Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
unter seinem Kleidersack hervor. Er überholte Hilmar auf den Stufen. Gemeinsam warfen sie sich erneut gegen das Holz. Es krachte, es splitterte. Nach einem kurzen Blickaustausch, traten sie gleichzeitig mit dem Fuß dagegen, das Schloss brach, die Tür schwang auf, aber das Zimmer war leer.
Überall waren die Spuren eines kurzen, heftigen Kampfes zu sehen. Ein Stück vom Leintuch war abgerissen. Einige von Arinas Haarnadeln lagen im Zimmer verstreut. Das Fenster stand sperrangelweit offen. Mit wenigen Schritten durchquerte Philip den Raum und sah nach unten. In den Schneehaufen vor dem Fenster war jemand gestürzt und ein Zweiter gesprungen. Hufspuren führten von dort aus, am Haus entlang. Ohne lange zu überlegen, sprang Philip aus dem Fenster. Er wühlte sich aus dem Schneehaufen und lief hinüber zum Stall.
„Erós“, rief er und stieß das Stalltor auf. Das Pferd kam ihm bereits entgegen. Mit einem Sprung, den er sich selbst nicht zugetraut hätte, schwang er sich hinauf. „Folg dem Reiter“, rief er. Das Schwert in der Scheide hielt er immer noch in der Hand, aber er konnte sich im vollen Galopp den Gurt nicht umschnallen. Mit der freien Hand krallte er sich in Erós Mähne.
Als er die freie Fläche hinter den Häusern erreichte, sah er zum ersten Mal den Reiter, dem er folgte. Er hatte einen erstaunlichen Vorsprung, in Anbetracht der Tatsache, dass Arina quer vor ihm über dem Sattel hing. Erós holte auf. Getrieben von Philips wilder Panik, streckte er sich bei jedem Sprung weiter nach vorne. Der Fremde ritt mit Arina auf die Hügel zu. Der Wald kam immer näher und Philip wusste, dass er es nicht rechtzeitig schaffen würde, den Reiter zu stoppen. Sein Herz hämmerte wild und voller Angst bei dem Gedanken, dass er sie möglicherweise nicht einholen konnte. Gleichzeitig spürte er unbändigen Zorn gegen Arinas Entführer.
„Lauf Erós, lauf!“, brüllte er, obwohl es nicht nötig war, denn Erós lief, als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre.
Das Pferd, der Fremde, Arina! Der Wald verschluckte sie. Philip stieß einen wütenden Schrei aus. Als er kurze Zeit später selbst unter die Bäume ritt, konnte er den Reiter nicht mehr sehen. Immerhin hatten sie Spuren im Schnee hinterlassen und weit konnten sie noch nicht gekommen sein. Die Bäume standen eng und das Unterholz wucherte üppig.
Oft musste er ausweichen oder duckte sich erst im letzten Moment unter einem Ast hindurch. Eine schnellere Gangart als Schritt war nur an wenigen Stellen möglich. Trotzdem schien der andere besser durchgekommen zu sein.
Da kam Philip an eine Stelle, von der aus Hufspuren in alle Richtungen führten. Es war unmöglich auszumachen, welche die Richtige war. Er stieß einen heftigen Fluch aus und entschied sich, die ursprüngliche Richtung beizubehalten.
Wie Blitze zuckten die Gedanken durch seinen Kopf. Während er immer tiefer in ein schier undurchdringliches Dickicht hinein ritt, fragte er sich wieder und wieder, ob er der richtigen Spur folgte. Nach einer Weile bemerkte er, dass sich wieder mehrere Spuren kreuzten und erst da wurde ihm bewusst, dass er im Kreis geritten war. Ärgerlich ließ er Erós halten und band zumindest sein Schwert um. Da hörte er ein Geräusch. Stimmen! Er lauschte gespannt und erkannte halb enttäuscht, halb erleichtert, dass es Hilmar und seine Männer waren.
„Sie ist weg“, krächzte er, als sie in Sichtweite kamen. Er spürte den Klos im Hals und die Verzweiflung, die ihn zu überwältigen drohte. Alles in ihm wehrte sich dagegen, seine eigenen Worte zu akzeptieren.
Hilmar ritt wortlos zu ihm heran und reichte ihm seinen Mantel. Philip senkte den Kopf. Er fühlte sich schuldig. Er hatte gewollt, dass Arina mitfuhr. Mit keinem Wort hatte er versucht, sie an dieser Reise zu hindern. Er hatte sie in Gefahr gebracht.
„Da bin ich schon lang geritten, und hier wieder zurück“, murmelte er.
„Wir teilen uns“, entschied Hilmar. „Ihr zwei reitet dort lang. Ulf und Holgar drüben. Ich reite mit Grantar. Du gehst mit Frode. Philip mit Olaf. Wir müssen Arina finden.“ Seine letzten Worte stieß Hilmar wie eine Beschwörung aus.
„Wir werden sie finden“, sagte Philip und seine Worte klangen zuversichtlicher, als er sich fühlte. Er sah wie in Hilmars Augen Verzweiflung und Zorn miteinander kämpfen, dann trieb er Erós an und Olaf folgte ihm.
„Wo wart ihr alle vorhin?“, fragte Philip vorwurfsvoll.
„Der Wirt hat uns gebeten ihm beim Umwuchten einiger Bierfässer zu
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