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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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oberen Teil auf und blickte hinein. Der Schrein war leer.
    Kopfschüttelnd stellte sie ihn zurück und ging wieder ins Bett. Und obwohl Reinold mittlerweile lautstark schnarchte, schlief sie rasch ein.
***
    «Wie könnt Ihr es wagen, mich derart zum Gespött der Leute zu machen?» Auch nach weiteren zweieinhalb Stunden Schlaf war Marysas Wut auf Reinold nicht verraucht. Sie hatte sich, die Arme in die Seiten gestemmt, vor ihm aufgebaut, während er auf der Bettkante saß und sich bemühte, in seine Stiefel hineinzukommen. Dabei stöhnte er erbärmlich, denn seit er aufgewacht war, klagte er über rasende Kopfschmerzen.
    Sie verspürte nicht den kleinsten Funken Mitleid mit ihm.
    Ungehalten blickte er zu ihr auf. «Was soll das heißen, ich mache dich zum Gespött? Nur weil ich … aaah», er rieb sich die Stirn. «Nur weil ich ein bisschen gefeiert habe?»
    Marysa sah ihn erbost an. «Gefeiert habt Ihr? Ausgerechnet in dem Hurenhaus? Ihr seid wohl nicht bei Trost! Und was war der Anlass?»
    Reinold grinste unverschämt, verzog jedoch sofort wieder leidend das Gesicht. «Bei der alten Mettel kriegt man nun mal das beste Bier in der Stadt. Und angenehmere Gesellschaft als im Zunfthaus.» Er legte den Kopf auf die Seite und musterte sie abschätzig. «Und du bist mir in letzter Zeit auch nicht allzu zuvorkommend begegnet.»
    Marysa schnappte empört nach Luft, doch er winkte nur ab. «Gib es doch zu. Du bist kalt wie ein toter Fisch. Kannst doch froh sein, dass ich mir meinen Spaß auch mal anderswo suche. Und zu feiern hatte ich einiges. Zum Beispiel, dass ich mit diesem Theophilus ins Geschäft kommen konnte.»
    «Mit dem Augustiner?» Entsetzt starrte Marysa ihn an und vergaß für einen Moment ihren Zorn. «Was habt Ihr mit ihm zu schaffen?»
    «Er arbeitet zukünftig nicht mehr für Scheiffart, sondern für mich. Und er wird mir helfen, den Dompfaffen ans Messer zu liefern. Wenn der erst mal aus dem Weg ist, werden wir sicherlich auch seine Lieferanten an uns binden können.»
    «Ihr … Ihr macht Geschäfte mit Theophilus?» Noch immer konnte Marysa es nicht glauben. «Warum geht er darauf ein?»
    «Ich habe ihm ein gutes Angebot gemacht.»
    «Und was macht Euch so sicher, dass er Euch nicht an Scheiffart verrät?» Marysa ließ sich neben Reinold auf das Bett sinken. Sie hatte die Pläne ihres Gemahls ganz offensichtlich noch unterschätzt. Was er vorhatte, konnte unmöglich sein Ernst sein!
    Reinold lächelte nur siegesgewiss. «Schau nicht so verschreckt, Marysa. Er wird mich nicht verraten. Dazu ist er zu habgierig.»
    Marysa bemühte sich um Ruhe. «Und was habt Ihr ihm geboten?»
    Reinold stand mit einem erneuten Stöhnen auf und strich sein Wams glatt. «Eine Beteiligung am Gewinn, was sonst? Das wird sich rechnen, denn er ist ein gewitzter Reliquienhändler. Ich habe ihn beobachtet, und du kannst mir glauben, er wird jeden Taler und jeden Schilling wert sein.»
    Draußen ertönte die Heiltumsglocke. Es war neun Uhr; die Weisung der Heiltümer von der Galerie des Doms begann.
    «Verdammt, ist es schon so spät?» Reinold winkte Marysa aufzustehen. «Komm schon, du musst dich heute noch einmal um den Verkaufsstand kümmern. Ich gehe gleich nach der Weisungszeremonie zum Rathaus und schaue, ob ich jemanden vom Schöffenkolleg erwische.»
    «Ihr wollt heute die Anzeige gegen Scheiffart machen?» Marysa folgte ihm eilig hinunter in die Küche, wo er sich getrocknete Kirschen und einen großen Kanten Brot in einen Beutel packte. Marysa hielt ihn am Arm fest. «Ich bitte Euch, Meister Reinold, überlegt es Euch noch einmal. Oder wartet wenigstens noch, bis die Kirmes vorbei ist. Ich habe kein gutes Gefühl dabei.»
    «Ach was, du und deine ewige Unkerei!» Reinold sah sie strafend an. «Sieh zu, dass du zum Parvisch kommst. Jaromir und Grimold können dir ja helfen.»
    Marysa folgte ihm erneut, als er in die Werkstatt ging. «Meister Reinold, das will ich gerne tun, aber warum habt Ihr gestern Jaromir mit dem Stand alleine gelassen? Er ist nur ein Knecht und erst fünfzehn. Ihr hättet auf mich warten sollen!»
    «Es ging nicht, sonst hätte ich Theophilus verpasst», antwortete Reinold kurz angebunden. «Und ich wusste ja, dass du bald kommen würdest. Wie ich an den Kisten sehe, warst du ja auch recht erfolgreich. Also reg dich nicht unnötig auf, sondern tu einfach, was ich dir sage. Und vergiss nicht, mir heute Abend das eingenommene Geld auszuhändigen. Gib bloß nicht so viel für Essen und Schnickschnack

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