Die Spur der Woelfin
fragte, ob Laura sich
ähnlich verhielt, wenn sie am Wochenende unterwegs war, und er spürte Wut in
sich aufkommen, als er sie sich in einem ähnlich unbekleideten Zustand
vorstellte. Doch dann wurde er entschieden abgelenkt.
Der Geruch war schwach, fast vollkommen von den anderen Gerüchen im Raum
überlagert, doch Patrick bemerkte ihn schließlich doch. Abrupt drehte er sich
zu Daniel und Robert um, deutete ihnen an, dass er etwas bemerkt hatte, und
wies ihnen an, sich näher im Lokal umzusehen.
Er hätte versuchen können, die Fährte aufzunehmen und so auf Daves Spur
zu kommen. Doch das würde bedeuten, dass er sich, zumindest im Auge eines
menschlichen Betrachters, vollkommen würde zum Affen machen müssen. Und sie
waren schon auffällig genug, da mussten sie es nicht auch noch herausfordern,
vor die Tür gesetzt zu werden. Nicht, wenn ihre Suche erste Ergebnisse zu
erzielen begann. Sie würden sich also auf ihre anderen Sinne verlassen müssen.
Daniels Hand packte ihn am Arm, riss ihn herum, und Patrick sah mit
einem Stirnrunzeln in den hinteren Teil des Raumes, als Daniel mit dem Kopf in
eine der Nischen dort wies.
Nicht nur für das weibliche Auge war Dave Campbell eine attraktive
Erscheinung. Er war groß gewachsen und hatte die Figur eines Sportlers, gepaart
mit den blauen Augen und dem ansteckenden Lächeln eines kleinen Jungen. Er
besaß Charisma, und selbst Patrick hatte sich anfangs
dabei ertappt, dass er auf ihn hereinfiel. Dave hatte in seinem Leben
gelernt, andere zu manipulieren und für seine Zwecke zu benutzen. Brian war
dabei nur einer von vielen auf einer langen Liste.
Auch jetzt war Dave nicht allein. An seinem Tisch zählte Patrick nicht
weniger als drei Frauen, die alle darum bemüht schienen, sich in ihrem besten
Licht zu präsentieren. Und er musste an sich halten, um nicht schlicht
dazwischenzugehen. Dave war mehr als nur gefährlich, aber er hatte gelernt, wie
er dies vor anderen verbergen konnte. Die meisten merkten es erst, wenn es
bereits zu spät war — viel zu spät. Unter dem gebräunten, eleganten Äußeren
verbarg sich nicht nur jenes Tier, das in jedem von ihnen zu finden war. In ihm
lebte die Perversion. Töten war für ihn eine Art Sport, ein Kavaliersdelikt und
ein angenehmer Zeitvertreib.
Eigentlich war es Patrick egal, was andere, die nicht seinem Rudel
angehörten, mit ihrem Leben anstellten. Solange es nicht das Rudel betraf,
scherte er sich nicht weiter darum. Aber in Daves Fall war die Sache anders.
Dave wilderte in seinem Revier, und er machte sich nicht die Mühe, die Hinweise
auf seine Natur am Tatort zu verbergen. Einzig der Ignoranz der Polizei hatten
sie es bisher zu verdanken, dass noch niemand auf sie aufmerksam geworden war.
Er hatte es Laura nicht erzählt und auch den anderen Anweisung gegeben, es in
ihrer Gegenwart nicht zu erwähnen, aber er hatte Kenneth damit beauftragt, das
von Dave sichergestellte Genmaterial vom letzten Tatort bei der Polizei zu
entwenden. Er konnte es sich nicht leisten, wenn ein aufstrebender Gentechniker
hinter gewisse Geheimnisse ihrer Existenz kommen sollte. Das hätte zwar dem
Nachtwächter fast das Leben gekostet, aber immerhin hatte Kenneth sich weit
genug zusammengerissen, beim Verwischen seiner und auch Daves Spuren nicht bis
zum Äußersten zu gehen. Für gewöhnlich war keiner von ih-nen derart zimperlich,
und mit einem halben Lächeln hatte Patrick Kenneths ungewohntes Vorgehen auf
Laura geschoben. Ob sie wusste, welche Wirkung sie auf jeden Einzelnen im Rudel
hatte?
Oberflächlich gelassen bahnte Patrick sich mit Robert und dessen Sohn im
Gefolge einen Weg durch die vielen Menschen, bis er direkt vor Daves Tisch
stehen blieb. Natürlich waren sie diesem nicht entgangen, doch sie alle
wussten, dass er hier drin am sichersten war, weshalb er sich auch entspannt
zurücklehnte, als Patrick sich auf der Tischplatte abstützte und zu ihm
herabbeugte. »Hast du geglaubt, dass wir dich einfach weitermachen lassen?«
Daves Grinsen wechselte von überlegen zu boshaft. Und für einen kurzen
Moment gewährte er Patrick einen Blick hinter die aalglatte Fassade des
Sunnyboys. »Bisher hat dein Kindergarten mich noch nicht gestoppt. Also gehe
ich von einem Ja aus.« Er lachte spöttisch, und Patrick riss der Geduldsfaden. Mit
einer Hand packte er Dave am Kragen und zog ihn von seinem Stuhl hoch, bis sein
Gesicht dicht vor seinem war. Nur am Rande hörte er dabei die erschrockenen
Stimmen der Frauen, die neben Dave gesessen
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