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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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jedes noch so kleine Detail stürzen, es auseinandernehmen und Nebenkriegsschauplätze eröffnen. Möglichst viel Verwirrung zu stiften, war ein probates Mittel, um Strafprozesse in die Länge zu ziehen. Am Ende war fast immer eine mildere Strafe der Lohn des anwaltlichen Treibens. Auch wenn die Mörderin hinter Schloss und Riegel saß, lag noch viel Arbeit vor ihr.
    Sie grübelte über eine Formulierung, als Frau Hollmeyer aus der Staatskanzlei anrief. Ihre Stimme klang gehetzt. „Ich melde mich wegen der Unternehmen auf der Liste, die sie mir letzte Woche gegeben haben. Oder hat sich das erledigt, da die Exfrau verhaftet wurde?“
    „Durchaus nicht. Was haben Sie herausgefunden?“ Auch Nebensachen konnten am Ende für das Strafmaß wichtig sein.
    „Es handelt sich um Unternehmen, die an Auslandsreisen des Ministerpräsidenten teilgenommen haben oder von ihm besucht wurden. Meistens ging es um Firmenjubiläen, manchmal auch um andere Anlässe. Wenn Sie möchten, faxe ich Ihnen die Aufstellung mit den genauen Daten.“
    Verena unterdrückte ein Zischen. Den Regierungschef als Jubiläumsgast zu präsentieren, dafür waren vermutlich viele Unternehmen bereit, einen Obolus zu entrichten. Und Haders hatte erwähnt, dass die Plätze bei den Auslandsreisen begehrt waren und Heise ein Vorschlagsrecht hatte. Der Grund für die Bargeldeinzahlungen war damit geklärt.
    „Vielen Dank für ihre Mühe, faxen Sie mir die Liste“, bat sie die Anruferin. Sie musste die unappetitliche Korruptionsaffäre in ihren Abschlussbericht aufnehmen Dass das Mordopfer straffällig geworden war, konnte sie nicht unter den Tisch fallen lassen. Staatsanwalt Engelbrecht würde alles andere als begeistert sein, wenn er von der Korruption erfuhr. Um seine Nerven war es ohnehin nicht zum Besten bestellt. Verlief etwas nicht reibungslos, verlor er schnell die Contenance. Hinzu kam, dass Strafrichter Indizienprozesse ums Verrecken nicht leiden konnten. Sie wollten Geständnisse, mindestens aber handfeste Beweisstücke wie die Tatwaffe mit Fingerabdrücken. Und an beidem fehlte es bisher. Zwar hatte Frau Heise bei der Festnahme nicht bestritten, ihren Mann erschossen zu haben, von einem Geständnis waren sie aber meilenweit entfernt. „Ich kann mich nicht mehr erinnern, was ich an dem Abend gemacht habe“, hatte sie erklärt und noch verwirrter als sonst gewirkt.
    Drei Minuten später kam das Fax. Verena nahm es an sich. Der Name Hans Baumgart fiel ihr ins Auge. Er hatte an allen Auslandsreisen teilgenommen. Sie fügte ihrem Bericht eine Kopie bei. Das Original nahm sie an sich. Mal sehen, was Stolli dazu sagen würde.

34
H ANNOVER UND B URGDORF
    Sie kam nicht dazu, ihren Kollegen aufzusuchen. Als sie die Tür aufmachte, stand der Direktor vor ihr. Er sah besorgt aus.
    „Ich wollte gerade zu Ihnen. Es gibt einen weiteren Mord“, brach es aus ihm heraus. „Jochen Niemann ist erschossen worden. Wie es aussieht, ist es gestern Abend passiert. Seine Frau hat ihn heute Morgen tot in ihrem Wohnzimmer aufgefunden. Sie war übers Wochenende verreist.“
    Verena ging zurück in ihr Büro, setzte sich auf die Schreibtischkante. Fassungslos starrte sie ihren Vorgesetzten an. Ihr Bauchgefühl hatte sie demnach nicht getäuscht. Mit Irene Heise hatten sie die Falsche festgenommen. Oder gab es einen zweiten Mörder, einen Nachahmungstäter?
    Der Direktor ließ sich auf der Schreibtischkante nieder. Obwohl sie ihn als Mann ungemein attraktiv fand, spürte sie seine Nähe nicht.
    „Die Spusi ist bereits unterwegs. Wäre gut, wenn Sie sich ebenfalls auf den Weg machten.“
    Er griff in seine Jackentasche, gab ihr einen Zettel mit der Adresse von Niemanns Haus in Burgdorf, einer ländlichen Gemeinde unweit der Landeshauptstadt.
    Ritter ergriff erneut das Wort. „Nach dem, was ich bisher gehört habe, ist es ähnlich wie bei Heise gelaufen. Auch er ist in seinem Haus erschossen worden. Ob mit derselben Waffe, werden wir in Kürze wissen.“
    „Dann säße jetzt die Falsche in Untersuchungshaft.“
    „So sieht es aus.“ Auch wenn seine Stimme nicht vorwurfsvoll klang, für sie hörte es sich wie ein Vorwurf an.
    Sie stand auf, griff nach ihrer ramponierten Tasche. Sie brachte es nicht übers Herz, sich von ihr zu trennen. Ihr Herz klopfte wie wild. „Okay, ich fahre sofort los.“
    Er folgte ihr. „Für 12 Uhr habe ich eine Besprechung anberaumt. Hirschmann, Stollmann und Sie, in meinem Büro.“
    „Bis dahin bin ich zurück“, sagte sie, bevor sie

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