Sie hatte
keine Lust, seine Kindergartenspiele mitzuspielen. Stattdessen setzte sie einen
gekünstelt über-
raschten Blick auf und musterte ihn von oben bis unten. »Wie, du kannst
lesen?«, fragte sie affektiert zurück und hörte, wie er das nächste Knurren nicht
mehr unter drückte.
»Du hast alles durcheinander gebracht«, gab er verärgert zurück, doch
sie schüttelte den Kopf.
»Ein Chaos kann man nicht durcheinander bringen. Und ich habe beim
besten Willen kein System finden können. Also habe ich beim Abstauben die
Bücher in Belletristik und Fachliteratur unterteilt und alphabetisch geordnet.
Das System funktioniert in jeder Bibliothek, habe ich mir sagen lassen.« Sie
unterbrach sich und riss die Augen in gespieltem Erschrecken weit auf. »Aber
wenn dir ein sechsundzwanzigstelliges Sortiersystem zu hoch ist, musst du es
nur sagen. Ich helfe dir gerne.«
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