Die Stadt der gefallenen Engel
sagte, der Anführer sei schwach und es wäre an der Zeit, ihn zu töten, aber noch besaß Damian die Kräfte eines dunklen Engels und es gab keinen Dämon, der sich ihm entgegenstellen konnte, so lange er über diese Macht verfügte. Grum’aak war ein Narr, wenn er glaubte, Damian besiegen zu können. Andererseits hatten sie alle das Zittern von Damians Händen gesehen. Nicht mehr lange und seine Kräfte würden ihn verlassen.
Dann würden sie bereit sein.
Aber noch war es nicht so weit.
Nicht heute.
27.
Lara ließ sich mit der Menge in den Zoo treiben. Obwohl der Himmel sich weiter verfinstert hatte, drängten zahlreiche Besucher in den Tiergarten. Um sie herum schnatterten Kinder und Eltern riefen mit lauter Stimme nach ihrem Nachwuchs. Es war ein Stimmengewirr aus vielen Sprachen, das ihr wie eine Woge entgegenbrandete, wann immer sie stehen blieb, um die Tiere in ihren Gehegen zu betrachten.
Es wurde geschubst und gedrängelt und bald hatte Lara genug davon. Sie ließ sich hinter den Hauptstrom zurückfallen und schlenderte langsam den Weg entlang.
Ein rauer Wind war aufgekommen und wirbelte Laub vor ihren Füßen auf. Lara warf einen Blick zum Himmel, der sich am Horizont nachtschwarz verfärbt hatte. Blitze zuckten darüber, aber den dazugehörenden Donner konnte man noch nicht hören.
Wenn das Unwetter losging, würde sie sich eben unterstellen oder solange ins Aquarium gehen.
Der Zoo war eine Enttäuschung. Alles war alt, abgenutzt und verströmte den Geruch von Verfall und Verwesung. Mochte der Zoo auch im Sommer und bei Sonnenschein freundlicher aussehen, so blieb unter dem grauen Himmel doch alles trostlos. Die Bäume hatten ihre Blätter verloren, die Büsche wirkten zerzaust und ungepflegt.
Schon nach wenigen Metern schien sich ein Stein auf Laras Brust zu legen und sie überlegte, den Zoo gleich wieder zu verlassen, aber dann ging sie doch weiter. Erste Blitze zuckten über den Himmel und von fern rollte Donner heran.
Die Atmosphäre schien derart elektrisch geladen zu sein, dass es auch den Tieren nicht entging, die unruhig in ihren Gehegen oder Käfigen auf und ab streiften.
Lara ließ die Elefanten, Giraffen und Antilopen hinter sich und suchte nach Tieren, für die sie sich mehr interessierte. Vor ihr lagen die Affengehege, aber sie waren leer, da sich die Menschenaffen in die Innengehege zurückgezogen hatten. Lara betrat das sich anschließende Affenhaus.
Vor ihr öffnete sich ein Gang, an dessen einer Seite wie in einem Aquarium Glasscheiben angebracht waren. Lara blieb verdutzt stehen und sah sich um. Aber sie war richtig, das hier war definitiv das Affenhaus. Sofort taten ihr die Affen leid, die in diesen offensichtlich völlig veralteten Betonschaukästen gehalten wurden und die eine Nüchternheit verströmten, in der man keine Tiere, schon gar keine Menschenaffen halten sollte.
Lara ging ein paar Schritte weiter. Auch hier waren die Tiere unruhig. Sie beobachtete Schimpansen, die sich verängstigt aneinanderklammerten und fürchterlich kreischten, als sie vorbeiging. Am Ende des Ganges waren die Gorillas untergebracht. Ein großes Gorillamännchen, ein Silberrücken namens Ivo, und drei Gorilladamen wurden darin gehalten. Als der Silberrücken Lara entdeckte, brüllte er so laut auf, dass sie zusammenzuckte. Die Augen des Tieres waren auf sie gerichtet. Äußerste Wut schien sich in ihnen widerzuspiegeln. Das sonst so friedliche Antlitz war verzerrt. Riesige Zähne wurden ihr entgegengebleckt, dann trommelte der Gorilla heftig auf seine Brust, vollführte noch eine drohende Bewegung, so als wolle er auf sie zuspringen, aber dann wirbelte er herum und jagte zurück zum Rest der Gruppe, der sich ängstlich in einer Ecke zusammenkauerte.
Die Tiere sind wegen des Gewitters außer Rand und Band, dachte Lara. Trotzdem, sie fühlte sich unwohl und beschloss, den Zoo rasch zu verlassen.
Auf ihrem Weg zum Ausgang kam sie an den Raubtiergehegen vorbei. Und hier war es noch schlimmer. Ein ausgewachsener persischer Leopard unterbrach abrupt seine Wanderung durch den Käfig. Er duckte sich tief auf den Boden, riss den Rachen weit auf und fauchte sie wild an. Die fingerlangen gelben Zähne entblößt, ließ er ein dumpfes Grollen erklingen. Der lange Schwanz peitschte über die Erde und plötzlich machte er einen Satz und sprang gegen das Gitter des Geheges – direkt auf Lara zu, die erschrocken zurückwich. Das Tier prallte hart gegen das Metallgitter, fiel zu Boden jaulte
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