Die Spur des Blutes (German Edition)
Küche, und er stieg leise die Treppe hinauf. Chesters Zimmer war das erste auf der rechten Seite. Die Tür war angelehnt. Er mochte es nicht, wenn sie ganz zugezogen war. Der Junge hatte immer noch Angst vorm Dunkeln.
Vorsichtig schob Chet die Tür auf und betrat die Welt seines Sohnes, die aus Shrek und Spiderman bestand. Ein schimmerndes Nachtlicht gab gerade genug Licht, um das Unbekannte zu verscheuchen, das in der Dunkelheit lauerte. Lange stand Chet am Bett seines Sohnes, sah zu, wie er atmete. Sein dunkles Haar stand hoch, weil er sich offenbar hin und her geworfen hatte, bevor er sich dem Schlaf ergeben hatte. Chet wollte es nicht glatt streichen, aus Angst, er könnte ihn aufwecken. Bald reichte es nicht mehr, wenn seine Mutter ihm die Spitzen schnitt, bald war Chester alt genug für den Besuch beim Friseur und seinen ersten echten Haarschnitt. Chet würde ihn dorthin mitnehmen, wohin schon sein Vater ihn als kleinen Jungen mitgenommen hatte.
Er wollte alles für seinen Sohn. Keine Berge von Spielzeug und technischen Geräten, aber Glück und ein sicheres Heim. In den letzten zwei Jahren hatte er gelernt, dass diese beiden Dinge wirklich von Bedeutung waren.
Aber dort draußen waren so viele Dreckskerle, wie der, der Lori entführt hatte. Gab es so etwas wie ein sicheres Leben überhaupt? Konnte er denn mit Fug und Recht darauf hoffen, seinen Sohn beschützen zu können?
Lori zumindest hatte er nicht beschützt, das stand fest.
Als wenn sie ihm erlaubt hätte, sie zu beschützen. Darüber musste Chet lächeln. Seine Lippen bebten, obwohl er sich so anstrengte, stark zu sein. Lori würde ihm einen Arschtritt verpassen und ihm sagen, dass sie selbst auf sich aufpassen konnte. Alles, was sie brauchte, war ein bisschen Unterstützung.
Sein Kiefer spannte sich an; er würde einen Weg finden, ihr diese Unterstützung zu geben.
Gib nicht auf, Baby
.
Leise ging er zu dem Schaukelstuhl in der Ecke. Darin hatten sie Chester schon geschaukelt, als er noch ein Baby gewesen war. Irgendwann würden sie ihn aussortieren müssen. Je älter der Junge wurde, desto unabhängiger war er.
Der natürliche Lauf des Lebens.
Chet ließ sich in den Schaukelstuhl nieder. Sein Körper – seine Seele – war so schrecklich müde.
Und er hatte große Angst.
Er wusste ziemlich viel über diesen Spieler … diesen Eric Spears. Doch so verdammt real fühlte es sich erst an, seit er Belinda Howard auf diesem Bett hatte liegen sehen, misshandelt und erniedrigt und dem Tode viel zu nah.
Er hatte schon Opfer in schlimmerer Verfassung gesehen. Im Vergleich waren die sichtbaren Verletzungen, die ihr zugefügt worden waren, gar nicht so verheerend. Und tot war tot, egal wie der Zustand des Körpers war. Aber zu wissen, dass der Mann, der Belinda Howard diese furchtbaren Dinge angetan hatte, auch Lori in seiner Gewalt hatte … das war fast mehr, als Chet ertragen konnte.
So sehr sie sich auch dagegen gewehrt hatte, sich auf ihn einzulassen, er wusste, dass sie mit ihm zusammen sein wollte. Das hatte er beide Male gespürt, als sie miteinander geschlafen hatten. Sie hatte stärkere Gefühle für ihn, als sie zugeben wollte.
Und er hatte weiß Gott starke Gefühle für sie.
Er durfte sie nicht verlieren. Er schloss die Augen, versuchte die Tränen zurückzuhalten. Welcher harte Cop weinte schon? Er wehrte sich heftiger, sein Körper zitterte vor Anstrengung. Der heiße, salzige Affront kam trotzdem.
Dann betete er. Er betete, dass sein Sohn vor allem Bösen beschützt werde … und er flehte um Loris Leben. Er betete, dass sie stark sein möge. Und dass sie irgendwie verstand, wie sehr er sie liebte.
Dann setzte er den Schaukelstuhl in Bewegung und betete um die Erleichterung, die der Schlaf ihm bringen würde.
11
Lori hörte Stimmen.
Aufwachen!
Der Nebel war so dicht, dass sie ihren Weg hindurch nicht fand. Sie musste schlucken. Konnte es nicht. Ihr Mund fühlte sich so trocken an.
Augen auf!
Lori befeuchtete sich die Lippen. Sehnte sich nach einem Schluck Wasser. Es war so heiß … und stickig. Sie bekam kaum Luft zum Atmen. Ihre Lider hoben sich ein winziges Stückchen. Sie versuchte die Augen ganz zu öffnen, aber die Lider waren zu schwer, um sie zu bewegen. Ihre Zunge fühlte sich dick an … pelzig.
Harsche Worte ertönten um sie herum.
Wer schrie da? Ein Mann, entschied sie. Aber sie konnte sich nicht überwinden, die Augen aufzuzwingen. Warum schrie er?
Warum konnte sie nicht aufwachen?
Bilder fluteten ihr
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