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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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ihn geschossen hatte – und weshalb der Schütze verschwunden war, ohne sein mörderisches Werk zu vollenden. Sano vermutete, dass Kammerherr Yanagisawa diesen Meuchler geschickt hatte; der Kammerherr war schon für mehrere Mordanschläge auf Sanos und anderer Feinde Leben verantwortlich gewesen. Wie sehr Sano den bakufu hasste, dass er solche Verbrechen zuließ!
    Aber vielleicht sah es in Wirklichkeit ganz anders aus: Es konnte sein, dass Sano der Wahrheit über den Mord an Jan Spaen zu nahe gekommen und deshalb von Spaens Mörder angegriffen worden war. Oder jemand hatte verhindern wollen, dass Sano die Wahrheit über die geheimnisvollen Lichter herausfand …
     
    Als Sano die Villa erreichte, war seine Kleidung von Schweiß und Blut durchtränkt. Er war dermaßen entkräftet, dass er vor dem Tor zusammenbrach, nachdem er mit letzter Kraft aus dem Sattel gestiegen war. Die beiden Wachsoldaten, die auf Posten standen, eilten herbei, fassten ihn unter den Armen und schleppten ihn ins Haus.
    » Sôsakan-sama !« Hirata kam über den Flur gestürmt, gefolgt von einem alten Diener mit hervorquellenden Augen und vorgestülpten Lippen. »Bei allen Himmeln, was ist passiert?«
    »Jemand hat … auf mich geschossen … in der Hafengegend«, erwiderte Sano stockend, während die Wächter ihn bereits zu seiner Schlafkammer führten. »Hol einen Arzt.«
    Der Diener mit dem Fischgesicht meldete sich zu Wort. »Ihr braucht keinen Arzt zu rufen, Herr. Ich bin Alter Karpfen, zu Euren Diensten. Es mag sich vermessen anhören, aber ich bin der beste Heiler in ganz Nagasaki. Einen Augenblick, bitte!«
    Er eilte zur Küche, während Hirata sich daran machte, die Lampen in der Schlafkammer anzuzünden und einen Futon auf dem Boden auszubreiten. Sano legte sich stöhnend darauf nieder. Der Schmerz war zu einem heftigen Pochen im oberen rechten Teil seines Körpers geworden. Sano schloss die Augen und wehrte sich gegen den schrecklichen Gedanken, sein Schwertarm könnte für immer unbrauchbar geworden sein.
    Hirata kniete sich neben ihn. » Gomen nasai – tut mir Leid, aber ich muss Euch sämtliche Kleidung ausziehen. Ich werde versuchen, Euch so wenig Schmerz wie möglich zuzufügen.«
    Mit einem scharfen Messer durchtrennte Hirata den Stoff von Sanos Umhang und dem Kimono. Sano stöhnte auf, als er sah, dass die Sachen blutdurchtränkt waren. Noch schlimmer war der Anblick der Schulterwunde und des Pfeils, der aus dem Fleisch ragte. Die Wunde blutete noch immer.
    »Sagt mir, was geschehen ist.« Hiratas Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen.
    Sano erzählte, was sich in den dunklen Straßen ereignet hatte, und teilte Hirata auch seine Vermutungen mit, was den Grund für den Mordversuch betraf, denn das Denken und Reden halfen Sano, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Hirata runzelte die Stirn, während er Sanos blutgetränkte Kleidung betrachtete. »Die Wachen auf Deshima sind sehr gute Bogenschützen. Ich habe sie gestern draußen vor dem Wachhaus üben sehen. Könnte einer von ihnen der Schütze gewesen sein?«
    »Schon … möglich«, erwiderte Sano stockend. »Vor allem, wenn die Wachsoldaten … für die Ermordung von Direktor Spaen und die Geschehnisse auf Deshima … verantwortlich sind, was immer sich dort abspielen mag …«
    Damit hatte Sano seine letzten Kräfte aufgezehrt. Jetzt ging es ihm nur noch darum, dass der Pfeil aus seiner Schulter gezogen und die Wunde behandelt wurde. Dann wollte er ruhen, um anschließend Statthalter Nagai aufzusuchen und ihm von Kapitän Oss’ Ultimatum zu berichten. Doch trotz seiner Müdigkeit und der Schmerzen brachte Sano noch Hiratas Ungehorsam zur Sprache.
    »Du hättest dich von Deshima fern halten müssen und die Wachen nicht befragen dürfen«, sagte er. »Und du hättest nicht ins Vergnügungsviertel gehen sollen, um dort nach Verdächtigen zu suchen. Ich hatte dir befohlen, dich aus den Ermittlungen herauszuhalten, und du hast diesen Befehl missachtet. Deshalb wirst du morgen früh die Heimreise nach Edo antreten.«
    Bevor Hirata etwas erwidern konnte, kam Alter Karpfen ins Zimmer, einen Eimer Wasser in der einen Hand, ein beladenes Tablett in der anderen. »Bald seid Ihr wieder bei bester Gesundheit, Herr«, sagte er. »Lasst Alter Karpfen nur machen.« Er stellte Eimer und Tablett ab und kniete sich neben Sano zu Boden. Dann betrachtete er die Wunde, wobei er die Lippen noch weiter vorstülpte. »Eine Fleischwunde«, murmelte er, »und die Pfeilspitze sitzt noch drin. Ihr habt

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