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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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dass der Händler auf falsche Gedanken kam, was ihr Verhältnis zueinander betraf. Dass sie Don Luis liebte, ging ihn nichts an. Das musste sie erst einmal selbst begreifen.
    «Wie es aussieht, hat sich dieser d’Anastro aus dem Staub gemacht. Vermutlich wurde ihm der Boden unter den Füßen zu heiß. Das Gerücht, er sei der Drahtzieher des Anschlags auf Wilhelm von Oranien in Antwerpen, scheint ihn schneller zu verfolgen, als er gedacht hat. Jedenfalls droht Euch von dieser Seite keine Gefahr mehr.»
    «Was ist dann die schlechte Nachricht?»
    «Unser Stadthauptmann ist ein schärferer Hund als der Großinquisitor von Brabant, wenn es gilt, verdächtige Personen aufzuspüren», meinte van Dongen bitter. «Mein Knecht erfuhr von seinem Vetter, der als Turmwächter dient, dass in der Stadt nach spanischen Spionen gefahndet wird: einem Mann und einer Frau. Zwei weitere Verräter sollen bereits tot sein. Ihr müsst zusehen, dass Ihr Brüssel sogleich verlasst. Trotz des grässlichen Wetters. Aber wie?»
    Don Luis hatte schweigend und mit ausdrucksloser Miene zugehört, nun aber hellte sich sein Gesicht auf. Ihm kam eine Idee.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 30
    Cäcilia saß in einem dunklen Winkel des Schuppens und beobachtete die Menschen, die wie sie Zuflucht vor dem schlechten Wetter suchten. Um sie herum husteten, stöhnten und niesten die Bettler und Galgenvögel um die Wette. Die Kleidung der meisten war durch und durch nass vom anhaltenden Schneeregen. Wohin Cäcilia blickte, fand sie ausgemergelte Kreaturen, bleich, krank und hungrig. Von Zeit zu Zeit ging die Tür auf, und weitere Bedauernswerte schlurften in den nur notdürftig beheizten Holzverschlag. Sie blickten sich nach einem Ruheplatz um und sanken sofort nieder, sobald sie ein freies Fleckchen entdeckt hatten. Vorn, beim rauchenden Kohlebecken, war natürlich kein Platz mehr zu finden. Cäcilia schämte sich fast dafür, dass ausgerechnet sie sich dort wärmen konnte. Sie war nicht der Meinung, dass sie ein Anrecht darauf hatte, aber Tobias sah das anders. Seinem Ansehen, das er unter den Ausgestoßenen Brüssels genoss, verdankte sie, dass ihr jedermann respektvoll begegnete, ja, man hatte ihr sogar einen Kanten Brot und ein mit Stroh gefülltes Kissen gebracht. Es war zerrissen und voller Ungeziefer, aber Cäcilia brachte es nicht über sich, es zurückzuweisen. Möglicherweise hatte sie sich unter diesen Menschen auch ein wenig Respekt und Sympathie erworben, weil sie für ihr Hab und Gut gekämpft und im Handgemenge mit der pockennarbigen Hure sogar den Sieg davongetragen hatte. Cäcilia biss in das Brot, um Tobias eine Freude zu machen. Hunger verspürte sie angesichts des Elends nicht. Erneut flog die Tür auf, wieder blies der Wind Kälte und eine Schar hustender Bettler in den Schuppen. Ihre klappernden Holzschalen, mit denen sie vor den Kirchen der Stadt um Almosen baten, waren heute leer geblieben. Cäcilia schluckte den zähen Klumpen Brot hinunter. Kein Wunder, dass die Unglücklichen ohne Bettelgabe zurückkehrten. Die calvinistischen Prediger gründeten zwar in vorbildlicher Weise Einrichtungen für Bedürftige, stellten Opferkästen in Kirchen und riefen die Bürger dazu auf, ihre armen Mitbürger nicht zu vergessen, doch bettelndem Volk begegneten sie mit Misstrauen. Ihr Elend galt ihnen als Hinweis darauf, dass sie von Gott verstoßen worden waren. Man hielt sich von ihnen lieber fern und überließ es dem Bettelvogt der Stadt, für Ordnung zu sorgen. Abgesehen davon wagte sich bei diesem Wetter kaum jemand ins Freie. Was blieb den Bettlern daher anderes übrig, als sich wieder auf ihren Strohsack zu legen, um vor sich hin dämmernd Hunger und Kälte zu vergessen.
    Tobias warf Cäcilia eine Decke über die Schultern und lächelte stolz, als sie sich dafür mit einem warmherzigen Blick bedankte. Der Himmel schien es gut mit ihr zu meinen, sonst hätte er ihr nicht Tobias gesandt. Zwischen ihr und ihm mochten Welten liegen, aber sie glaubte nicht, dass es noch einen anderen Menschen gab, der sie so verstand wie er.
    «Worüber denkt Ihr nach?», wollte er wissen. «Macht Ihr Euch Sorgen, weil es immer noch schneit? Keine Sorge, wir werden es schon schaffen. Verlasst Euch ganz auf mich.»
    Cäcilia blickte ihren Helfer an, der inzwischen seinen struppigen Bart gebändigt und einen einfachen, aber leidlich sauberen Leinenkittel übergestreift hatte. Sein Gesicht war gerötet vor Kälte, da er es auf dem Hof mit frischem Schnee

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