Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
Straße, wo Reinold bereits auf sie wartete.
    Balbina begab sich zurück in die Küche, schaute nach dem Eintopf, der an einem schweren Dreifuß über dem Herd simmerte, dann ging sie rasch hinüber in die Stube, um ihrer Herrin von Milos Beobachtung zu berichten.
***
    Marysa eilte durch die Werkstatt, klappte den Laden eines der Fenster auf, die zum Büchel hinausgingen, und blickte sich scharf um. In dem regen Treiben von Handwerkern, Tagelöhnern, Hausfrauen und spielenden Kindern konnte sie weit und breit keine der dunklen Kutten der Kanoniker erkennen. Sie schloss den Fensterladen wieder und trat nun selbst hinaus auf die Straße.
    Eine Gruppe Pilger wanderte gerade vorüber und versperrte ihr die Sicht, doch auch, als die ärmlich aussehenden Männer und Frauen vorübergezogen waren, herrschte noch immer so viel Betrieb, dass sie keinen heimlichen Beobachter ausmachen konnte. Vermutlich hatte sich derjenige bei ihrem Auftauchen längst versteckt. Aber vielleicht war es ja auch einfach Fulrad gewesen, der sie noch einmal besuchen wollte.
    Da es gerade wieder anfing zu regnen, ging Marysa eilig ins Haus zurück. Bevor sie jedoch die Tür schließen konnte, hörte sie von der Straße her jemanden rufen. «Marysa, warte bitte!»
    Sie drehte sich um und lächelte erfreut. «Fulrad, wie schön, dich zu sehen! Dachte ich mir doch, dass du es sein musst.»
    Der junge Kanoniker stutzte. «Dass ich was sein muss?»
    «Na, der Dompfaffe, den Milo hier gesehen hat.» Sie schmunzelte. «Das warst du doch, nicht wahr? Warum bist du nicht gleich hereingekommen?»
    «Ich, ähm, ich war nicht …» Fulrad verstummte verlegen, dann lächelte er schüchtern. «Ich wollte mein Versprechen einlösen und dich noch einmal besuchen, wie du es vorgeschlagen hast.»
    «Das ist wunderbar.» Marysa strahlte ihn an. «Komm herein, wir setzen uns in die Stube. Und du hast Glück, Balbina hat noch einmal Konkavelite gemacht. Jetzt, da die Kirschen reif sind, schmeckt der Mandelpudding einfach herrlich, viel besser als im Winter mit getrockneten Früchten.» Sie winkte Fulrad, ihr ins Haus zu folgen, und rief im Vorbeigehen ihrer Köchin zu, sie solle ihnen eine große Portion der Süßspeise bringen.
    Wenig später genossen sie beide den Pudding, und Fulrad sah sich dabei bewundernd in der Wohnstube um. «Du wohnst recht komfortabel, Marysa. Sicher bist du sehr glücklich, nicht wahr?»
    «Nun … ja, ich bin zufrieden und fühle mich sehr wohl in diesem Haus», antwortete sie, obgleich es nicht ganz der Wahrheit entsprach. Aber sie wollte den alten Freund aus Kindertagen nicht mit ihren Problemen belasten.
    «Ich freue mich, dich so wohl versorgt zu sehen», meinte Fulrad und schob sich einen weiteren Löffel voll Konkavelite in den Mund. «Das schmeckt sehr gut», sagte er, nachdem er den Pudding hinuntergeschluckt hatte. «Dein Vater wäre bestimmt stolz und froh gewesen, dass du dich so gut verheiratet hast.» Sein Mund verzog sich mitfühlend. «Aber es tut mir leid, dass Aldo gestorben ist. Ich konnte es gar nicht glauben. Was wird nun aus dem Reliquienhandel? Wird dein Gemahl ihn weiterführen?»
    Marysa hob verzagt die Schultern. «Er hat es wohl vor, Fulrad. Aber ich halte es nicht für eine gute Idee. Reinold ist …» Sie suchte nach Worten. «Er ist kein Kaufmann, und eigentlich wirft die Schreinwerkstatt genug ab. Wir hätten Arbeit für zwei Gesellen. Außerdem …» Sie hielt inne und überlegte, ob es klug war, Fulrad von Reinolds Plänen zu erzählen. Schließlich war er jetzt auch Kanoniker des Marienstifts. Andererseits hatte er vielleicht einen Verdacht, wer die gefälschten Reliquien verkaufte. Nur, würde er ihr das auch verraten?
    Sie legte ihren Löffel beiseite und blickte Fulrad aufmerksam an. «Du weißt ja, dass man Reinold wegen des Mordes an Klas und wegen dieser falschen Reliquie eingesperrt hat …»
    Fulrad nickte ernst. «Ja, eine schreckliche Sache. Zum Glück hat sich herausgestellt, dass er nichts damit zu tun hatte. Aber das habe ich dir ja gleich gesagt. Niemand hat wirklich ernsthaft geglaubt, dass er …»
    «Das hat auch der Schöffe, Reimar van Eupen, gesagt», unterbrach sie ihn. «Aber dennoch ist genau das einer der Gründe, aus denen ich es nicht für gut halte, wenn Reinold sich gerade jetzt für den Reliquienhandel interessiert.»
    Erneut nickte Fulrad. «Er sollte vielleicht erst etwas Gras über die Sache wachsen lassen.»
    «Er glaubt, dass jemand …» Sie zögerte. «Er vermutet, dass

Weitere Kostenlose Bücher