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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Stille hinein.
    »Weiß nicht genau«, gab Lara zu.
    »Irgendwelche Interessen?«
    »Vielleicht mache ich etwas mit Musik und Kunst.«
    »Was denn?«
    »Na ja«, begann sie zögerlich. »Kunsttherapeutin wäre ein Beruf, der mich interessieren würde. Musik und Kunst werden oft und erfolgreich in Therapien eingesetzt. Besonders bei Kindern.«
    Er blieb stehen und musterte aufmerksam ihr Gesicht. »Das klingt nach einem interessanten Beruf.«
    »Na ja, ansonsten könnte ich ja auch BWL oder Jura …«
    »Ganz bestimmt«, unterbrach Damian sie lachend.
    Lara blickte auf ihre Armbanduhr. »Es ist Zeit, wir müssen langsam zurück. Meine Großmutter besteht darauf, dass ich mit ihr und meinem Großvater zur Polizei gehe und Anzeige erstatte.«
    »Okay.«
    »Sie wird dich sicherlich fragen, ob du mitkommen und eine Aussage machen willst.«
    »Kein Problem.« Seine Stimme klang gelassen, aber Lara hatte das Gefühl, dass er von diesem Vorschlag nicht sonderlich begeistert war.
    Damian machte einen Schritt, dann blieb er plötzlich stehen und starrte auf die andere Seite des Ufers. Regungslos.
    Ein Schauder lief über Laras Rücken. »Was ist? Ist da jemand?«
    Er sah sie an und lächelte, aber das Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Nein, es ist alles in Ordnung. Da ist nichts.«
    Plötzlich hatte sie Angst. »Können wir zurückgehen?«
    »Sicher.«
    Als sie das Ufer verließen und auf den Weg zurückgingen, schob sich eine dunkle Wolke vor die Sonne.
     
    Das Wesen stand im Schatten einer alten Eiche. Sein mächtiger, muskelbepackter Körper war im Dickicht kaum auszumachen, aber es selbst konnte alles sehen.
    Aus geschlitzten gelben Pupillen starrte es ans andere Ufer. Der reptilienartige Kopf schwankte von einer Seite zur anderen. Breite Nüstern blähten sich. Ein tiefes Grollen entwich der Kehle des Dämons und er fletschte die langen Reißzähne.
    In seiner Faust hielt er den Körper des toten Reihers. Er hatte dem Vogel den Kopf abgebissen und Blut troff aus seinem Maul, floss seinen stämmigen Hals hinab.
    Hinter ihm tauchte ein kleineres, aber nicht minder hässliches Wesen auf. Der groteske Oberkörper schaukelte auf kurzen, dünnen Beinen. Lautlos trat es heran. Drei feuerrote Augen leuchteten in dem Gesicht, als es zu den beiden Menschen hinübersah.
    »Das Mädchen sollte längst uns gehören«, knurrte der Beobachter zornig. Er warf den schuppigen Kopf in den Nacken. Durch die Bewegung begannen die kleinen Glöckchen an seinen widderartigen Hörnern zu klingeln.
    »Der Anführer hat gesagt, wir sollen noch warten.« Die Stimme des Hinzugekommenen war ein Singsang, leise wie der Wind, der durch das Gebüsch strich.
    Das Reptil glotzte dumpf auf den Zwerg herab. »Satan, der Fürst und wahre Herrscher über die Hölle, hat befohlen, das Mädchen zu ihm zu bringen. Sein Wort zählt. Der Anführer ist nur ein Diener.«
    »So, wie wir auch«, zischte das kleinere Wesen.
    »Ja.« Zornig, einem Brüllen gleich, wurde das Wort ausgestoßen, aber es lag keine Zustimmung darin.
    »Unsere Zeit wird kommen. Der große Krieg naht. Wir werden sie vernichten und nicht länger Sklaven sein.«
    »Diesen Traum träumen alle Sklaven.« Das Reptil wandte sich abrupt um und verschwand im Gestrüpp. Zurück blieben nur seine letzten Worte und der Klang der Stimme, die sie gesprochen hatte.

10.
    Als Lara und Damian die Auffahrt zum Haus entlanggingen, entdeckten sie Laras Großvater auf der obersten Stufe der Treppe sitzend. Wie üblich trug er Jeans, ein Baumwollhemd und seine Stiefel. Zwischen seinen Lippen steckte eine dicke Zigarre, aus der er in regelmäßigen Abständen blauen Dunst in die Luft blies.
    »Deine Großmutter hat mich aus dem Haus verbannt. Sie meint, sie hätte genug von dem Gestank«, seufzte er und grinste dabei. »Und das nach fünfundvierzig Jahren Ehe. Man kann es kaum glauben.«
    »So ganz unrecht hat sie ja nicht, oder?«, meinte Lara. »Rauchen ist eben einfach ungesund.«
    »Da hörst du’s, Max!«, erklang in seinem Rücken eine strenge Stimme. Martha verschränkte energisch die Arme vor der Brust, doch der Professor zog erneut genüsslich an seiner Zigarre.
    »Wie sieht es aus?«, wandte sie sich dann an Lara und Damian. »Wollt ihr noch ein Stück Kuchen?«
    »Kuchen?«, brummte Laras Großvater. »Davon hast du mir aber nichts gesagt!«
    Martha drehte sich mit einem siegessicheren Lächeln um, als ihr Mann die Zigarre ausdrückte und ihr und den beiden jungen Leuten ins Haus

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