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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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zerstörten Tempel von Ydmos lag und das Loch neben mir, aus dem beißend graue Dämpfe aufstiegen, die Grube war, der einst die Fontäne mit der Singenden Flamme entsprungen war. Es war ein Bild äußerster Verwüstung: Der Zorn, der sich über Ydmos entladen hatte, hatte keinen Stein auf dem anderen gelassen, nicht eine einzige Säule stand noch aufrecht. Aus den Überresten des Tempels, zwischen denen die Ruinen von On und Angkor wie bloße Trümmerhaufen gewirkt hätten, starrte ich zum trostlosen Firmament hinauf.
    Nur noch dünne Rauchfahnen kräuselten sich träge geisterhaft aufwärts, wo einstmals die Flamme mit ihrem leidenschaftlichen Gesang gelodert hatte. Mit einer gigantischen Anstrengung wandte ich den Kopf von der qualmenden Grube ab. Da erst nahm ich meine beiden Gefährten wahr. Angarth lag, noch immer bewusstlos, nicht weit von mir, und direkt hinter ihm sah ich Ebbonlys bleiches, schmerzverzerrtes Gesicht. Seine Beine und sein Unterleib waren unter dem schweren, geborstenen Kapitell einer umgestürzten Säule eingeklemmt.
    Wie in einem nicht enden wollenden Albtraum kämpfte ich gegen die bleierne Trägheit an, die mich gefangen hielt. Quälend langsam, mit äußerster Mühe kam ich auf die Beine und schlurfte hinüber zu Ebbonly. Mit einem flüchtigen Blick überzeugte ich mich davon, dass Angarth unversehrt war und bald wieder zu sich kommen würde.
    Ebbonly hingegen lag, von der monolithischen Gesteinsmasse zerquetscht, im Sterben. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Ich konnte ihn nicht befreien, selbst wenn mir die Hilfe von einem Dutzend Männer zur Verfügung gestanden hätte. Ich vermochte noch nicht einmal etwas zu tun, um seine Qual zu lindern.
    Tapfer, mit einem Mut, der mir das Herz zerriss, versuchte er zu lächeln, als ich mich über ihn beugte. »Es hat keinen Sinn – mit mir ist es aus«, flüsterte er. »Leben Sie wohl, Hastane – und sagen Sie auch Angarth ein Lebewohl von mir.«
    Seine gequälten Lippen entspannten sich, seine Augenlider sanken herab und sein Kopf sackte zurück auf die Bodenfliesen des Tempels.
    Entsetzt, allerdings wie im Traum, fast ohne Emotion, begriff ich, dass er tot war. Alles war so unwirklich. Ich war immer noch viel zu erschöpft, um einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn ein Gefühl zu empfinden, fast so, als würde ich aus einem Drogenrausch erwachen. Meine Nerven waren durchgebrannte Drähte, meine Muskeln tot, wie Lehm, und wollten mir nicht gehorchen. Mein Hirn kam mir vor wie Watte, völlig ausgebrannt, so als habe ein nun erloschenes Feuer darin gewütet.
    Irgendwie, nach ich weiß nicht wie langer Zeit, gelang es mir, Angarth aufzuwecken. Perplex und benommen setzte er sich auf. Als ich ihm sagte, dass Ebbonly gestorben war, schienen meine Worte keinen Eindruck bei ihm zu hinterlassen. Einige Zeit lang fragte ich mich, ob er sie überhaupt verstanden hatte. Schließlich schüttelte er mit offenkundiger Mühe seine Lethargie ab. Er schaute auf den Leichnam seines toten Freundes und schien die entsetzliche Situation, zumindest bis zu einem gewissen Grad, zu begreifen. Hätte ich nicht die Initiative ergriffen, wäre er in seiner Erschöpfung und Verzweiflung wohl noch Stunden, wenn nicht für alle Zeit, dort geblieben.
    »Kommen Sie«, sagte ich und versuchte dabei, meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen. »Wir müssen hier fort.«
    »Wohin denn?«, fragte er teilnahmslos. »Der Quell der Flamme ist versiegt und die Innere Dimension gibt es nicht mehr. Ich wünschte, ich wäre tot, so wie Ebbonly – und gut möglich, dass ich es bin, so wie ich mich fühle.«
    »Wir müssen den Weg zurück nach Crater Ridge finden«, erwiderte ich. »Wir können es schaffen, sofern das Dimensionstor nicht ebenfalls zerstört wurde.«
    Angarth schien mich gar nicht zu hören. Dennoch folgte er mir gehorsam, als ich ihn am Arm fasste und inmitten umgestürzter Säulen und zahlloser Gänge, über denen sich nun kein Dach mehr wölbte, nach einem Ausweg aus dem Allerheiligsten des Tempels zu suchen begann ...
    An unsere Rückkehr erinnere ich mich nur verschwommen, wie durch die zähen Nebelschleier eines Deliriums, das kein Ende fand. Ich weiß noch, dass ich ein letztes Mal auf Ebbonly schaute und sah, wie er bleich und reglos unter der tonnenschweren Säule lag, die ihm in alle Ewigkeit als Grabstein dienen würde. Ich entsinne mich an die himmelhoch aufragende Ruine der Stadt, in der wir anscheinend die einzigen lebenden Wesen waren. Sie war ein

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