Die Spur des Blutes (German Edition)
aussehen wie Messdiener. Hier …«, Jess holte tief Luft, in dem Versuch, ihren wachsenden Zorn in den Griff zu bekommen, »haben wir es mit dem Spieler zu tun, und keiner von uns hat hier irgendetwas unter Kontrolle.«
Jess presste die Lippen aufeinander. Zu spät. Sie hatte schon zu viel gesagt.
Agent Miller nickte. »Gut. Dann werde ich ganz besonders wachsam sein, Ma’am.«
Wenn man gegen eine Wand fuhr, hatte es wenig Sinn, es zu leugnen. »Danke, Agent Miller. Das weiß ich zu schätzen. Und ich bin sicher, dass Sie sich der Gefahr, in der Sie und die Angehörigen des BPD dort drüben sind, bewusst sind.«
Miller warf einen Blick zu dem Officer. »Das bin ich, Ma’am.«
Was konnte sie noch sagen? Nichts. Jess ging schnurstracks zu Burnetts SUV und kletterte hinein. Angst, Unglauben, Sorgen, Verwirrung, Ärger … das alles prasselte mit neuer Kraft auf sie ein.
Burnett entfernte sich von seinem Officer, nickte der Agentin zu und ging in Jess’ Richtung.
»Verdammt«, murmelte sie. Sie blinzelte schneller, um die Tränen zurückzuhalten. Vergebens. Mit zitternden Händen wischte sie sie weg. Wenn Burnett sie weinen sah … verflucht sei Spears. Verflucht sei das FBI … und verflucht sei sie selbst.
Burnett glitt hinter das Steuer und ließ den Motor an. Er warf ihr einen Seitenblick zu.
»Frag nicht.«
Er fuhr an. »So dumm bin ich nicht.«
Sie schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Es gab nichts, dass sie tun konnte, um ihre Schwester heute Abend zu beschützen. Sie konnte nichts weiter tun als beten, dass ihr nichts zustieß, bis sie sich auf den Weg gemacht hatten. So schwer es auch war, das Problem musste sie erst einmal beiseiteschieben, musste sich mit aller Kraft darauf konzentrieren, Spears zu finden, bevor eines seiner Opfer tot war.
Opfer.
Lori und Belinda.
Ihre Namen und Gesichter konnte sie nicht beiseiteschieben, für sie waren sie mehr als nur Fakten in diesem Fall. Obwohl alle Opfer in den Fällen, die sie über die Jahre bearbeitet hatte, unschuldig gewesen waren und das Schreckliche, das sie hatten erleiden müssen, nicht verdient hatten, war dies hier etwas anderes für Jess. Persönlicher. Denn diese beiden Frauen waren ihretwegen zu Opfern geworden.
Wenn eine von ihnen starb, dann wegen dem, was sie getan oder nicht getan hatte.
Die Stille legte sich wie Gelatine über sie, während Burnett durch den Abendverkehr auf der Interstate zwischen Bessemer und Birmingham steuerte.
»Wir holen deinen Koffer«, schnitt Burnett durch die drückender werdende Stille. »Ich lasse dir morgen deinen Wagen bringen.«
Jess vergaß die Erschöpfung und die beunruhigenden Gedanken fürs Erste und drehte sich zu ihm um. »Ich brauche meinen Wagen.« Sie würde sich nicht wieder abhängig machen.
»Nein, brauchst du nicht.«
Ihr Blick wurde schmal. Oh nein, das konnte er vergessen.
»Ich wohne nicht bei dir, Burnett. Diese Diskussion hatten wir bereits.« Nämlich vor fünf Tagen. Inzwischen waren seine Eltern aus dem Urlaub zurück, deshalb würde er sicher nicht wieder deren Haus vorschlagen.
Queen Katherine würde einen Schlaganfall bekommen, wenn Jess noch einmal dort auftauchte. Sie war wahrscheinlich immer noch dabei, ihr Museum von einem Heim nach Jess’ kurzem Aufenthalt dort in Ordnung zu bringen. Eigentlich sollte sie sich schämen, dass sie hier und da ein wenig umdekoriert hatte, nur um Burnetts Mutter zu ärgern, aber sie hatte nicht anders gekonnt. Katherine Burnett hatte früher alles dafür getan, dass Jess sich minderwertig fühlte. Sie hatte keinen Hehl daraus gemacht, wie sehr ihr der Gedanke missfiel, dass ihr einziger Sohn ein Mädchen heiratete, das in einer Reihe von Pflegeheimen aufgewachsen war.
Jess war nie gut genug gewesen. Warum zum Teufel ihr das heute noch etwas ausmachte, war ein Rätsel, das vielleicht nie gelöst werden würde.
»Es bleibt dabei: Entweder du wohnst bei mir, oder du gehst mit deiner Schwester.« Er warf ihr einen selbstzufriedenen Blick zu, der sie noch mehr ärgerte. »Such es dir aus.«
Er wusste, dass sie nicht mit ihrer Schwester gehen konnte. Sie musste hierbleiben, an dem Fall arbeiten. Zudem würde es Spears’ Aufmerksamkeit auf Lil und ihre Familie ziehen, wenn sie in ihrer Nähe war, noch mehr, als es schon die Medien getan hatten. Das war nicht einmal eine Option.
Jess wandte das Gesicht nach vorn und starrte böse auf das Fahrzeug vor ihnen, damit Burnett ihr nicht ansah, was sie fühlte. Er und ihre Familie
Weitere Kostenlose Bücher