Die Spur des Blutes (German Edition)
irgendjemandem zusammenarbeitete. Aber schon das letzte Mal, als dieser Soziopath sie an der Nase herumgeführt hatte, hatte sie gewusst, dass er einige seiner Großtaten niemals ohne Hilfe hätte vollbringen können. Und nun, nachdem in zwei verschiedenen Staaten gleichzeitig zwei Bundesbeamte ermordet worden waren, hatte sie keinen Zweifel mehr daran.
Wenn Spears und Reed hier waren, stand es zwei gegen eine. Aber alles, was sie tun musste, war für Ablenkung zu sorgen, bis Verstärkung eintraf.
Nachdem sie Deputy Chief Black ihre Kündigung überreicht hatte, war sie mit einem Taxi zu Dans Haus gefahren, um ihren Audi zu holen. Bei Gina Coleman hatte sie schon auf dem Weg dorthin angerufen, denn sobald sie bei Dan war, war Eile geboten. Wenn Harper aus der Besprechung kam und feststellte, dass sie aus dem Radar des BPD abgetaucht war, würde er sofort versuchen, ihre Bewegungen zu orten.
Obwohl in ihrer Glock ein volles Magazin steckte, suchte sie bei Dan noch nach zusätzlicher Bewaffnung. Sein Schusswaffensafe war verschlossen, der Schlüssel hing vermutlich an dem Ring in seiner Hose, zusammen mit dem Hausschlüssel. Sie hatte das Haus mit dem Schlüssel betreten, den er in einer der Außensteckdosen versteckte. Den Code für die Alarmanlage kannte sie, das hatte sie nicht weiter aufgehalten. Aber ihre Suche war vergeblich geblieben. Kein Pfefferspray oder sonst irgendwelche brauchbaren, leicht zu versteckenden Waffen.
Als sie in seinem Schlafzimmer stand, hätten ihre Gefühle sie beinahe überwältigt. In der obersten Schublade der Kommode war eine Schachtel mit Fotos. Dutzende von Schnappschüssen von ihnen beiden aus der Zeit an der Highschool und auf dem College, auf Partys oder bei anderen Freizeitaktivitäten. Sie setzte sich kurz aufs Bett und durchforstete ihre Erinnerungen. Der Schmerz und die Sorge, die auf ihr Herz gedrückt hatten, wichen Bedauern und Furcht. Sie hatte ganz ähnliche Fotos zu Hause in Virginia – falls Spears sie nicht vernichtet hatte. Sie und Dan hatten so viel Zeit wie möglich zusammen verbracht. Gott, sie waren so verliebt gewesen.
Und so blind für all die Fallen, die die Zukunft noch bereithielt.
Jess hatte damals wirklich geglaubt, dass sie und Dan für immer zusammen sein würden. So, wie er es in ihrem Senior-Jahrbuch geschrieben hatte. Aber das Schicksal hatte beschlossen, dass nicht alle Träume und Pläne der Wirklichkeit standhalten konnten.
Und hier waren sie nun, als lebender Beweis für diese Theorie, und klammerten sich immer noch an Was-wäre-wenn-Konstruktionen.
Bevor sie sein Schlafzimmer verließ, hatte sie sein Kopfkissen an sich gedrückt und seinen Duft eingeatmet. Dann hatte sie gebetet.
Bitte, bitte, lass ihn am Leben sein.
Stunden später, als sie durch die Stadt kreuzte und für drei Dollar Benzin verfuhr, nur damit das BPD sie nicht aufspürte, hatte Spears ihr endlich mit einer SMS geantwortet. Er hatte ihr die ungefähre Richtung mitgeteilt, in die sie fahren sollte, genauere Anweisungen jedoch erst gegeben, als sie schon fast an der richtigen Ausfahrt vorbeigefahren war.
Nun musste sie nur noch dort hineingehen und Lori und Dan retten.
Sie wusste jetzt, dass es das war, was Spears wollte. Während der Befragung vor drei Wochen in Richmond hatte er über den Tisch gegriffen und sie berührt. Nur ein kurzes Streicheln mit den Fingern über den Handrücken. Damals hatte sie keine Ahnung, dass der Mistkerl sie markierte. In diesem ganzen perversen Spiel ging es darum, an sie heranzukommen, und er hatte den Köder, von dem er wusste, dass er sie unweigerlich anlocken würde: Lori und Dan.
Dan war die unbekannte Variable in dieser Gleichung, die ihr am meisten Sorgen machte. So weit die dokumentierte Vorgeschichte des Spielers und der Morde, die ihm zugeschrieben wurde, zurückreichte, hatte es nie auch nur ein einziges männliches Opfer gegeben. Sie konnte nicht genau beurteilen, wie Spears mit dieser Situation umgehen würde. Und der Möchtegern-Spears entsprach überhaupt keinem ihr bekannten Typus. Er war zerstreut und unvorsichtig – ein Mann, der nur ein einziges Ziel hatte, der vor nichts Halt machen würde, egal wie schlimm es wurde.
Falls das Finale so aussah, dass Jess in die Falle gelockt und gefoltert werden sollte … dann hatten diese sadistischen Mistkerle Dan und Lori vielleicht allein zu diesem Zweck am Leben gehalten.
Jess nahm ihren Mut zusammen und schob sich um die nächste Ecke.
Zwei Fahrzeuge standen auf dem
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