Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
Vom Netzwerk:
liegen.
    Die eingehenden Funkberichte überboten einander mit unglaublichen Beobachtungen, und ich werde nicht für euch aufzählen, wie viele dieser pulsierenden, lebendigen Massen dabei gesichtet wurden, wie sie sich durch die so widerwärtig vor Leben strotzenden Urwälder voranfraßen oder aus den rauchverhüllten Ozeanen der Venus an Land krochen, wo sie brüten und ausgebrütet werden. Von dem ersten Spähgleiter jedoch fand sich keine Spur. Dann brachen auch die Berichte der zweiten Crew ab – und schwarzes Entsetzen senkte sich auf uns hernieder, die wir im Mutterschiff zurückgeblieben waren.
    Das riesige Raumgefährt war für den Horizontalflug in atmosphärischen Schichten nur schlecht geeignet. Dennoch flogen wir los und versuchten die beiden Spähgleiter zu finden, obwohl uns allen klar war, dass es wohl nichts mehr zu finden gab. Ich werde nicht bei Einzelheiten unseres Fluges verweilen: Wir sahen genug, dass es uns beständig die Mägen umdrehte; und jene grauenvollen Gebilde überdimensionierten Lebens nahmen sich niedlich und liebenswert aus im Vergleich mit einigen der Dinge, die unsere Suchscheinwerfer auf der Schattenseite des Planeten aus der Finsternis schälten …
    Letztendlich gaben wir die Suche auf und kehrten zur Erde zurück. Was mich betrifft, so bin ich nun vollauf zufrieden, auf terra firma zu verweilen. Andere mögen die Venus erkunden und ihre Minen ausbeuten und ihre Plantagen bewirtschaften. Doch ich selbst kenne nur zu gut das Schicksal der beiden verschollenen Mannschaften und ihrer Gleiter. Und ich weiß, was mit den Lagerhallen aus Neo-Manganstahl geschehen ist, die ohne jede Spur von der Oberfläche der Venus verschwanden, ersetzt von einem frisch nachgewachsenen Dschungel.

Aus den Grüften der Erinnerung
    Vor ungezählten Äonen, in einem Zeitalter, dessen prachtvolle Welten längst zu Staub zerfallen und dessen gewaltige Sonnen kaum mehr als Schatten sind, lebte ich auf einem Stern, der bereits damals im Sinken begriffen war. Schon damals wich seine Laufbahn von dem hohen, unerreichbaren Firmament der Vergangenheit ab und streifte den Abgrund, in dem, so sagten die Astronomen, seine seit Urzeiten andauernde Kreisbahn dereinst ein unheilvolles, unglückseliges Ende finden sollte.
    Ah, er war außergewöhnlich, dieser in der Kluft des Vergessens versunkene Stern – kein heutiger Mensch würde sich träumen lassen, kein von unerwarteten Visionen aus der Frühzeit der Gestirne überraschter Seher könnte sich vorstellen, wie außergewöhnlich! Im Laufe der Zeitalter, deren in Bronze gekratzte überlieferte Aufzeichnungen ganze Bibliotheken füllen, hatte die Zahl der Toten die der Lebenden um ein Vielfaches übertroffen. Aus unzerstörbarem Stein errichtet, dem allenfalls die Glut des Sonneninneren etwas anhaben mochte, erhoben sich ihre Städte als ungeheure, titanische Metropolen neben denen der Lebenden. Düster überragten ihre Mauern die benachbarten Siedlungen. Und über allem wölbte sich ein unergründlicher Himmel – eine Kuppel voll endloser Schatten, denn er wurde kaum erhellt von der tristen Sonne, einer gewaltigen, einsam am Firmament hängenden Laterne, deren Schein nicht bis zum Ewigen reichte. Sie gewährte nur eine dämmrige Sicht auf dieses endlose Traumland, ein verirrter, der Verzweiflung anheim gegebener Schimmer an einem fernen, diesigen Horizont.
    Wir, die wir unter diesem Himmel immerwährenden Zwielichts lebten, in den sich die hoch aufragenden Grabmäler und Obelisken einer vergangenen Zeit bohrten, waren ein abgeschiedenes, ernstes, von mannigfaltigen Sorgen geplagtes Volk. In unserem Blut spürten wir noch eine Kälte aus grauer Vorzeit, und eine schleichende Ahnung des zäh sich dahinwälzenden Lethe pulste durch unsere Adern. Über unseren Höfen und Feldern waberten träge und unsichtbar, gleich aus Mausoleen auferstandenen Vampiren, die dunklen Stunden, deren Schwingen aus dem schemenhaften Leid und der Verzweiflung längst vergangener Zeitalter eine bedrohliche Mattigkeit destillierten. Bedrückend hing das Firmament über der Landschaft, und holte man Atem, war es, als atmete man die abgestandene Luft eines für alle Ewigkeit versiegelten Grabes ein, dessen undurchdringliche Finsternis nur Würmer stören. Es roch nach Verwesung und fortschreitendem Zerfall.
    Unserer selbst nur vage bewusst, lebten und liebten wir wie im Traum – einem düsteren, rätselhaften Traum, der am Rand des tiefsten, unergründlichsten Schlafes lauert. Für unsere

Weitere Kostenlose Bücher