Die Spur des Tieres
welcher Gestalt auch immer - abwickelte, endeten letztlich alle zu seinem Vorteil!
»Deshalb nennt man mich ja den -«
»Teufel?«
»Ich habe viele Namen .«
»... und viele Gesichter.« Beth nickte. »Darüber sprachen wir schon einmal.«
»Ein Teil von mir sprach mit dir darüber - als es die Frucht seiner Saat von dir forderte und erhielt.«
»Ihn?« Beth zeigte auf David.
»Ihn«, bestätigte die Stimme, die noch kein lautes Wort verloren hatte.
Dennoch fiel Beth - außer den Augen - noch eine Veränderung an diesem Satan in Menschengestalt auf. Erstens hatte es bei genauerem Hinsehen den Anschein, als würden die Konturen seiner Maske flimmern - und zum anderen wies die Maske noch einen weiteren Makel auf, den die Illusion einer zeitgemäßen Kleidung zu kaschieren versuchte.
»Was ist mit deiner Schulter?« fragte Beth.
Die blinden Augen glommen auf, und aus dem Mund des »Mannes« löste sich der erste Laut, der nicht souverän oder kontrolliert klang.
Ein Fauchen.
Hörbar ausgestoßener Atem, der deutlich machte, daß auch dieses Wesen - woher auch immer es letztlich kam und welche Macht es wirklich in sich vereinte - den Gesetzmäßigkeiten dieser Welt unterworfen war. Aber stimmte die Schlußfolgerung, die Beth daraus ableitete, wirklich? Es atmet - also braucht es Luft zum Leben!
Aus ihrem vormaligen Dasein in einer Welt, die mehr als drei Jahrhunderte von dieser entfernt lag, wußte Beth, daß es viele Extremspielarten des Lebens gab. Auch Pseudoleben, wie es Vampiren oder, in einer noch krasseren Form der Täuschung, Dienerkreaturen eingehaucht wurde. Es gab auch Lebensformen, die sich dem Verstehen völlig entzogen: Ghouls und Dämonen etwa. Darüber hinaus existierten Menschen, die einen Fluch im Blut trugen, der eng mit dem Lauf der Gestirne, insbesondere des Mondes, verknüpft war. Verdammte, die - ähnlich und doch ganz anders wie Vampire - von Blutdurst und kannibalischen Gelüsten getrieben, Jagd auf Mitmenschen machten und auch einer gewissen Metamorphose mächtig waren ...
»Sie hängt . schief«, sagte Beth. Sie verstand es nicht, aber sie war die Ruhe selbst. In ihr schien sich der Deckel einer geheimen Truhe geöffnet zu haben, und jetzt strömten daraus unablässig Selbstbewußtsein und Vertrauen in ihr eigenes Vermögen.
Nein, dachte sie. Ich brauche ihn nicht zu fürchten. Er kann mich töten. Aber er kann nicht meine Seele knechten. Ich bin sicher: Ich habe keinen Pakt mit ihm geschlossen! Was er mir schenkte, war schon vorher in mir! Er hat es nur geweckt und deshalb keinen Anspruch auf ein Pfand! Und . er weiß es! Deshalb ist er so ... verhalten. Er braucht mich! Wofür?
Das Lachen kam anschwellend wie ein noch ferner, aber unaufhaltsam näherrückender Erdrutsch aus seinem Mund, seinem Menschenmund, der wie alles an ihm flimmerte, und zwischen diesem Flimmern schien ab und zu das Maul, die raubtierhafte Schnauze, die seine wahre Natur verriet, durchzublicken.
»Du hast recht: Ich brauche dich. Aber ich bin nicht auf deine Bereitschaft angewiesen - ich kann dich zwingen, und es kostet mich nicht mehr als einen Gedanken!«
»Warum bist du gekommen?«
Er lachte jetzt beinahe meckernd, und Beth fragte sich, was noch an den Angstvorstellungen und Überlieferungen stimmen mochte, die diesem Wesen ein unsterbliches Andenken gesetzt hatten. Der Bocksbeinige, der Widderköpfige .
Wie oft schon hatten vergangene Generationen in dieses Antlitz geschaut? Wie groß war das Repertoire seiner Masken?
Es mußte unendlich sein. Und doch . hier und heute hatte er Schwierigkeiten. Seine Probleme waren nicht einfach nur zu sehen, sie waren - zumindest für Beth - durchaus auch spürbar.
»Seinetwegen.« Der Teuflische nickte in Davids Richtung. »Ich halte meine Versprechen.«
In Beth' Brust legte sich etwas kalt um ihr Herz. Ein Ring aus Eisen, ein Ring aus Qual. »Du willst ihn wahrhaftig töten? Nachdem er dir so getreulich gedient hat?«
»Warum nicht? Du verwechselt Lohn mit Strafe.«
Er log. Die Lüge stand ihm ins Gesicht geschrieben!
Und dann hörte sie sich sagen: »Vielleicht wäre ich zu einem Pakt bereit - unter gewissen Umständen.«
Aus den geronnenen Augen schien etwas zu ihr herüberzuspüren. Schon vorher hatte Beth bemerkt, daß sie dieses Wesen kaum betrügen konnte. Es wußte jederzeit alles, was auch sie wußte, wohingegen es umgekehrt gerade einmal darauf hinauslief, daß sie sich einbildete, Lüge von Wahrheit unterscheiden zu können.
Aber konnte dieser
Weitere Kostenlose Bücher