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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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das wusste Jafir Kamal, hatte einen Sicherheitszaun zwischen der Brücke und der Wüstenstraße aufgestellt für den Fall, dass eine israelische Patrouille auf der Bildfläche erschien.
    Der Inhalt dieser Laster verschaffte den Palästinensern die Möglichkeit, die Israelis mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Ein Guerillakrieg, eine bewaffnete Intifada, würde Israel zwingen, einen großen Teil seiner Kraft auf das eigene Land zu konzentrieren; einer möglichen Bedrohung von außen könnte dann weniger entgegengesetzt werden. Und die anderen arabischen Länder würden nicht untätig bleiben, wenn die Palästinenser sich erhoben. Dieses Mal nicht.
    So glaubte man.
    Doch Jafir Kamal wusste, wie falsch dieser Gedankengang war. Die arabischen Länder schätzten die Palästinenser nur wenig mehr, als sie die Israelis schätzten. Sie würden das palästinensische Volk benutzen, ohne es unmittelbar zu unterstützen. Die israelische Antwort auf bewaffnete Rebellion würde schnell und verheerend sein. Die Palästinenser hatten keine Chance; die Israelis würden sie noch tiefer in die Westbank treiben – so weit, bis sie mit dem Rücken zum Jordan standen.
    Jafir Kamal hatte seine Sprengsätze an strategischen Punkten auf der Allenby-Brücke verteilt. Er hatte sie selbst verdrahtet. Seine Finger waren blutig von der Anstrengung, die darin gipfelte, dass er die Ummantelung abschälte und die Kabel um die Schrauben unter der Saugpumpe wickelte. Der alte Zünder war ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg, primitiv, aber wirkungsvoll. Jafir Kamal würde auf der anderen Seite der Brücke warten und die Saugpumpe drücken, sobald sämtliche Laster, die Waffen nach Palästina brachten, sich auf der Brücke befanden.
    Er wartete in der Deckung eines kümmerlichen Strauchs, zusätzlich getarnt durch den Nebel, der vom Jordan aufstieg. Die Nacht war sehr frisch, und Jafir Kamal war ausgekühlt bis auf die Knochen. Er dachte an die Familie, die er hier gegründet und dann in den Staaten großgezogen hatte, und er glaubte fest daran, dass er sie wiedersehen würde.
    Dann musste er an die Ratsmitglieder denken und daran, dass sie sich besinnen und endlich einsehen würden, dass er Recht hatte. Wenn nicht, würde Jafir Kamal neue Führer rekrutieren, die deren Platz einnehmen würden. Er würde seine Landsleute in ein neues Leben führen, das frei und unabhängig war sowohl von Israel, als auch vom korrumpierenden Einfluss der arabischen Nachbarn Palästinas – Alliierte, die ihre Freundschaft mit hinter dem Rücken gekreuzten Fingern beteuerten.
    Jafir Kamal bereute nicht, dass er nach Palästina zurückgekehrt war – auch nicht, nachdem er erkannt hatte, dass er nicht mehr der Held von einst war. Dies hier war eine Aufgabe, und sie war wichtiger als jede andere, die er bewältigt hatte, seit er die Israelis 1948 bekämpfte und dann geholfen hatte, sein Volk zusammenzuhalten. Die Menschen hatten geweint an dem Tag, als er Palästina verließ. Er war gegangen, weil es das Beste gewesen war für seine Familie. Nachdem der Sechstagekrieg ihm ein halbes Jahr später Recht gegeben hatte, war Jafir Kamal zurückgekehrt, weil es das Beste für sein Land gewesen war.
    Vier Stunden später sah er den ersten russischen Laster auf die Brücke fahren. Die Morgendämmerung war näher, als er gehofft hatte, und die zusätzliche Wartezeit hatte seine Glieder steif werden lassen. Er fror und rieb sich die Hände, um wieder Leben hineinzubringen. Die letzten Augenblicke waren die schwersten, das Warten und Hoffen, dass die feuchte Nacht und die Meeresluft die Kabel, die er nach Einbruch der Dunkelheit so sorgfältig gelegt hatte, nicht funktionsunfähig gemacht hatten.
    Der zweite Lastwagen fuhr auf die Brücke und folgte dem ersten in dessen gemäßigtem Tempo über die wackelige Konstruktion, die zuvor bereits durch Blindgänger beschädigt worden war. Jafir Kamal drehte den Zünder nach rechts und zog ihn hoch. Ein einziger Druck nach unten, und Metall würde auf Metall reiben und die Laster explodieren lassen, bevor sie die andere Seite der Brücke erreicht hatten. Die Hitze der Brandsätze würde die Reifen platzen lassen und die Unterseite der Laster zerreißen. Den russischen Fahrern und den sie begleitenden Wachen würde noch genügend Zeit bleiben, sich vor der Explosionen zu retten. Doch sie würden keine Chance haben, auch nur ein einziges Gewehr mitzunehmen. Aber sie alle würden überleben und ihren Weg zurück zu den Familien

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