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Die Stadt der gefallenen Engel

Die Stadt der gefallenen Engel

Titel: Die Stadt der gefallenen Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Mann.
    Asiszaar packte den Griff und riss die Tür heraus. Achtlos warf er sie hinter sich, wo sie laut scheppernd über den Asphalt fegte.
    »Fahren wir in die Stadt«, meinte Asiszaar.

48.
    Lara stand in der Bibliothek und grübelte. In welchem Buch hatte sie das Foto gefunden? Mist, sie hätte sich den Titel merken sollen! Ihre Augen glitten die ordentlich aneinandergereihten Buchtitel entlang. Schließlich fand sie das Buch und schlug es ungeduldig auf. Sie nahm das Bild und ging damit zum Fenster hinüber, dann öffnete sie die Vorhänge ein Stück und betrachtete konzentriert die auf dem Foto abgebildeten Personen. Bis auf ihre Großeltern kamen ihr alle anderen Menschen fremd vor, obwohl …
    … obwohl es sich bei dem Paar ganz links auf der Aufnahme um Fischer und seine Frau handeln konnte, aber so ganz sicher war sich Lara da nicht. Das Gesicht des Mannes lag im Schatten und wurde so verfremdet, dass es unmöglich war, ihn zweifelsfrei zu identifizieren. Falls es tatsächlich der Buchhändler war, dann war die Dame neben ihm wahrscheinlich seine Frau.
    Lara richtete ihre Aufmerksamkeit als Nächstes auf die beiden Männer, die abseits der Gruppe standen und sich unterhielten. Aber sosehr sie sich auch konzentrierte, die Gestalten blieben nur formlose Schemen. Unmöglich zu sagen, ob einer von ihnen ein Kind war – was aber unwahrscheinlich war, da beide Personen ungefähr gleich groß waren und die Größe von Erwachsenen hatten.
    Lara fluchte herzhaft, aber ihre Neugierde war endgültig geweckt. Sie fühlte einfach, dass mit diesem Foto etwas nicht stimmte. Klein, viereckig und unscheinbar lag es in ihrer Hand, zeigte eine Szene, wie sie unendlich viele Male schon abgelichtet worden war, und dennoch hatte Lara das untrügliche Gefühl, dass da etwas war. Es lag vor ihren Augen – sie konnte es nur nicht erkennen.
    Sie brauchte eine Lupe! Hastig ging sie zum Schreibtisch ihres Großvaters, aber alle Schubladen waren abgeschlossen. In Filmen brach die Hauptfigur an dieser Stelle dann jedes Mal mit einem Brieföffner das Schloss auf, aber erstens fand Lara keinen Brieföffner und zweitens hätte sie sich auch nicht getraut, den teuren Schreibtisch ihres Großvaters zu beschädigen.
    Was jetzt? Welche Möglichkeiten habe ich noch?
    Sie drehte das Bild in ihrer Hand hin und her und starrte gedankenverloren darauf, als sie plötzlich ein Gedanke durchzuckte.
    Das Fotoatelier!
    Der Name des Fotoateliers stand auf der Rückseite. Verblasst, aber noch immer deutlich zu lesen. Es war ein Fotostudio in Berlin – und Lara kam sogar der Straßenname bekannt vor. Wenn sie sich nicht täuschte, war es gar nicht weit von hier.
    Vielleicht gab es das Atelier noch und vielleicht fand sie dort Antworten auf ihre Fragen.
     
    Lara wollte die Bibliothek gerade verlassen, als hinter ihr Schritte erklangen. Kurz darauf fragte die Stimme ihrer Großmutter: »Ist Damian schon gegangen?«
    Mist! Lara hatte gedacht, ihre Großmutter wäre gar nicht zu Hause. Und sie hatte absolut keine Lust, mit ihr über ihre Vergangenheit oder gegenwärtigen Probleme zu diskutieren. Sie wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden und das Rätsel um ihren Vater lösen. Sie hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Gleichzeitig ahnte sie, dass weder ihre Großeltern noch ihre Mutter ihr jemals erzählen würden, was damals wirklich vorgefallen war.
    Lara drehte sich betont langsam um. Das Foto schien sich in ihre Handfläche brennen zu wollen, aber sie zwang sich, ruhig in die Augen ihrer Großmutter zu sehen.
    »Ja, er war schon weg, als ich aufgewacht bin.«
    Martha runzelte die Stirn. »So früh am Morgen?«
    »Er hat mir eine Nachricht geschrieben. Anscheinend gibt es dringende Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden.« Laras Stimme triefte vor Spott.
    »Ist etwas zwischen euch vorgefallen?«
    Feurige Hitze schoss Lara ins Gesicht und sie spürte, wie erneut Wut in ihr aufbrandete.
    Ja, er hat mich verlassen. Sonst noch Fragen?
    »Nein, alles okay«, sagte sie stattdessen.
    Der Blick ihrer Großmutter wurde bohrender. »Ging es ihm gut?«
    Zum Teufel auch, bestimmt ging es ihm gut. Warum fragst du nicht mal, wie ich mich fühle?
    »Irgendwas ist los mit dir, das spüre ich«, beharrte Martha. »Was hast du da eigentlich in der Hand?«
    »Ein Foto.«
    »Was für ein Foto?«
    Lara hielt es ihrer Großmutter entgegen. Interessiert trat Martha einen Schritt näher, doch als sie einen Blick auf das Bild warf, schien alle Farben aus

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