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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Es gibt keinen
Grund, aus dem wir uns alle in Gefahr begeben sollten. Du wirst
hier bei Kanuat bleiben und warten, bis ich zurück bin.«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!«, protestierte Mike.
»Eine sehr weise Entscheidung«, meinte Kanuat.
»Und eine, über die ich lange nachgedacht habe«, fügte
Trautman hinzu. Er machte eine Handbewegung, mit der er
Mike das Wort abschnitt, ehe er es überhaupt ergreifen konnte.
»Es geht nicht nur darum, dass ich mich um dich sorge, Mike«,
sagte er. »Jedenfalls ist das nicht der einzige Grund. Ich brauche
dich als Rückendeckung.«
»Das ist doch nichts als eine Ausrede!«, behauptete Mike.
»Stimmt«, gestand Trautman ungerührt. »Aber es ist auch die
Wahrheit. Ich weiß nicht, was mich dort drüben erwartet.
Vielleicht nichts, vielleicht aber auch eine Gefahr, mit der ich
nicht aus eigener Kraft fertig werde. In diesem Fall brauche ich
dich.«
»Und wie soll ich Ihnen helfen, wenn ich nicht einmal in der
Nähe bin?!« Mike war nahe daran, loszuschreien.
Trautman zog das Sprechgerät aus der Tasche. »Wir können
damit in Verbindung bleiben«, sagte er. »Wenn mir irgendetwas
zustoßen sollte, rufe ich dich. Und sollte mir etwas zustoßen,
dann wird Kanuat dich zur Küste bringen. Von dort aus kannst
du mit der NAUTILUS in Kontakt treten.«
»Aber das ist doch alles Unsinn!«, begehrte Mike auf. »Ich
kann ebenso gut «
Er brach ab. Ein unheimliches, dumpfes Heulen und Dröhnen
erklang und er brauchte nicht einmal eine Sekunde, um die
Quelle dieses Geräuschs zu identifizieren: Es kam vom Berg der
Geister. Schaudernd sah er in diese Richtung und erlebte eine
zweite, rätselhafte Überraschung.
Der Berg war keineswegs in der Dunkelheit versunken, wie
die Gipfel und Grate des Massivs dahinter. Ganz im Gegenteil
schien der gesamte Berg wie unter einem unheimlichen inneren
Feuer zu glühen.
»Die Geister zürnen«, sagte Kanuat. »Sie mögen es nicht,
wenn Menschen in ihr Reich eindringen.«
»Ich würde sagen, es ist eine Art Nordlicht«, sagte Trautman.
»Vielleicht auch der Mond, der sich auf all diesen Kanten und
Vorsprüngen bricht. Das Ding dort hat so viele Facetten und
Winkel, dass er wie ein riesiger Kronleuchter wirkt.«
Weder Kanuat noch Mike antworteten darauf. Mike sah nur
schweigend weiter über die Ebene. Trautmans Erklärung
entsprach ja vielleicht sogar der Wahrheit, aber das nahm dem
Anblick nichts von seiner unheimlichen Wirkung. Und es war
schon gar keine Erklärung für das unheimliche Dröhnen und
Wummern, das der Wind noch immer herantrug.
»Morgen zu dieser Zeit weiß ich, was da drüben los ist«, sagte
Trautman.
»Wenn Sie dann noch am Leben sind«, fügte Kanuat hinzu.
    Wider Erwarten schlief Mike in der Nacht ausgezeichnet und
wurde erst wach, als ihn Kanuat unsanft rüttelte. Trautman war
bereits damit beschäftigt, in aller Hast ihre
Ausrüstungsgegenstände auf den Schlitten zu laden.
Mike
registrierte verschlafen, dass die Sonne gerade aufgegangen
war.
    »Lassen Sie das!«, sagte Kanuat, an Trautman gewandt.
»Dafür ist keine Zeit!«
Er versetzte Mike einen unsanften Schubs, der ihn mehr auf
den Schlitten hinauffallen als – klettern ließ, sprang selbst auf
sein Gestell und gestikulierte Trautman ungeduldig zu, sich zu
beeilen.
»Aber was ist denn überhaupt –?«, begann Mike. Der Rest
seiner Frage ging in einem überraschten Keuchen unter, als
Kanuat den Schlitten mit einem solchen Ruck losfahren ließ,
dass sowohl er als auch Trautman zurückgeschleudert wurden.
Nur mit Mühe gelang es ihm, sich überhaupt auf dem Schlitten
zu halten.
Mit Mühe rappelte er sich hoch, klammerte sich irgendwo fest
und drehte sich vorsichtig herum. Ihr Lagerplatz und das Zelt
waren schon ein gutes Stück zurückgefallen. Dahinter, sicher
noch zwei oder drei Meilen entfernt, aber rasch näher
kommend, stoben drei gewaltige Schneewolken empor. Mike
konnte etwas Dunkles am Fuß jeder Wolke erkennen, mehr aber
auch nicht.
»Vom Dorff«, sagte Trautman düster. »Das sind die Wagen,
die wir in der Stadt gesehen haben! Verdammt! Ich hätte wissen
müssen, dass sie nicht so einfach aufgeben!«
»Keine Sorge«, antwortete Kanuat grimmig. »Sie kriegen uns
nicht. Eure Maschinen können es nicht mit einem guten
Hundeschlitten aufnehmen!«
Mike hätte viel darum gegeben, den Optimismus mit dem
Inuit teilen zu können. Die drei Wagen waren bereits ein gutes
Stück näher gekommen. Und im Gegensatz zu Kanuats Huskys
kannten diese Fahrzeuge

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