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Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Die Stachelbeerstraeucher von Saigon

Titel: Die Stachelbeerstraeucher von Saigon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Zimmerschied
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werden.
    Nur so funktioniert die Welt.
    Jedes Individuum und jedes Volk muss seine Stärken vermarkten.
    Und die Ressourcen des Negers sind eben nun mal Hunger, Krankheit und Krieg.
    Und das korrespondiert bestens mit Modelcasting, Pharmaindustrie,
    Dschungelcamp und Killerspielen.

Weltsuppeneinlagen
    Unsere globalen Mitbrüder und Schwestern mit anderer Hautfarbe als Neger zu bezeichnen –
    geschmacklos, zynisch.
    Bulimische Opfer – gespürlos.
    Alles so regional, zu wenig satirisch veredelt, dialektisch verfeinert, ohne Finessedressing.
    Wie oft auch Kabarettabonnementbesucher in Feldmoching meinen:
    » Zimmerschied neigt in letzter Zeit zur analen Abundanz. «
    Oder:
    » Mir sind die feinen Nadelstiche lieber als der Dampfhammer. «
    Das sagen alle Opportunisten, und wenn sie dann noch von den leisen Tönen reden, dann meinen sie meistens damit ihre Angstwinde.
    Um nicht schon wieder » Schoaß « zu sagen.
    Oder:
    » Satire sollte mit lockerer Eleganz über den Tellerrand schauen. «
    Diese Menschen stelle ich mir dann immer als Suppeneinlagen vor.
    Provinzsuppeneinlagen.
    Ganz fette Speckknödel, die in einer noch viel fetteren Brühe schwimmen und von vielen kleinen Fettaugen getragen werden und die vor lauter Fett gar nicht untergehen können.
    Und die wippen und schwappen ganz leise vor sich hin und schauen mit ganz lockerer Eleganz über den Tellerrand.
    » Mei schau hi, do drüm is jo no a Suppn.
    Und do san jo ganz andere Knödl drin.
    San de greislich,
    san de deppad.
    Na Gott sei Dank bin i in meina Suppn! «
    Und in einer anderen Suppe, da schwimmen ganz magere Dinkelspinatknödel in einer ganz mageren Tofubrühe.
    Aber diese Dinkelspinatknödel haben so viel Karma im Teig, dass sie auch nicht untergehen können, und auch sie schwappen, ein bisschen befreiter und erleuchteter als die anderen, und auch sie schauen in den nächsten Teller.
    » Mei wia ma so lem mog.
    So unbewusst.
    So go ned mittig.
    So unter jedem Niveau. «
    Weil im nächsten Teller liegen ganz schwere, verrunzelte, abgesoffene Leberknödel in einer zehnfach verlängerten Packerlsuppe, zugedeckt von überständigen, aufgeplatzten Eierstichfladen.
    Und der schwerste, der ausgeblühteste und abgesoffenste Leberknödel
    taucht ganz kurz auf, schaut in den nächsten Teller,
    verdreht seine zugeschwollenen Semmelbatzenaugen, grunzt ein eindeutiges Aaahh und säuft wieder ab.
    Weil aus der nächsten Suppe heraus haben auf die grintigen Leberknödel ganz neugierige, blasse Hirnpovesen hinübergeglotzt, und durchsichtige Reisnudelbuchstaben treiben in Feng-Shui-Anordnung in einer zum Kunstwerk reduzierten Consommé.
    Ein S, ein K, ein A, und noch einmal ein S und noch einmal ein A.
    Und ein Buchstabe formiert die anderen in Textanordnung um sich.
    » Selten war eine Einlage in ihrer formalen Stringenz
    und ihrer ästhetischen Aura
    so abgründig und so schal zugleich
    wie in dieser Leberknödelsuppe. «
    Und alle Suppeneinlagen wippen und haben es warm, können nie untergehen, schauen mit lockerer Eleganz über den Tellerrand und halten sich für Weltsuppeneinlagen.

Das Prinzip Rammsau
    Ein Fernsehkommentator : Aufbau West.
    Eine unnötige Provokation?
    Eine längst überfällige Korrektur?
    Um endlich Klarheit in dieses Thesenchaos zu bringen, schalten wir jetzt direkt dorthin, wo die Ordnung zu Hause ist, nach Bayern, direkt ins Epizentrum der systematischen Gerechtigkeit, in das Büro Ramsauer.
    Herr Ramsauer, verstehen Sie mich?!
    Ein mächtiger ausgestopfter Wildsaukopf ist zu sehen, der an einer Wand hängt. Dann beginnt die Kamera zu suchen und findet schließlich einen Mann, der unter dem Tisch kniend, verwirrt und vor sich hin jammernd Formulare zu ordnen versucht. Die Kamera senkt sich auf Augenhöhe, der Mann lugt ängstlich unter dem Tisch hervor.
    Moderator : Herr Ramsauer?!
    Der Mann schüttelt den Kopf.
    Moderator : Aber das ist doch das Büro Ramsauer?!
    Der Mann nickt.
    Moderator : Dann sind wir richtig?!
    Mann : mit schwacher, weinerlicher Stimme
    schwer eingedeutschtes Funktionärsbairisch
    Nein, doch, Sie sind hier richtig … falsch.
    Moderator : Bitte?!
    Mann : Das ist zwar das Büro Ramsauer, aber der Peter, der …
    ringt um Fassung
    … der Peter ist nicht mehr …
    Moderator : Mein Gott!
    Mann : kramt weiter in den Blättern
    Nein, nein, er ist beim … beim …
    bei dem, den man nicht aussprechen darf,
    wenn man erfolgreich bleiben möchte.
    Moderator : Gregor Gysi?
    Der Mann schüttelt den Kopf.
    Moderator :

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