Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
Vom Netzwerk:
verloren, vor- und zurückquollen und dabei auf einer riesigen Fläche im Handumdrehen jegliche Vegetation auslöschten. Schließlich schien die rosafarbene Masse einen entscheidenden Vorteil errungen zu haben; sie strömte immer weiter voran, ohne nachzugeben, verleibte sich den Gegner ein und drängte ihn zurück. Wir aber sahen nicht länger zu, sondern setzten unseren Flug zu den Purpurbergen fort.
    Ich besitze keine allzu deutliche Erinnerung an jenen Flug: Alles verschwimmt mir zu einer vagen Vision aus brodelnden Nebeln, aus endlosen, dampfenden Wäldern, aus lodernden Erdpech-Seen und aus Sümpfen voller speiender Vulkane. Ich durchlitt eine kreisende Ewigkeit aus Schmerzen, Übelkeit und Schwindel. Zuletzt fiel ich in ein rasendes Delirium und war mir meiner Umgebung überhaupt nicht mehr bewusst – von wenigen lichten Augenblicken abgesehen. Ich weiß nicht, wie ich es schaffte, weiterzufliegen und den Kurs beizubehalten: Mein Unterbewusstsein, vermute ich, muss mir die Hand geführt haben. Den restlichen Crew-Mitgliedern ging es nicht besser und sie hätten mir nicht helfen können.
    Ich selbst schien in jenem Delirium gegen ein unermessliches, gestaltloses Monster zu kämpfen; und nach Ewigkeiten unentschiedenen Ringens tauchte ich lange genug aus meinem Fieberwahn empor, um zu sehen, dass direkt vor uns die Purpurberge ihre Felsenhörner durchs Gewölk stießen. Beinahe ohne auch nur zu denken steuerte ich den Gleiter durch den vom Urwald vereinnahmten Pass und über das Plateau. Und der gleißende Himmel verwandelte sich in ein Meer aus Schwärze, ein Meer, das über mir zusammenschlug und mich ins Vergessen hinabzog, als ich endlich den Gleiter neben dem schimmernden Riesenrumpf des Mutterschiffes aufsetzte.
    Irgendwie, durch dichte Schleier und auf labyrinthischen Umwegen, trieb ich aus diesem Meer der Schwärze empor. Ich schien Stunden zu brauchen, um mein volles Bewusstsein wieder zu erlangen. Der Weg dorthin war qualvoll und verwirrend, als weigerte sich mein Gehirn, zu arbeiten. Als ich dann schließlich zu mir kam, befand ich mich sicher an Bord des Mutterschiffs und in meine Koje gebettet. An meiner Seite saßen Admiral Carfax und die zwei Expeditionsärzte, gemeinsam mit Markheim und Rocher. Sie eröffneten mir, dass ich fünfzig Stunden lang ohne Bewusstsein gewesen war. Mein Zusammenbruch, glaubten sie, war zum Teil die Folge einer übermenschlichen Nervenbelastung in Verbindung mit dem erlittenen Schock. Aber auch meine beiden Arme waren grauenvoll zugerichtet, nachdem sie die verheerende Wirkung jenes ätzenden animalischen Sekrets zu spüren bekommen hatten, und der linke Unterarm nicht mehr zu retten gewesen. Ich blickte auf einen mit Verbänden umwickelten Stumpf, der gerade noch bis zum Ellbogen reichte. Nur dank der hervorragenden Kunst der Bordärzte war der andere Arm einer entsprechenden Amputation entgangen. Meine Gefährten waren, auch wenn ihnen speiübel war, bei Sinnen geblieben und hatten inzwischen Bericht erstattet über unsere unglaublichen Erlebnisse.
    »Ich begreife nicht, wie Sie den Gleiter noch haben steuern können«, bemerkte Carfax. Dies kam aus dem Munde unseres wortkargen Vorgesetzten, der mit Lob gewöhnlich geizte, einer persönlichen Auszeichnung gleich.
    Mein rechter Arm brauchte lange, um zu heilen – im Grunde wurde er nie wieder wie früher, erlangte nie wieder die Muskelkraft und reaktionsschnelle Beweglichkeit zurück, die für den Raumflug unabdingbar sind. Und es tat mir auch gar nicht sonderlich leid: Meine Nerven waren zutiefst erschüttert, und so gab ich mich damit zufrieden, die anderen ihren Beitrag leisten zu lassen – denn die Risse in dem von der Säure beschädigten Gleiter wurden mit Schmelzmetall zugeschweißt, das wir mithilfe unserer Hitzestrahler verflüssigt hatten, und eine neue Erkundungsmannschaft trat den Äquatorflug um die Venus an.
    Wir warteten volle hundert Stunden auf dem Plateau in den Purpurbergen – doch der Spähgleiter kehrte nicht zurück. Die Funkverbindung mit der Crew war bereits nach neun Stunden abgerissen. Daraufhin wurde der zweite Gleiter zusammengesetzt und hob ab, das Kommando führte diesmal Admiral Carfax persönlich. Markheim und Rocher bestanden ebenfalls darauf, mitzufliegen. Wir blieben in Verbindung mit der Crew, bis der Gleiter sich den gewaltigen Steppengebieten näherte, wo die Sonnenseite der Venus endet und jenseits derer die eisigen Gefilde immerwährenden Zwielichts und ewiger Finsternis

Weitere Kostenlose Bücher