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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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ihr zu sprechen, aber eine innere Stimme zwang ihn zur Ruhe. Er fühlte, dass der Moment zu handeln noch nicht gekommen war.
    Heute Abend war er Damian gegenübergetreten. Unter den Augen seiner Feinde war er zu ihm gegangen und hatte ihn durch sein Auftauchen wissen lassen, dass die Krieger des Lichts bereit waren, den Kampf anzunehmen. Lara war ein Machtfaktor in diesem großen Krieg, auch wenn er nicht wusste, weshalb die dunklen Engel sich für sie interessierten. Aber sie war auch ein Mensch, den es zu beschützen galt.
     
    Lara ging nun langsamer. Ein unangenehmer Nieselregen hatte eingesetzt. Sie zog die Jacke enger um sich, aber es half nichts, schon jetzt war sie vollkommen durchnässt und fror. Als sie sich mit dem Handrücken über die Augen wischte, blieben schwarze Spuren ihres Kajals darauf zurück.
    Ich sehe bestimmt toll aus. Na, eigentlich auch egal, es ist sowieso niemand da, um mich anzuschauen.
    Es musste bereits weit nach Mitternacht sein, denn obwohl sie nun einen bewohnten Stadtteil erreicht hatte, begegneten ihr keine Menschen und nur wenige Autos waren unterwegs. Die meisten Fenster waren dunkel. Die Menschen schliefen, während sie durch die Nacht stolperte und sich fragte, wo zum Teufel sie eigentlich war und wie sie jetzt nach Hause kommen sollte.
    Die Szene mit dem Hund erschien Lara wie ein Traum. Als hätte alles nur in ihren Gedanken stattgefunden. Stattdessen drängten sich ihr immer wieder die Gesichter von Marika und Cara auf. Wie sie beide dagestanden hatten. Eng an Damian geschmiegt. Und dann hatte sie plötzlich den Abdruck ihrer Hand auf Damians Wange vor Augen.
    Wie konnte ich nur, wie konnte ich nur, wie konnte ich nur?
    Hinter ihr erklang der Motor eines Fahrzeugs. Das Auto fuhr langsam an ihr vorbei, dann flammten die Bremslichter auf. Lara beachtete es nicht. Den Kopf gegen den Regen gesenkt, setzte sie einen Schritt vor den anderen.
    Wie konnte ich nur?
    Eine Autotür wurde geöffnet und wieder zugeschlagen. Dann kamen Schritte auf sie zu. Lara hob nun doch den Blick.
    Vor ihr stand Damian. Er sah sie an. Lara senkte beschämt ihr Haupt.
    »Ich habe dich gesucht.«
    Es klang, als meinte er nicht nur die vergangene Stunde, seit sie weggelaufen war.
    »Und ich habe dich gefunden.«
    Ihre Kehle zitterte. Ein Schluchzen entrang sich ihren Lippen. Die schmalen Hände verkrampften sich zu Fäusten der Scham.
    »Ich … wollte … das … nicht.« Die Worte kamen ihr so unendlich schwer über die Lippen.
    »Ich weiß«, meinte er schlicht.
    Lara hob den Blick und sah in diese ungewöhnlichen grauen Augen, in denen sie sich so gern verlieren würde.
    »Kannst du mir verzeihen?«
    »Es gibt nichts zu verzeihen.«
    Ihr Arm hob sich unendlich langsam, eine Hand wurde ausgestreckt, dann strich sie sanft über die Stelle seines Gesichtes, an der ihr Schlag ihn getroffen hatte.
    Damian rührte sich nicht. Er rührte sich auch nicht, als sie auf ihn zutrat und ihr Gesicht dem seinen vorsichtig näherte. Er bewegte sich nicht, als sich Laras Lippen öffneten und sie Zentimeter um Zentimeter näher kamen, so als wollte ihm Lara die Gelegenheit geben, dem auszuweichen, was unvermeidlich war.
    Wie der Flügelschlag eines Schmetterlings berührten ihre Lippen die seinen. Weich und voll waren diese Lippen und Lara spürte, wie ihr Herz gegen ihre Brust hämmerte, als sie sich ganz diesem wundervollen Gefühl hingab.
     
    Damians Arme schlossen sich um ihren zitternden Körper. Laras Atem fühlte sich heiß in seinem Nacken an. Er spürte ihre Leidenschaft, ihr Verlangen nach ihm.
    Und plötzlich löste sie sich von ihm.
    Trat zurück und blickte ihn an. Ihr keuchender Atem erzeugte kleine weiße Dampfwolken in der kalten Nachtluft.
    »Lass uns gehen«, sagte sie leise.
    Er nickte nur. Er fühlte sich wie benommen. Ein Gefühl, das er noch nie gekannt hatte, durchströmte seinen Körper. Er wusste, dass es falsch war. Und doch konnte er sich nicht dagegen wehren. Damian streckte eine Hand nach Lara aus und zog sie erneut an sich. Lara drückte ihren Kopf gegen seine Schulter und er fuhr ihr durch das nasse Haar.
    »Ja, lass uns gehen«, flüsterte er und ein schneidender Schmerz durchzuckte seinen Brustkorb.
    Mit offenen Augen rannte er in sein Verderben.
    Und zog Lara mit sich.
     
    Als der Opel vor dem Haus ihrer Großeltern zum Stehen kam und Damian den Motor ausschaltete, wagte Lara, Damian auf eine Sache anzusprechen, die ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen war, seit sie die Fabrik

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