Die Spur des Verraeters
sein gewaltiges Glied in sie hineinstecken, dass sie das Gefühl hatte, ihr Inneres würde zerreißen. Pfingstrose unterdrückte einen Schrei, denn sie befürchtete, die Begierde des Barbaren nur noch mehr zu entfachen, wenn sie sich ihre Furcht so deutlich anmerken ließ.
Doch statt über Pfingstrose herzufallen, wies der Barbar mit dem Finger auf seine Brust und sagte: »Jan Spaen.« Dann zeigte er auf Pfingstrose, und in seinen seltsamen Augen lag eine stumme Frage.
»Pfingstrose«, flüsterte sie erstaunt. Sonst fragten die Freier sie nie nach ihrem Namen; für die meisten war sie bloß ein Gegenstand, der zur Befriedigung ihrer sexuellen Gelüste diente.
Jan Spaen ging zum Tisch und schenkte aus einer Taschenflasche zwei kleine Gläser voll. » Een brandewijn? «, fragte er und reichte Pfingstrose ein Glas.
Noch nie hatten Freier ihr etwas zu trinken angeboten, so wie sie es bei hübscheren Frauen taten. Pfingstrose nahm das Glas, wobei sie sorgfältig darauf achtete, Spaens Hand nicht zu berühren. Vielleicht macht der Alkohol dir Mut, sagte sie sich. Als Jan Spaen sich dann auf sein Bett setzte und Pfingstrose zu verstehen gab, sie solle zu ihm kommen, setzte sie sich so weit von ihm weg, wie es nur möglich war. Spaen hob sein Glas in Pfingstroses Richtung und trank. Zögernd ahmte Pfingstrose diese Geste nach. Der holländische brandewijn brannte ihr in der Kehle, und eine Hitzewoge wallte durch ihren Körper. Plötzlich fühlte Pfingstrose sich leicht und beschwingt, und trotz ihrer Angst musste sie kichern.
Jan Spaen hielt ihr die Taschenflasche hin.
»Ja, bitte, gern«, sagte Pfingstrose und nickte.
Wieder tranken sie, und Pfingstrose entspannte sich noch mehr. Der Barbar schien gar kein so ungehobelter Kerl zu sein. Und es war ihm offenbar egal, dass Pfingstrose nicht mit Schönheit gesegnet war. Außerdem schien es ihr, als würde der Mann mit einem Mal nicht mehr so schrecklich stinken. Wenngleich Pfingstrose wusste, dass der Barbar kein Japanisch verstand, versuchte sie ihn zu umgarnen.
»Ihr seid sehr freundlich, Herr«, sagte sie mit einschmeichelnder Stimme. »Und so stark und männlich!«
Der Barbar erwiderte irgendetwas in seiner eigenen Sprache. Doch die Versuche, ein Gespräch zu beginnen, erschienen den beiden bald dermaßen komisch, dass sie in Gelächter ausbrachen. Pfingstrose – üblicherweise die Zielscheibe von Spott und derben Witzen – genoss das ihr unbekannte Vergnügen, sich selbst köstlich zu amüsieren.
Schließlich stellte Spaen die Gläser beiseite. Seine Miene wurde ernst. Pfingstrose sah den Hunger in seinen Augen – den Hunger auf eine Frau –, und ihre Ängste stürmten wieder auf sie ein. Schließlich aber seufzte sie und befingerte den Knoten, mit dem ihre Schärpe zusammengebunden war. Sie hatte beschlossen, es hinter sich zu bringen. Je eher Jan Spaens Lust befriedigt war, desto eher konnten sie wieder trinken und lachen.
» Nee !«
Spaens vehementer Ruf ließ Pfingstrose innehalten. Verwundert beobachtete sie, wie er zu einem Schrank ging und drei Stricke herausnahm. Dann zog er seinen Umhang, seine Schuhe, die Jacke, das Hemd, die Hose, die Strümpfe und die Unterwäsche aus. Als Pfingstrose den behaarten, muskelbepackten Körper des Barbaren sah, schauderte sie. Erschreckt nahm sie den Blick von seinen riesigen Genitalien und dem Schamhaar, das wie Golddraht aussah. Schicksalergeben schloss sie die Augen und erwartete den unvermeidlichen Angriff. Stattdessen erklang Spaens sanfte Stimme.
» Kom hier .«
Neugierig geworden, schaute Pfingstrose ihn an – und ihre Kinnlade fiel herab.
Er saß auf einem Stuhl und fesselte seine Fußgelenke an die Holzbeine des Möbels. Dann sagte er irgendetwas und bedeutete Pfingstrose, ihm die Hände auf dem Rücken zu fesseln. Doch Pfingstrose war vor Schreck wie gelähmt. Gewiss, sie hatte die anderen Kurtisanen darüber tuscheln hören, dass es Freier mit den absonderlichsten sexuellen Wünschen und Gewohnheiten gab, aber sie selbst hatte noch nie so etwas erlebt. Ausgerechnet der Barbar musste zu diesen Männern gehören! Nur der Gedanke an den Zorn Minamis verlieh Pfingstrose den Mut, das Seil zu ergreifen.
Als sie Spaen die Handgelenke fesselte, stöhnte er – ein tiefer, dumpfer Laut wie der eines verwundeten Tieres. Erschreckt ließ Pfingstrose den Strick los und sprang zurück. »Verzeiht, dass ich Euch wehgetan habe, Herr!«, rief sie.
Doch Spaen schien keinen Schmerz zu verspüren, sondern von einer
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