Die Staatsanwältin - Thriller
versteht, dass sich der Strafverteidiger durch die Umstände in einer Zwangslage sah, aber seine Rolle als Beauftragter desGerichts verbietet diese Art des Betrugs und der Gewalt, die er offenbar anwandte, um die eidesstattliche Erklärung von Mr Cooper zu bekommen. Sein Vorgehen wirft ein schlechtes Licht auf den Berufsstand der Justiz und zeigt eine mangelnde Urteilsfähigkeit, die dieses Gericht beunruhigend findet.
Mace kämpfte mit widerstrebenden Gefühlen, während er die Urteilsbegründung las. Frustration, weil die Richter die Wahrheit hinter den Ereignissen nicht anerkannten. Scham angesichts der scharfen Kritik. Hilflosigkeit, weil er einen unschuldigen Mann im Todestrakt vertrat und alles, was er tat, die Sache nur zu verschlimmern schien. Aber hauptsächlich fühlte er sich ausgelaugt. Er hatte Jahre damit verbracht, mit dem Kopf gegen eine Wand nach der anderen zu rennen. Und jetzt hatte er nur noch ein paar Wochen.
Mace stieg in sein Auto und fuhr nach Jackson, um seinem Mandanten die Nachricht persönlich zu überbringen. Bis er dort war, den Telefonhörer in die Hand nahm und Antoine Marshall auf der anderen Seite der Scheibe ansah, war er niedergeschlagen.
»Das Berufungsgericht Georgia hat unser Gesuch abgelehnt«, sagte Mace. Er schob einen Ausdruck der Urteilsbegründung durch den Schlitz unter dem Glas. Antoine nahm ihn wortlos und drehte sich seitwärts, damit er ihn auf Armeslänge von sich weghalten konnte. »Ich habe meine Lesebrille in der Zelle gelassen«, sagte er.
Mace sah zu, wie Antoine blinzelnd und langsam las, ab und zu grunzte und den Kopf schüttelte, während er die Seiten umblätterte. Er las quälend lange, verschlang langsam jedes Wort. Mace konnte sehen, wie die Hoffnung aus seiner Miene wich und einer grimmigen Gewissheit Platz machte, dass seine Tage auf dieser Erde jetzt auf sechsunddreiÃig beschränkt waren.
Als er fertig war, legte Antoine die Urteilsbegründung auf die Ablage vor sich und wandte sich wieder Mace zu. Tränen traten ihm in die Augen.
»Es tut mir leid«, sagte Mace.
»Bei den anderen Typen im Todestrakt â ihren Anwälten ist es egal«, sagte Antoine. Seine Stimme war rau und versagte fast. »Aber mein Anwalt fährt den ganzen Weg von Atlanta her, nur um mir in die Augen zu sehen und mir zu sagen, dass es ihm leidtut. Mein Anwalt verprügelt einen Kerl in einer Bar und riskiert seine Zulassung, nur um mir eine Chance zu verschaffen. Ihnen muss nichts leidtun, Mr James.«
Antoine setzte sich aufrechter hin und sah Mace direkt an. Mace war gekommen, um seinen Mandanten zu trösten, aber es lief andersherum.
»Ich bin stolz, dass ich den besten Anwalt von allen hier im Todestrakt habe.«
»Das weià ich zu schätzen«, sagte Mace. Und das stimmte. »Aber vielleicht bin ich nicht so toll, wenn Sie hier nicht herauskommen.«
Antoine schüttelte den Kopf. »Manches soll einfach nicht sein. Sie haben getan, was Sie konnten. Machen Sie sich keine Vorwürfe.«
Antoine schob die Urteilsbegründung unter der Scheibe zurück, und Mace steckte sie in seine Aktentasche. Es hatte eigentlich Antoines Kopie sein sollen, aber es war klar, dass sein Mandant sie nicht in seiner Zelle herumliegen haben wollte.
»Für die Zeit nach meinem Tod müssen Sie mir etwas versprechen«, sagte Antoine.
Mace sah ihm in die Augen. Abgesehen von den roten Augen und den Tränen wirkte Antoine entschlossen.
»Legen Sie meine Akte nicht einfach in den Schrank und machen Sie mit dem nächsten Fall weiter. Ich weiÃ, ich habe keine Familie, die sich darum schert, aber ich will, dass mein Name reingewaschen wird. Es ist der einzige Weg, um sicherzugehen, dass dem nächsten Kerl nicht dasselbe passiert. Vielleicht hat Gott mich deshalb hergeschickt.«
»Ich verstehe, was Sie sagen, Antoine«, erwiderte Mace. Sie hatten schon einmal darüber gesprochen. »Aber jetzt hören Sie mir zu: Ich bin noch nicht fertig mit meinem Kampf um Ihr Leben.«
Antoine gluckste sarkastisch. »Der 7. August kommt, Mr James. Ob Sie dafür bereit sind oder nicht. Ich will nur sichergehen, dass Sie, wenn er gekommen und wieder gegangen ist und ich fort bin, weiter daran arbeiten, meinen Namen reinzuwaschen.«
»Darauf haben Sie mein Wort«, sagte Mace.
Antoine nickte, und Mace bemerkte, dass er dabei leicht zuckte. Der Druck forderte seinen
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