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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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davoneilte.
    Es hatte erneut angefangen zu schneien und die Fahrt nach Burgdorf, in den Sommermonaten ein Vergnügen, entwickelte sich zu einer rutschigen Angelegenheit. Selbst auf der Moorautobahn waren keine Streufahrzeuge im Einsatz. Der plötzliche Wintereinbruch hatte alle überrascht. Die Autos vor ihr fuhren im Schneckentempo. Sie überholte sie, nach einer dreiviertel Stunde erreichte sie das in einem gutbürgerlichen, gepflegten Wohnviertel von Burgdorf gelegene Einfamilienhaus. Die Polizeifahrzeuge und Übertragungswagen des Fernsehens passten nicht in die Kleinstadtidylle. Sie hatte Glück, ein Krankenwagen machte eine Parklücke direkt vor dem Haus frei. Als sie sich ihren Weg durch die frierenden Journalisten bahnte, wurde sie mit Fragen bestürmt. Sie spielte die Gehörlose.
    Das rote Backsteinhaus mit dem weit heruntergezogenen Dach, den schmucken weiß angestrichenen Fensterläden und dem weißen Holzzaun sah anheimelnd aus. Der mit roten Bändern geschmückte Kranz aus Tannenzweigen an der Haustür versetzte ihr einen Stich. Hier wohnte eine Familie, die sich auf das Weihnachtsfest gefreut hatte. Nun würde es ein Ereignis voller Trauer und Schmerz.
    Muench kam ihr an der Haustür entgegen, wie immer war er die Hektik in Person. Im Vorbeigehen rief er ihr zu: „Morgen früh mehr. Habe heute eigentlich Urlaub, mein Vater feiert seinen Achtzigsten.“
    Als Verena den Flur betrat, klingelte ihr Handy. Stollmann war dran. „Schöner Mist, ich dachte, wir hätten den Fall gelöst, und jetzt das. Ich sitze übrigens auf der Autobahn bei Walsrode fest. Hier ist Schritttempo angesagt. Es ist arschglatt und kein Räumfahrzeug weit und breit in Sicht. Falls ich es nicht rechtzeitig schaffe, entschuldige mich beim Direktor.“ Ehe sie etwas sagen konnte, hatte er aufgelegt.
    Alles in dem Haus roch nach Sauberkeit. Unter der Garderobe standen drei Paar blitzblank geputzte Schuhe. Auf der weiß gestrichenen Kommode standen Engel aus Porzellan und Rauchermännchen neben einer Vase mit Tannenzweigen. Die Tür zur Küche stand offen. Niemanns Frau saß auf einem Stuhl und wurde von zwei Sanitätern umsorgt. Als sich Verena der Gruppe näherte, wurde sie von dem Älteren der beiden ungalant zurückwiesen. Die Frau sei nicht gesprächsfähig.
    Vorsichtig klopfte sie an der Wohnzimmertür. Ihre Kollegin Inga bedeutete ihr, im Flur zu warten. Warten kann sehr unangenehm sein. Man verfällt ins Grübeln und gerade jetzt wollte Verena nicht nachdenken. Sie wollte etwas tun, ihren Fehler wiedergutmachen. Eigentlich waren ihre Kollegen mindestens ebenso schuld. Sie hatte von Anfang an Bedenken gehabt. Bedenken, von denen keiner etwas wissen wollte. Aber, das spielte keine Rolle. Als Leiterin der Soko war sie verantwortlich, niemand sonst.
    Endlich wurde die Leiche zur Inaugenscheinnahme freigegeben. Niemanns Gesicht war verzerrt, als ob er im Kampf gestorben war. Wer hatte den so bescheiden auftretenden, sympathischen Beamten so sehr gehasst? Oder ging es gar nicht um Hass, gab es doch politische Gründe für die Morde? War der zuvorkommende Herr Niemann womöglich auch in die Korruptionsfälle verstrickt? Lief hier eine ganz große Nummer ab und die Korruption war nur die Spitze des Eisbergs?
    Ihre Kollegin Inga trat neben sie. „Die Leichenstarre ist voll ausgeprägt. Es gibt bereits Todesflecken, der Mord dürfte zwölf Stunden zurückliegen. Die Kugeln, mit denen Niemann erschossen worden ist, stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus derselben Waffe wie im Mordfall Heise. Es sind auch dieses Mal zwei Schüsse abgegeben worden, direkt ins Herz und wieder von vorne. Wie eine Hinrichtung und wieder keine Einbruchsspuren. Niemann muss seinen Täter ins Haus gelassen haben, alles genauso wie bei Heise. Tut mir leid, dass ich keine bessere Nachricht für dich habe. Irene Heise als Täterin könnt ihr wuppen.“
    Ihre Kollegin strich ihr kurz über den Arm. Der Versuch, ihr zu bedeuten, dass es ihr wirklich leidtat. Sie wusste, was auf Verena zukommen würde. Frauen in Führungspositionen durften sich keine Fehler leisten.
    Mit den Worten „alles weitere heute Nachmittag bei der Lagebesprechung, meine Leute bleiben noch“ verschwand sie.
    Der Supergau war eingetreten. Jetzt war es amtlich. Nach mehr als einer Woche intensiver Ermittlungen hatte sie nicht nur die Falsche festgenommen, sondern stand mit leeren Händen da. Und das ausgerechnet im ersten großen Fall, den Direktor Ritter ihr übertragen hatte.
    Ein letzter

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