Die Spur des Blutes (German Edition)
weich geworden war und sich auf ein kurzes, heißes Abenteuer mit Burnett eingelassen hatte, hatte sie geschworen, sie würde sich diesem Mann nie, nie wieder verletzlich zeigen. Und nun spielte sie mit dieser alten Flamme, als hätte sie sich nicht schon böse genug verbrannt. Anscheinend war sie dazu verdammt, die gleichen Fehler immer und immer wieder zu machen.
Als auch weitere zehn Minuten Diskussion ihre Schwester nicht überzeugen konnten, die Stadt zu verlassen, gab Jess widerstrebend fürs Erste auf und ging zu Burnett und den anderen. Lily wollte lieber in ihrem Zimmer bleiben, bis ihre Augen nicht mehr so rot waren.
Der Schock und die Verwirrung, die das Gespräch mit ihrer Schwester ausgelöst hatten, rangen mit der Sorge und der Frustration, die der Fall mit sich brachte. Das half ihr nicht gerade, sich auf die Lösung der anstehenden Probleme zu konzentrieren.
Burnett und Lils Mann standen in der Nähe des Kamins und unterhielten sich in heiterem, ruhigem Ton. Ihre Haltung jedoch warnte sie, dass das Thema alles andere als heiter war. Die Kinder lümmelten sich auf dem Sofa, Alice las ein Buch auf ihrem Kindle, Blake junior surfte auf seinem iPad. Die beiden waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Lils Sohn hatte dunkles Haar und die Augen seines Vaters, und er liebte es, immer mittendrin zu sein, Sport, soziale Aktivitäten, alles, was mit möglichst vielen Menschen zu tun hatte und ihn forderte. Ihre Tochter hingegen war ihr – Jess – wie aus dem Gesicht geschnitten. Alice machte es sich lieber allein mit einem Buch gemütlich.
Hilf Himmel, wie sollte sie diesen Menschen nur verständlich machen, dass dies nicht wie in einem Film war? Das hier war real, die Gefahr war echt. Und sie schienen keinen blassen Schimmer davon zu haben.
Sobald Burnett sie in dem Türbogen bemerkte, der das Familienzimmer von der Küche trennte, wandte er sich ihr zu. Nur eine ganz leichte Bewegung, eine knappe Drehung des Körpers. Ob es die Art war, wie er sich bewegte, oder nur sein Aussehen, groß, stark und ruhig, nie hätte Jess sich lieber an diese breiten Schultern gelehnt als in diesem Moment.
Und schon fiel sie wieder in dasselbe alte Muster.
Gott helfe ihr.
»Sie will nicht gehen«, verkündete Jess.
Die Worte auszusprechen wog schwer auf ihren Schultern. Der Drang, sich an ihn zu lehnen, wurde stärker …
ihr neuer Boss
. Ein »Single aus dem einen oder anderen Grund«-Mann.
Jess blinzelte. Sie straffte ihren müden Körper und straffte die belasteten Schultern. So schwach war sie nun auch wieder nicht. Verdammt. »Du musst sie zur Vernunft bringen, Blake.«
Die Hände in den Taschen, mit hängenden Schultern und sorgenvoller Miene musterte Blake sie. »Du glaubst wirklich, du könntest die eigentliche Zielscheibe sein?«
Statt zu ihm zu marschieren und ihn kräftig zu schütteln, wahrte sie die Beherrschung, auch wenn es ihr zunehmend schwerer fiel. »Belinda Howard war gestern Abend Gast in eurem Haus. Wenn sie dadurch, dass sie mit mir zusammen hier war, zum Opfer wurde, musst du dann wirklich noch diese Frage stellen?«
Blake blinzelte, wirkte verdattert.
Okay, vielleicht hatte er das nicht verdient. Aber sicher war Jess sich nicht, so unglücklich wie er ihre Schwester gerade machte. Nashville? Ernsthaft?
»Ich glaube«, schaltete sich Burnett ein, »was Jess zu sagen versucht, ist, dass Vorsicht besser ist als Nachsicht.«
Blake sog heftig die Luft ein, so als wäre er gerade aus einem tiefen Koma erwacht. »In Ordnung. Ich treffe alle Vorkehrungen mit meinem Bruder in Pensacola. Dort bleiben wir ein paar Tage, gehen ein bisschen an den Strand.«
Blake junior blickte auf. »Das gefällt mir!«
Alice verzog das Gesicht, weil er so laut war, und wandte sich wieder ihrem Buch zu.
»Gut.« Jess fühlte sich erleichtert, zumindest ein bisschen. »Wie lange braucht ihr, um zu packen und startklar zu sein?«
Blake junior sprang auf. »Fünf Minuten, Tante Jess.« Breit grinsend eilte er aus dem Zimmer. Der Junge – Mann eigentlich – war so hochgewachsen wie sein Vater, gut über ein Meter achtzig, und genauso gut aussehend.
Gott, sie fühlte sich alt.
»Wir können morgen gegen Mittag aufbrechen«, sagte Blake. Ihm war anzusehen, dass er auf Widerspruch gefasst war.
»Morgen?« Tja, da verflog sie, die Erleichterung, die sie eben noch empfunden hatte. »Warum nicht gleich?« Es war Sommer. Die Kinder und Blake hatten Ferien. Wo lag das Problem?
Blake räusperte sich und begegnete
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