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Die Spur des Blutes (German Edition)

Die Spur des Blutes (German Edition)

Titel: Die Spur des Blutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debra Webb
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immer härter gearbeitet als Gleichrangige, um ihre Ziele zu erreichen. Was sollte ein Mädchen, das aus nicht weniger als vier Pflegefamilien kam, auch anderes tun? Sie senkte die Zahnbürste und spuckte ins Waschbecken. Sie wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Sie wusste, warum sie so war. Ihre Eltern waren gestorben, als sie und ihre Schwester klein waren. Sie hatten nichts gehabt. Mit achtzehn wurden sie aus der letzten Pflegefamilie entlassen mit nicht mehr, als sie mitgebracht hatten. Nämlich nichts. Niemand verstand, wie sich das anfühlte, wenn er nicht selber diesen einsamen, beängstigenden Weg gegangen war.
    Lily hatte für sich die perfekte Lösung gefunden. Sie wollte jemanden, auf den sie sich verlassen konnte, der ihr das Heim und das Leben gab, nach dem sie sich sehnte. Nicht so Jess. Sie hatte sich niemandem anvertraut, damit er sich um sie kümmerte. Ihre Eltern hatten sie verlassen, indem sie starben.
    Burnett hatte sie verlassen.
    Aber das war okay, denn damals hatte sie schon gewusst, dass sie sich um sich selbst kümmern konnte. Sie musste nur unnachgiebig sein … die Beste.
    Sie starrte auf den Ring an ihrem Finger. Auf einmal war sie vierzig gewesen, und damit kam die Angst, sie könnte für den Rest ihres Lebens alleine bleiben. So war das wohl bei Frauen, wenn sie in die mittleren Jahre kamen. Also hatte sie einen netten Mann geheiratet, einen Kollegen. Zuerst war alles prima gewesen. Doch er hatte seine Illusionen schnell verloren. Jess liebte die Arbeit mehr als ihn. Er wollte Leute treffen. Jess hatte keine Zeit. Er wollte Kinder. Jess hatte keine Zeit. Wenn sie kürzertreten würde, um all das zu tun, würde sie zurückfallen … und das war inakzeptabel.
    Denn dann wäre sie nicht mehr die Beste.
    Die Vorstellung hatte ihr Angst gemacht.
    Dan hatte sie gefragt, warum sie immer noch den Ring trug, und sie hatte gelogen. Sie trug ihn, weil ihn abzunehmen der Welt zeigen würde, dass sie wieder versagt hatte. Burnett hatte sie verlassen, und zwanzig Jahre später ihr Ehemann ebenfalls.
    Eine weitere Wahrheit blitzte in ihren Augen auf. Sie sah es … konnte es nicht leugnen.
    Sie war vor all den Jahren aus Birmingham geflüchtet, weil sie hier niemals die Beste hätte sein können. Sie war nur ein armes Pflegekind, zur Mittelmäßigkeit verurteilt. Katherine Burnett hatte sie das nie vergessen lassen. Dann, ungefähr zwanzig Jahre später, kam sie nach ihrem ersten echten Versagen beim FBI wieder zurückgerannt.
    Wie gern wollte sie glauben, es sei nicht ihr Fehler gewesen, dass sie Spears nicht hatten festnageln können. Dass sie einhundert Prozent recht hatte, was ihn betraf. Aber vielleicht war das gar nicht so. Vielleicht hatte sie tatsächlich ganz allein versagt. Und war aus Angst vor ihrem Versagen erneut davongelaufen.
    So, wie Spears oder sein Protegé, der Doppelgänger, Angst vor dem Versagen hatte. Deswegen machte er Fehler. Handelte unlogisch … handelte aus einem Impuls heraus.
    Entschlossenheit erfüllte sie.
    Vielleicht hatte sie den Fall noch nicht gelöst, aber sie weigerte sich, Angst davor zu haben … vor dem Versagen.
    Jess spülte ihre Zahnbürste aus. Sie starrte die Frau im Spiegel an und sendete ihr eine Botschaft. »Dieses Mal nicht.«
    Sie musste nicht mehr immer die Beste sein, und sie würde ganz sicher nicht mehr davonlaufen.
    Jessie Lee Harris würde bleiben, und sie würde das Böse aufhalten.
    Dan stand draußen vor der Gästezimmertür. Er hätte Jess offen sagen sollen, was Sache war, aber das konnte er erst tun, wenn sie allein waren. Nicht, weil er Harper nicht traute. Mein Gott, Harper war einer der besten Detectives, die er hatte. Ganz zu schweigen davon, dass er in Jess’ Einheit arbeiten würde. Entscheidungen, die jetzt oder später mit ihrem Posten zu tun hatten, sollten seine Meinung von ihr nicht beeinflussen. Und im Moment war Harper emotional kompromittiert.
    Seit der Schießerei, als Wells die Kugel abbekam, die eigentlich Harper gegolten hatte, hatte Dan beobachtet, wie die beiden sich immer näher und näher gekommen waren. Er hatte kein Problem mit dieser Beziehung, vorausgesetzt, es wirkte sich nicht auf ihre Arbeit aus.
    Bisher war das nicht passiert.
    Aber Wells war ein Opfer in diesem Fall. Wenn Harper nicht ein so verdammt guter Cop wäre, würde er nicht daran mitarbeiten, egal in welcher Eigenschaft. Seine Arbeit war von unschätzbarem Wert, er beaufsichtigte die gesicherten Beweismittel und hielt engen Kontakt zu den

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