Die Spur des Blutes (German Edition)
der ihr den weisen Rat erst vor ein paar Tagen gegeben hatte. Und außerdem hatte sie recht.
Zudem hatte sie ihn einen Freund genannt. Offenbar hatte sie beschlossen, dass es in Ordnung ging, wenn sie Freunde waren. Er wusste nicht, wann sie die Zeit gehabt hatte, zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, aber er war sehr froh darüber. Von dem Moment an, als sie vor gerade erst fünf Tagen in diese Stadt zurückgekommen war, war es ein Wettlauf auf Leben und Tod gewesen, bei dem von Tag zu Tag mehr auf dem Spiel stand. Und es sah nicht so aus, als würde sich das so bald ändern. Er brauchte ihre Unterstützung … er brauchte
sie
.
»Danke, Chief Harris«, lenkte er ein. »Verstanden.«
»
Chief
Harris? Das ist ein bisschen voreilig, meinst du nicht?«, gab sie zurück. »Du hast mir doch erst heute Morgen das Angebot gemacht.«
»Und du hast es angenommen«, rief er ihr in Erinnerung.
»Gewissermaßen.« Sie wedelte mit den Händen. »Im Übrigen heißt es Deputy Chief. Aber darüber können wir später reden. Diese Situation ist so schon kompliziert genug, da müssen wir es nicht gerade jetzt verkünden. Es ist notwendig, dass alle voll auf die Ermittlungen konzentriert sind und sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, warum und wie ich für einen neu geschaffenen Posten im Department ausgewählt wurde.« Erneut machte sie einen Schritt auf das Besprechungszimmer zu, hielt aber nochmals inne. »Außerdem möchtest du dein Angebot vielleicht zurückziehen, falls das hier übel ausgeht.«
Bevor er widersprechen konnte, trat Jess durch die Tür und gesellte sich zu den anderen am Konferenztisch, während er ihr nachstarrte, fassungslos und verärgert, weil sie immer noch glaubte, es wäre ihre Schuld, dass sie in dieser Klemme steckten.
Der Spieler hatte offenbar die Rolle von Jess’ Nemesis übernommen, und er wollte sie strafen. Sie hatte keinerlei Kontrolle über seine Handlungen. Nach außen hin gab sie sich unerschrocken, doch Dan sah ihr an, und sie hatte es ja auch selbst zugegeben, dass sie große Angst um Wells ausstand … und um ihre Familie, und um jeden, der zwischen ihr und Spears stand.
Das Problem war, dachte Dan, dass ihr vor lauter Sorge um andere nichts mehr für sich selbst übrig blieb.
Sicherzustellen, dass er zwischen ihr und diesem Irren stand, war das Einzige, wovor er gar keine Angst hatte. Wenn Spears oder wer auch immer an Jess rankommen wollte, würde er erst mal an Dan vorbeimüssen. Halb hoffte er sogar, dass der Dreckskerl dumm genug war, es zu versuchen.
Mit neuer Entschlossenheit betrat Dan den Besprechungsraum. Die Blicke der Sitzenden folgten seinen Bewegungen, als er zum Kopf des Tisches ging.
»Bürgermeister Pratt, Sheriff Griggs, Agent Manning«, sagte er. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie gekommen sind, um unser Department zu unterstützen. Ich bringe Sie kurz auf den neuesten Stand.«
Als Sheriff von Jefferson County hatte Roy Griggs mehr Erfahrung als irgendjemand sonst im Raum. Dan war ehrlich dankbar, ihn in seinem Team zu haben.
Eine der ihren war da draußen …
»Zwei Zeugen haben Eric Spears als den Mann identifiziert, der Detective Lori Wells gegen sieben Uhr dreißig heute Morgen aus dem Haus ihrer Mutter entführte«, begann er. Alle am Tisch lauschten den schlechten Neuigkeiten mit grimmigen Mienen. »Die Fahndung ist eingeleitet. Wenn wir Glück haben, hat jemand ihn gesehen.«
Stille herrschte, als alle begriffen, wie ernst die Lage war.
Dan räusperte sich. »In der Gegend, in der Detective Wells’ Mutter wohnt, hat niemand etwas gesehen oder gehört. Eric Spears hat keinen weiteren Kontakt mit uns aufgenommen. Der Kurier, der heute Morgen das Paket gebracht hat, in dem sich ihre Polizeimarke befand, beschreibt die Person, die die Lieferung in Auftrag gegeben und bezahlt hat, als weiß, männlich, zwischen sechzig und fünfundsechzig. Er wirkte unordentlich, heruntergekommen. In den Schlangen vor den Obdachlosenheimen und Suppenküchen findet man Dutzende, auf die diese Beschreibung passt. Davon versprechen wir uns keine brauchbaren Ergebnisse.«
Immer noch gab es keine Kommentare oder Fragen.
»Obwohl er sich im Haus der Wells gezeigt und zwei unverletzte Zeugen zurückgelassen hat, hat Spears jemanden für die Lieferung bezahlt, der ihn ebenfalls identifizieren könnte. In diesem Stadium ist es unmöglich, einzuschätzen, aus welchem Grund er so widersprüchlich handelt.«
»Sie nehmen an, dass es sich bei dem Täter um Spears
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