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Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
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Diaspars kennengelernt. Es überraschte ihn daher nicht, dass der Mann vor ihm ein Fremder für ihn war. Was ihn erstaunte, war die Tatsache, dass er hier, in diesem verlassenen Turm, an der Grenze zum Unbekannten, überhaupt einem Menschen begegnete.
    Er wandte der Spiegelwelt den Rücken zu und starrte den Eindringling an. Ehe er den Mund aufmachen konnte, sprach ihn der andere an.
    »Du bist Alvin. Als ich entdeckte, dass jemand diesen Turm besucht, hätte ich mir denken können, dass du es bist.«
    Die Bemerkung sollte offensichtlich nicht beleidigend sein; es war eine einfache Feststellung, und Alvin akzeptierte sie als solche. Es überraschte ihn nicht, dass er erkannt worden war; durch seine Einzigartigkeit und noch im Verborgenen ruhenden Kräfte war er nun einmal jedem Einwohner Diaspars bekannt.
    »Ich bin Khedron«, fuhr der Fremde fort, als erkläre das alles. »Man nennt mich den Spaßmacher.«
    Alvin sah ihn verständnislos an, und Khedron zuckte spöttisch resigniert die Achseln.
    »Nun ja, so geht es mit dem Ruhm. Immerhin, du bist noch jung, und in deinem Leben hat es noch keine Späße gegeben. Deine Unwissenheit ist entschuldigt.«
    Khedron hatte etwas erfrischend Ungewöhnliches an sich. Alvin forschte in Gedanken nach der Bedeutung des seltsamen Wortes »Spaßmacher«; es rief irgendeine verschwommene Erinnerung in ihm wach, aber er konnte sie nicht definieren. In der komplizierten Gesellschaftsstruktur der Stadt gab es viele unterschiedliche Titel, und man brauchte meistens sein ganzes Leben, um sie alle behalten zu können.
    »Kommen Sie oft hierher?«, fragte Alvin ein wenig eifersüchtig. Er betrachtete den Turm von Loranne als sein persönliches Eigentum und ärgerte sich darüber, dass er auch anderen bekannt war. Aber hatte Khedron jemals auf die Wüste hinausgeblickt oder die Sterne im Westen versinken sehen, fragte er sich fast im selben Moment.
    »Nein«, sagte Khedron, als beantworte er Alvins unausgesprochene Fragen. »Ich bin noch nie hier gewesen. Aber ich habe das Vergnügen, über alle ungewöhnlichen Vorkommnisse in der Stadt unterrichtet zu sein, und es ist sehr, sehr lange her, seit jemand dem Turm von Loranne einen Besuch abgestattet hat.«
    Alvin fragte sich flüchtig, wie Khedron von seinen früheren Besuchen erfahren haben konnte. Diaspar war voller Augen und Ohren und anderer scharfsinnigen Sinnesorgane, die alle Vorgänge registrierten. Eine Person, die sich entsprechend dafür interessierte, konnte zweifellos eine Möglichkeit finden, diese Kanäle anzuzapfen.
    »Selbst wenn es ungewöhnlich ist, dass jemand hierherkommt«, sagte Alvin, »warum interessieren Sie sich dafür?«
    »Weil das Ungewöhnliche in Diaspar meine Domäne ist«, erwiderte Khedron. »Ich habe dich seit langer Zeit vorgemerkt; ich wusste, dass wir eines Tages zusammentreffen würden. In meiner Art bin auch ich einzigartig. O nein, nicht so wie du: Das ist nicht mein erstes Leben. Ich bin tausendmal aus der Halle der Schöpfung getreten. Aber irgendwann am Anfang wurde ich zum Spaßmacher bestimmt, und in Diaspar gibt es jeweils immer nur einen Spaßmacher. Die meisten Leute sind der Auffassung, das sei schon einer zu viel.«
    Khedron sprach mit einer Ironie, die Alvin verwirrte. Es galt nicht als hervorragendes Benehmen, direkte persönliche Fragen zu stellen, aber schließlich hatte Khedron mit diesem Thema angefangen.
    »Ich bitte, meine Unwissenheit zu entschuldigen«, sagte Alvin. »Aber was ist ein Spaßmacher, und was tut er?«
    »Du fragst, was er ist und was er tut«, erwiderte Khedron. »Ich werde damit beginnen, dir das Warum zu erklären. Es ist eine lange Geschichte, aber ich glaube, sie wird dich interessieren.«
    »Ich bin an allem interessiert«, sagte Alvin.
    »Nun gut. Die Menschen – wenn es Menschen waren, was ich manchmal bezweifle –, die Diaspar schufen, standen vor einem unglaublich komplizierten Problem. Diaspar ist nicht nur eine Maschine, verstehst du – es ist ein lebender Organismus, und zwar ein unsterblicher. Wir haben uns so sehr an unsere Gesellschaftsart gewöhnt, dass wir uns nicht mehr vorstellen können, wie seltsam sie unseren Vorfahren erschienen wäre. Wir haben hier eine winzige, abgeschlossene Welt, die sich, abgesehen von unbedeutenden Einzelheiten, niemals verändert, die aber trotzdem, Zeitalter für Zeitalter, stabil bleibt. Sie hat wahrscheinlich längere Zeit überdauert als die übrige menschliche Geschichte – und doch gab es in dieser Geschichte,

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