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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Gaukler nicht näher kommen», meinte Marysa. «Ein wenig Ablenkung könnte mir jetzt nicht schaden.» Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Rand ihrer Rise war bereits feucht. Seit dem Vormittag stach die Sonne unbarmherzig auf Aachen nieder; weit und breit war weder ein Wölkchen zu sehen, noch brachte eine kühle Brise die ersehnte Abkühlung.
    Grimold sah sie besorgt an. «Soll ich hier links noch eine Plane spannen, Herrin? Dann hättet Ihr mehr Schatten.»
    «Das würde aber den Blick auf unsere Waren versperren», widersprach sie. «Es muss auch so gehen.»
    Sie trank noch einen Schluck und erblickte dabei eine junge, in feinen Brokat gekleidete Frau, die sich mit zwei Mägden im Schlepptau neugierig ihrem Stand näherte. Rasch legte Marysa den Wasserschlauch zur Seite und setzte ihr zuvorkommendstes Lächeln auf. «Guten Tag, wohledle Frau. Wie ich sehe, haben meine Reliquiare Eure Aufmerksamkeit geweckt. Kommt und seht sie Euch aus der Nähe an!»
    Sie zeigte der jungen Patrizierin zunächst die kleinen Reliquiare, dann die größeren Schreine und beobachtete aus den Augenwinkeln, dass Jaromir mit Milo zusammen auf den Stand zukam. Jaromir trug einen Korb vor sich her, in dem sich die Krapfen türmten. Während sie der Kundin zwei kleine Reliquiare einpackte, winkte sie ihrem Knecht, den Korb hinter dem Verkaufstisch abzustellen.
    Erst als die Patrizierin gegangen war, wandte Marysa sich den beiden Jungen wieder zu. «Danke, Jaromir. Ich sehe, du hast deinen Auftrag sehr ernst genommen. Wer soll bitte so viele Krapfen auf einmal essen?» Schmunzelnd hob sie den Korb auf den Tisch.
    «Ich habe sogar noch Geld übrig», strahlte Jaromir und hielt ihr zwei Kupfermünzen hin. «Und, na ja, als ich Milo traf, dachte ich …»
    «Dass er auch mitessen könnte?» Marysa wandte sich an den Gassenjungen. «Du bist ein Fass ohne Boden, mein Freund.»
    Milo grinste fröhlich. «Sagt meine Mutter auch immer. Aber ich war sowieso auf dem Weg zu Euch. Hab eine Nachricht von Meister Markwardt.»
    «Ach? Dann immer heraus damit.» Auffordernd winkte Marysa ihn näher.
    Milo schielte sehnsüchtig auf den Korb, riss sich jedoch zusammen. «Der Meister ist im Rathaus. Ich soll Euch sagen, er darf noch vor der Non bei den Schöffen vorsprechen. Danach will er hierherkommen. Ach ja, und Ihr sollt für heute Abend ein gutes Essen vorbereiten, weil er dann feiern will.»
    «Feiern?» Marysa spürte ein ungutes Gefühl in sich aufsteigen. Reinold hatte in letzter Zeit ein wenig zu oft das Bedürfnis zu feiern. Das entsprach so gar nicht seiner Art. «Nun gut, Milo. Ich danke dir für das Überbringen der Nachricht. Dafür darfst du alle Krapfen mitnehmen, die bei Marktende noch im Korb sind. Aber iss sie nicht alle alleine, sondern bring sie deiner Familie mit.»
    «Sicher doch. Die werden sich freuen!» Milos Augen glitzerten erfreut. Er stieß Jaromir an. «Friss nicht so viel, sonst ist am Ende nix mehr für mich übrig.»
    Marysa sah ihn strafend an, lächelte jedoch dabei. «Selbst Jaromir dürfte mit dieser Menge Krapfen seine Probleme haben. Hol dir den Korb nachher ab.»
    «Mach ich. Bis später, Frau Marysa!» Milo verschwand zwischen den Verkaufsständen. Marysa nahm sich einen der verführerisch duftenden Krapfen und erlaubte auch ihren Knechten, sich von dem süßen Gebäck zu nehmen.
    Reinold hatte es also geschafft. Er durfte bei den Schöffen vorsprechen und würde den Domherrn Scheiffart wegen Handels mit falschen Reliquien anzeigen. Und Theophilus? Würde er wirklich gegen den Kanoniker aussagen und Reinold bei diesem verrückten Plan helfen? Der Augustiner musste ein gewissenloser Mann sein, wenn er sich aus reiner Habgier gegen Scheiffart stellte.
    Marysa schauderte. Wozu war ein solcher Mann wohl noch fähig? Sie zuckte zusammen, als die Domglocken zusammen mit denen der Pfarrkirche St. Follian zur Non läuteten.

30. Kapitel
    E in fröhliches Liedchen summend trat Bardolf Goldschläger aus seinem Haus und machte sich zum Zunfthaus der Goldschmiede auf. Auf dem Rückweg würde er bei Jolánda vorbeischauen und ihr berichten, dass er für sein Elternhaus mit der kleinen Werkstatt schon einen Käufer gefunden hatte. Es war Jolándas Vorschlag gewesen, nach der Hochzeit seine Schmiede in ihr Haus in der Kockerellstraße zu verlegen. Erstens waren die Räumlichkeiten viel größer, und zweitens lag ihr Haus näher am Markt.
    Bardolf bog auf den Graben ab, der weiter hinten in die Pontstraße überging.

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