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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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doch sicher gewusst.“ Es kostete Verena Mühe, ihre Verärgerung zu unterdrücken.
    Ihr Gegenüber sah sie mit großen, entzündeten Augen an. „Was hat das mit den Mordfällen zu tun? Schneider ist fast drei Jahre tot. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass seine Frau sich nach so langer Zeit rächt? Das hätte sie doch viel früher haben können.“
    „Was verstehen Sie davon, Herr Ballauf? Sind Sie Psychiater? Hätten Sie mich gleich nach dem ersten Mord über das Unglück damals informiert, wer weiß, vielleicht wäre alles anders gekommen und Niemann würde noch leben.“
    Ballauf lief rot an, sprang von seinem Schreibtischsessel hoch, wobei sein dicker Bauch gegen die Tischplatte knallte. Genervt ließ er sich wieder fallen. „Sie wissen doch überhaupt noch nicht, ob Frau Schneider die Mörderin ist. Das sind alles nur Spekulationen. Und überhaupt: Der Vorfall liegt lange zurück. Wenn die Witwe wirklich auf Rache aus war, was Sie offenbar unterstellen, hätte sie nicht so lange gewartet.“
    „Ich wiederhole mich: Sie sind kein Psychiater. Was wissen Sie über Schizophrenie? Vielleicht hat sie die letzten Jahre in einer Klinik verbracht. Wir stellen das gerade fest. Ich bleibe dabei: Sie hätten mich informieren müssen. Weshalb haben Sie geschwiegen? Wollten Sie, dass die Angelegenheit im Verborgenen bleibt? Der Selbstmord eines verzweifelten Beamten, dem kurz zuvor eine Strafversetzung angedroht worden ist, tut dem Ansehen der Staatskanzlei in der Öffentlichkeit nicht gut. Und so viel habe ich in den letzten Wochen gelernt, das Image ist wichtiger als alles andere für die Behörde eines Regierungschefs.“ Der Personalratsvorsitzende schwieg, fischte erneut sein Taschentuch hervor und wischte sich damit über die Stirn. Verena zuckte zusammen. Von Hygiene hielt er augenscheinlich nicht viel.
    „Sie glauben ernsthaft, Maria Schneider ist die Täterin? Warum nehmen Sie sie nicht fest, wenn Sie sie für eine Mörderin halten?“
    Verena erhob sich. Ihre Stimme klang frostig. „Wir könnten viel weiter sein, wenn Sie alle miteinander nicht die Ahnungslosen gespielt hätten.“
    „Herr Gott, ich habe den Vorfall nicht für wichtig gehalten. Wie Sie selbst festgestellt haben, liegt der Unfall drei Jahre zurück. Ich räume ein, dass Niemann mich damals gebeten hat, den Mund über die Vorkommnisse zu halten. Es sollte nicht nach außen dringen, dass eine Strafversetzung im Raume stand. Die Medien hätten das gleich wieder hochgekocht und einen Zusammenhang mit dem Selbstmord hergestellt. Nur ein kleiner Kreis war eingeweiht, der innere Zirkel um den Ministerpräsidenten, der Staatssekretär, Heise, Niemann, Wagner und ich.“
    Ballaufs Worte waren kaum noch verständlich, so sehr krächzte seine Stimme.
    „Und Sie alle miteinander haben geschwiegen. Ich nenne das organisierte Verantwortungslosigkeit.“ Verena wandte sich zur Tür. „Wir sprechen uns noch. Übrigens: Frohe Weihnachten, Herr Ballauf.“
    Statt einer Antwort kamen nur unverständliche Laute aus seinem Mund, bevor ihn eine neue Hustenattacke schüttelte.

76
    Auf dem Weg in Wagners Büro lief ihr Gesine Terberg über den Weg. Zu Verenas Überraschung blieb sie stehen und erzählte ungefragt, dass sie nun doch in Hannover bleibe. Ihr Anwalt hatte sich durchgesetzt. Die Versetzung nach Oldenburg war abgewendet worden, stattdessen würde sie in das in Sichtweite der Staatskanzlei untergebrachte Landesamt für Bezüge gehen. Zum ersten Mal machte sie einen halbwegs zufriedenen Eindruck. Als sie Verena frohe Weihnachten wünschte, huschte sogar ein verstecktes Lächeln über ihre Lippen. Im Vorzimmer des Pressesprechers erwartete sie eine Überraschung. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass die „neue“ Sekretärin die alte war. Es war die Perücke mit den grellroten langen Haaren, die sie fremd aussehen ließ.
    Wagner war nicht in seinem Büro. Er hatte sich vor zwei Stunden verabschiedet, um Weihnachtsgeschenke einzukaufen. Wie jedes Jahr auf den letzten Drücker. Nicht, dass sie ihren Chef in den letzten Wochen nicht immer wieder erinnert hätte. Aber in diesen Dingen sei er ziemlich nachlässig.
    „Ich muss ihn sprechen, jetzt sofort. Geben Sie mir seine Handynummer“, forderte Verena sie auf.
    Ein skeptischer Blick traf sie. „Wenn Sie meinen, aber Sie werden ihn nicht erreichen. Der Ministerpräsident ist in den Weihnachtsurlaub aufgebrochen. Für meinen Chef heißt das Entwarnung. Er muss nicht mehr rund um die Uhr

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