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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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einer Handvoll Schnee, die ich mit aller Kraft in seine Richtung werfe. Sie prallt an dieWand des Seilbahnwagens.
    Noch mal. »Catcher, warte!« Aber der Ungeweihte in seinem kleinen Rad stolpert schon voran und lässt den Mechanismus knirschen, der Catcher von mir wegtreibt. Ich klettere auf die Abfahrtsrampe, als derWagen schon auf der Flussmitte schwankt.
    Mit den Händen in den Taschen und einem kleinen traurigen Lächeln schaut er aus dem kaputten hinteren Fenster. Mir stockt der Atem. Ich habe immer noch die Überreste eines Schneeballs in der Hand, ein roter Streifen zieht sich quer darüber, weil ich mich irgendwie am Daumen geschnitten habe. Ich mache ein paar Schritte auf den Abgrund zu, und dann werfe ich.
    Der Schneeball segelt durch die Luft. Catcher versucht nicht mal ihm auszuweichen, sondern lässt ihn mitten auf der Brust aufkommen, dort, wo sein Herz ist. Er rührt sich nicht, sondern starrt mich nur an. Im Dämmerlicht treten seineWangenknochen stärker hervor, ebenso wie die Schatten um die Augen.
    Er wirkt erschöpft und einsam, und ich wünsche mir sehnlichst, ich könnte die Entfernung zwischen uns mit einem Sprung überwinden, ihn an mich ziehen und mich von seiner Hitze verzehren lassen.
    Ich breite die Arme aus. »Es tut mir leid«, rufe ich ihm zu, doch ich weiß nicht, ob er mich hört. Mit ruckenden Seilen fährt die Seilbahn einfach weiter und trägt ihn zurück in die Dunkle Stadt. Ich kann sehen, wie sie ankommt, sehe ihn aussteigen in die Massen von Ungeweihten.
    »Catcher.« Meine Stimme versagt.Warte, will ich sagen. Komm zurück. Ich möchte ihn einfach berühren dürfen, ihn anschauen, sicher sein, dass es ihm gut geht. Ich muss wissen, dass alles in Ordnung ist mit ihm und mir und dieserWelt.
    Ich muss einfach nur seine Hitze spüren.
    Aber ich weiß nicht, wie ich ihm all das mitteilen soll. Dass ich Angst habe und nicht weiß, wie ich normal sein kann. Ich bin kaputt, genau wie er, und ich bin nicht sicher, ob ich mich heilmachen kann.
    »Catcher.« Diesmal ist es nur noch ein Flüstern. »Bitte.«
    Er schaut zu mir, sein Gesicht ist hager und so traurig und einsam. Ich will wissen, ob er gegessen und geschlafen hat, ob er auf sich achtgibt. Ich strecke die Hand nach ihm aus, aber er ist so weit weg. Er steht da, ein Fels im wogenden Fluss von Ungeweihten. Für sie scheint er gar nicht zu existieren.
    Dann hebt er eine Hand zum Mund. Und ich lege meine eigene Hand an die Lippen, während er mit dem Strudel derToten verschmilzt und verschwindet.
    Zitternd stehe ich da und wünsche mir, er würde zurückkommen, aber nichts passiert.Tote schwanken hinaus auf den teilweise zugefrorenen Fluss, sie brechen ein und werden verschluckt, leblose Finger recken sich nach den Sternen.
    »Der scheint ja nicht besonders an dir interessiert zu sein«, sagt jemand. Ich drehe mich um, ein R ekruter klettert die Stufen zur Rampe hoch. Er kommt auf mich zu. »Selber schuld.« Seine S-Laute sind zischend und verwaschen. Er bleibt gerade außerhalb meiner R eichweite stehen und grinst anzüglich.
    Ich erstarre. Blitzschnell schaue ich mich nach dem besten Fluchtweg um. Die Rampe ist lang und schmal, auf der einen Seite führt eineTreppe zur Insel hinunter, die andere Seite ragt von einer Art R eling begrenzt über denWall auf den Fluss hinaus. Eine Strickleiter führt zum Ufer . A ber wenn ich dort hinunterklettere, würde ich nur auf der falschen Seite der Barrikaden landen und könnte nicht wieder zurückkommen.
    Ein paar Ungeweihte, die auf dem schmalen Uferstreifen unter mir Halt gefunden haben, recken die Arme nach mir. Einer von ihnen ist kahl und in ein weißes Gewand gehüllt, wie die Frau in dem Käfig im Hauptgebäude. Der Wind trägt ihr Stöhnen davon.
    Ich stecke die Hände in dieTaschen und fühle das kleine Messer dort.Wahrscheinlich kann man damit niemandem tödlicheWunden zufügen, aber es beruhigt mich schon, das kalte Metall in der Hand zu halten.
    Ich schüttele mir das Haar aus dem Gesicht, weil ich weiß, dass der Schein des Lagerfeuers am Ende der Rampe auf meine Narben fallen wird. Hoffentlich sehe ich wild aus und wie eine Kämpferin.
    Der R ekruter grinst noch breiter. »Gibt nicht mehr viele Frauen auf der Insel«, sagt er. »Jedenfalls keine, mit denen man ein bisschen Spaß haben möchte, wenn du weißt, was ich meine.« Mir dreht sich der Magen um, als ich an die Ungeweihte imTodeskäfig denke und die anderen in dem Raum dahinter. Er ist nicht näher gekommen, sondern

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