Die Stadt der Heiligen (German Edition)
begreife ja, dass Ihr ihn in Schutz nehmen wollt, doch wenn man es objektiv betrachtet, ist doch die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass ein Schreinbauer, der noch dazu mit der Tochter des bekanntesten Reliquienhändlers von Aachen verheiratet ist, sich im Handel mit gefälschten Heiltümern betätigt. Wir …»
«Wollt Ihr meinen seligen Vater etwa auch noch des Handels mit gefälschten Reliquien beschuldigen? Außerdem ist es doch noch gar nicht erwiesen, dass Klas wegen dieser Sache ermordet wurde», mischte Marysa sich aufgebracht ein. «Zieht Ihr da nicht voreilige Schlüsse?»
Der Kanoniker sah sie irritiert an und fuhr dann fort: «Wir haben Grund zu der Annahme, dass es so ist, gute Frau. Aber davon versteht Ihr nichts, was nicht weiter verwunderlich ist, da Frauen von Natur aus nicht in der Lage sind, logisch und ohne hysterische Gefühlswallungen zu denken. Ich will Euch nur warnen: Wenn wir auch nur den kleinsten Hinweis auf gefälschte Reliquien in diesem Hause finden …»
«Das werdet Ihr aber nicht!», fauchte Marysa. Die herablassende Art des Kanonikers machte sie wütend. «Wir handeln nicht mehr mit Reliquien, und schon gar nicht mit präparierten Schweineknöchelchen. Mein Vater wäre entsetzt, wenn er dies hätte miterleben müssen.»
«Beruhigt Euch, Frau Marysa», bemühte sich van Eupen, sie zu beschwichtigen. «Wir haben bisher nichts gefunden, und ich bin mir sicher, dass es auch so bleiben wird. Wir möchten Euch nicht verärgern.»
«Das mag sein.» Marysa verschränkte die Arme vor der Brust. «Doch die Leute reden bereits über uns. Durch diese Sache wird der gute Ruf meines Gemahls in den Schmutz gezogen.»
«Das Gerede wird sich rasch wieder legen, wenn bekannt wird, dass Meister Markwardt unschuldig ist», beruhigte van Eupen sie. «Nun, Till, wie sieht es unten aus?», wandte er sich an den Amtmann, der gerade wieder aus dem Keller kam.
«Da ist nichts. Nur Wein- und Bierfässer und eine Kiste voll Kohlköpfe.»
Der Rothaarige hatte indes die oberen Wohnräume inspiziert und kam nun die Stiege herab. «Oben ist auch nichts Ungewöhnliches zu finden», berichtete er.
«Seid Ihr sicher?», blaffte van Kettenyss ihn an. «Habt Ihr auch in den Kleidertruhen und bei den persönlichen Gegenständen nachgeschaut?»
«Überall, jawohl», bestätigte der Amtmann. «Nirgendwo eine Spur von Reliquien. Nur Tand und Flitterkram, soweit ich sehen konnte. Und ein paar alte Briefe.» Er grinste Marysa anzüglich an. «Ihr werft wohl nichts weg, was? Aber keine Angst, ich habe alles wieder ordentlich zurückgelegt.»
«Also gut, das war es dann wohl», befand van Eupen. «Wir werden uns jetzt noch die Remise und die Stallungen ansehen, obwohl ich davon ausgehe, dass es überflüssig ist.»
Marysa begleitete die Männer hinaus und sah ihnen bei der Durchsuchung der Nebengebäude schweigend zu. Auch Grimold kam aus dem Hühnerstall, und die beiden Mägde, die Körbe voll Grünzeug auf dem Arm trugen, liefen vom Tor aus herbei und gafften.
Als der Rothaarige sogar im Misthaufen zu stochern begann, schüttelte Marysa angewidert den Kopf. «Ist es jetzt nicht genug, Herr van Eupen?»
Der Schöffe nickte. «Schluss jetzt, hier gibt es ganz offensichtlich nichts zu finden. Wir gehen jetzt», wandte er sich an die beiden Amtmänner. Dann sagte er zu Marysa: «Ich werde veranlassen, dass Euer Gemahl noch heute freikommt, das verspreche ich Euch. Die Haussuchung war wirklich nur eine Formsache.»
«Mit der Ihr viel zu lange gewartet habt», beschwerte sich van Kettenyss. «Ihr hättet das Haus umgehend durchsuchen lassen müssen. Seit Markwardts Verhaftung hatte die Familie genügend Zeit, die Beweise für seine Schuld verschwinden zu lassen.» Lauernd blickte er von van Eupen zu Marysa.
«Das ist aber nicht geschehen», erwiderte der Schöffe überraschend. «Wir haben das Haus seit dem Tag des Mordes ständig überwachen lassen, und es gibt keinerlei Hinweise, dass etwas fortgeschafft wurde.» Er blickte den Domherrn abschätzend an. «Das wisst Ihr doch ganz genau. Ihr habt doch ebenfalls Männer hergeschickt.»
«Ihr habt was?» Entsetzt starrte Marysa den Schöffen an.
«Wir haben Euer Haus beobachten lassen», sagte dieser ruhig. «Es ging nicht anders, denn durch die anfängliche Unklarheit über die Zuständigkeit musste sich ja die Haussuchung hinauszögern. Aber, wie gesagt, wir konnten keine ungewöhnlichen Tätigkeiten feststellen.»
«Dann verabschieden wir uns jetzt», brummte
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