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Die Spur der Woelfin

Die Spur der Woelfin

Titel: Die Spur der Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Baines
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die schlimmsten meines
Lebens. Aber da hatte ich mich getäuscht. Ich musste mein Fahrrad nach Hause
schieben, weil ich nicht mehr fahren konnte, und als ich schließlich da war ...
in zerrissenen Kleidern, mit Blut zwischen den Beinen und mehreren blauen
Flecken ... habe ich mir von meinem Väter Vorwürfe machen lassen müssen.« Sie
sah Vince fest an und konnte spüren, wie Bitterkeit ihr Gesicht zu einer
starren Maske werden ließ.
    »Eine Vergewaltigung an sich ist schon schrecklich. Aber hinterher sich
sagen lassen zu müssen, dass man es doch selbst herausgefordert hätte, es
gewollt hätte, und das von seinem eigenen Vater. Das ist es, was dieses
Erlebnis für mich unvergesslich machen wird. Ich musste mich von ihm auslachen
lassen, als ich zur Polizei ging, und ich habe mich von ihm beleidigen lassen
müssen, als ich vor Gericht meine Aussage hatte machen wollen.« Abrupt löschte
sie ihre Zigarette und schenkte ihm ein grimmiges Lächeln.
    »Aber ich habe mich ihm nicht gebeugt, und schließlich ist es zu einer
Verurteilung gekommen. Das Gericht hat ihn zu sechs Jahren verurteilt, seine
Frau hat sich von ihm getrennt und ihn damit um einen großen Teil seines Hofes
gebracht.« Genugtuung erfüllte sie bei diesem Gedanken, danach hatte er den Hof
nicht mehr halten können und auch den Rest verkaufen müssen, doch verschwand jenes
Gefühl genauso abrupt wieder, wie es gekommen war.
    »Drei Jahre musste er absitzen, ehe man ihn wegen guter Führung
vorzeitig wieder entlassen musste. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits meine
Schule beendet und befand mich im ersten Semester Innenarchitektur. Es waren
Semesterferien, und das Erste, was ich erleben musste, als ich wieder nach
Hause kam, war, dass mein Vater den Mann, der seine eigene Tochter vergewaltigt
hatte, mit offenen Armen empfing. Er tat so, als wäre die ganze Sache nie
gewesen. Ist zur Feier des Tages mit ihm sogar einen trinken gegangen.«
Demonstrativ prostete sie ihm mit der Flasche zu und nahm einen tiefen Schluck,
um den schlechten Geschmack aus dem Mund zu bekommen.
    »Das war der Moment, in dem ich nicht mehr weiterkonnte. Ich konnte
einfach nicht mehr. Direkt nach dem Abitur habe ich ein halbes Jahr bei der
Famüie DAbot als Aupair verbracht, und als sie mir anboten, als Kindermädchen
bei ihnen zu arbeiten, habe ich zugesagt. Sie haben es mir unwissentlich
ermöglicht, von meinen Eltern fortzukommen und mehrere tausend Meilen entfernt
zu versuchen, alles zu vergessen. Und bis heute hatte ich auch geglaubt, dass
es funktioniert hätte.« Lange sah sie ihn schweigend an, bis er schließlich das
Wort ergriff.
    »Und was hat deine Mutter getan?«
    Sie schnaubte abfällig. »Meine Mutter«, meinte sie, und Bitterkeit
schwang in ihrer Stimme mit. »Sie hat sich von ihrem Ehemann das Rückgrat
brechen lassen. Sie käme
    nicht mal auf den Gedanken, etwas zu tun, was nicht seiner Meinung
entspräche. Fünfundzwanzig Jahre hat er dafür gearbeitet, und sein Erfolg lässt
sich nicht leugnen. Sie hat dazu einfach geschwiegen.«
    Laura konnte sich noch allzu gut an den stummen, mitleidsvollen Blick
erinnern, mit dem ihre Mutter sie damals stets bedacht hatte, wenn ihr Mann
einmal nicht dabei gewesen war. Als hätte sie sagen wollen: >Kind, du weißt
doch, wie er ist.< Ein Satz, den sie in ihrem Leben nur allzu oft zu hören
bekommen hatte. Und damit hatte sie ihr zwar zu verstehen gegeben, dass sie auf
ihrer Seite stand, aber effektiv hatte sie davon nie etwas zu spüren bekommen -
wie bei so vielen Dingen hatte sie es vorgezogen, sich nicht zwischen die
Fronten zu begeben.
    Vince sagte daraufhin kein Wort mehr, und Laura war ihm dankbar dafür.
Sie hätte es nicht ertragen, jetzt auch noch aufmunternde Worte zu hören oder
gar Mitgefühl. Und so blieben sie lange Zeit schweigend auf der Terrasse
sitzen. Laura leerte noch die Flasche, während er ihr dabei stumm zusah, und
kam schließlich, nachdem ihr die Augen zuzufallen begannen, schwerfällig auf
die Beine. Schwankend hielt sie sich an der Rücklehne ihres Stuhles fest und
fixierte ihn durch den trüben Nebel des Alkohols, während sie mit einer Hand
blind versuchte, den Rechner herunterzufahren.
    »Ich denke, ich werde jetzt ins Bett gehen«, erklärte sie, hätte aber
bei dem Versuch, sich umzudrehen, beinahe den Halt verloren und musste sich
schließlich an der Hauswand abstützen, um einem überaus peinlichen Sturz
vorzubeugen. Sie war zu schnell aufgestanden und konnte nun erleben, wie sich
der

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