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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Ruf als frommer Ablasskrämer guttat.
    Auf der Reise nach Aachen waren sie einander nähergekommen; er hatte ihr viel über seine Reisen erzählt und sie über die ihren. Einige Male waren sie zusammen zwischen Estellas Felldecken gelandet, was er zwar ganz und gar nicht bereute, hier in der Stadt jedoch lieber geheim halten wollte.
    «Kauft Achhörner, Leute!», erklang es erneut neben ihm. «Auch Ihr, frommer Bruder!», rief der Händler und hielt Christophorus eines seiner Hörner unter die Nase.
    Er nahm es in die Hand, betrachtete es, gab es dem Mann jedoch wieder zurück. «Ich bedaure, guter Mann, aber als Diener des Herrn ist es mir verboten, Besitztümer anzuhäufen. Abgesehen davon könnte ich Euch lediglich mit einem meiner Ablassbriefe bezahlen.»
    «Oh, Ihr seid der Ablasskrämer, von dem ganz Aachen spricht?» Der Händler verbeugte sich ehrfürchtig. «Habt Ihr schon viele Seelen vor dem Fegefeuer errettet? Bei mir braucht Ihr Euch die Mühe nicht zu machen, denn schon bei der letzten Heiltumsweisung vor sieben Jahren kam ich her und erhielt einen vollkommenen Ablass. Also kann ich Euer Angebot leider nicht annehmen.»
    Christophorus lächelte. «Das ist schon in Ordnung. Wer das Glück hat, einen vollkommenen Ablass zu erhalten, sollte sich wirklich freuen. Wie steht es denn mit Eurem Eheweib?»
    Der Händler grinste. «Wir waren damals gemeinsam hier, werter Bruder. Und seither war das Glück uns immer hold. Drei gesunde Kinder hat sie zur Welt gebracht. Zwei stramme Jungen und ein Mädchen.»
    «Glückwunsch», sagte Christophorus. «Dann nehme ich an, Ihr habt Vorsorge getroffen und die drei dieses Jahr mitgebracht?»
    Der Händler sah ihn etwas irritiert an. «Nein, habe ich nicht. Sie sind noch zu klein und deshalb bei meiner Frau in Langerwehe und werden nicht nach Aachen kommen …» Plötzlich schien ihm der Sinn von Christophorus’ Frage aufzugehen. «Natürlich, lieber Bruder! Ihr habt recht, das hatte ich noch gar nicht bedacht. Wie viel kostet ein Ablassbrief bei Euch?»
    Christophorus lächelte zurück. «Das kommt darauf an. Drei Kinder sind es, sagt Ihr? Und alle jünger als sieben Jahre? Dann sollte ein Ablass der größeren Kindheitssünden genügen, denn bestimmt werdet Ihr sie zur nächsten Heiltumsweisung mitbringen, nicht wahr? Aber zur Sicherheit solltet Ihr doch für jedes Kind einen Brief kaufen. Man weiß doch nie, was der Herr, der Allmächtige, mit ihnen vorhat. Sollte er eines von ihnen doch vor Ablauf von sieben Jahren zu sich nehmen …»
    «Ihr habt mich schon überzeugt, Bruder. Stellt mir drei Briefe aus und sagt mir, was Ihr dafür bekommt.»
    «In diesem Fall, guter Mann, eine Eurer vorzüglichen tönernen Trinkflaschen, da die meine nicht mehr richtig schließt. Und eine kleine Spende nach eigenem Ermessen für den Ausbau der Brücken und Pilgerstraßen.»
    Während die beiden das Tauschgeschäft abschlossen, drängten sich immer mehr Menschen um Christophorus, die das Gespräch mit angehört hatten.
    «Mir auch einen solchen Brief, guter Bruder!», rief eine ältliche Frau. «Ich will ihn meinem kranken Bruder mitbringen, der nicht kräftig genug für die Reise nach Aachen war.»
    «Mir ebenfalls!», tönte eine weitere Stimme. «Einen für jeden meiner drei Söhne!»
    «Meinem Vater, der im Sterben liegt!»
    «Für meine verstorbene Tante!»
    Zufrieden hängte Christophorus sich die neue Trinkflasche, die an einem Lederriemen befestigt war, über die Schulter und drängte sich durch die Menge zum Marktbrunnen, um auf dessen Rand seine Tasche mit den Ablassbriefen abzulegen. Dann begann er, eine Urkunde nach der anderen auszufüllen und die Münzen dafür einzusammeln. Dabei beobachtete er aus den Augenwinkeln, wie der Schreinbauer Reinold Markwardt auf der anderen Seite des Brunnens vorbeiging und auf die Domimmunität zusteuerte.
***
    «Liebes bisschen, was ist das denn?» Ungläubig starrte Marysa auf das bereits teilweise fertige Kleid, das Einhard ihr ins Licht hielt, damit sie es besser betrachten konnte. Die Farbe des Unterstoffs, ein helles, freundliches Blau, war gar nicht so übel. Doch darüber hatte der Schneider für das Überkleid ein schachbrettförmiges Mi-parti gelegt, das aus Dottergelb und Weiß bestand und wohl fröhlich wirken sollte, wie sie argwöhnte.
    Einhard verzog gequält das Gesicht. «Ich wollte es ihm ausreden, glaub mir. Aber er behauptete steif und fest, es würde dir gefallen. Und er lässt sich ja auch nichts sagen. Wenn er ein

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