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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er
richtete sich nur ein paar Meter entfernt von Mike auf.
Was er sah, als er den Kopf in die andere Richtung drehte,
erfreute Mike hingegen viel weniger. Die beiden Wagen waren
heran. Der eine bremste nur ein kurzes Stück hinter Trautman
ab, während der andere sie auf wirbelnden Ketten umkreiste,
um ihnen jeden Fluchtweg abzuschneiden.
Vorsichtig richtete Mike sich auf und tastete mit spitzen
Fingern über seinen Körper, als müsse er sich auf diese Weise
davon überzeugen, dass er sich auch tatsächlich nichts
gebrochen hatte. Die Türen des Kettenfahrzeuges hinter ihm
flogen auf und vier mit Gewehren bewaffnete Soldaten
sprangen ins Freie. Mike ignorierte sie, drehte sich herum und
humpelte auf Kanuat zu.
»Was ist mit dem Hund?«, fragte er.
Kanuat kniete neben dem reglos daliegenden Hund und
streichelte mit steinernem Gesicht seinen Kopf. Mike wollte die
Frage wiederholen, aber dann begriff er: Der Hund war tot. Die
Kugel hatte ihn zwar nur gestreift, aber ganz offensichtlich hatte
er sich bei dem Sturz das Genick gebrochen.
Hinter ihnen knirschten schwere Stiefel auf Schnee und eine
ihnen allzu bekannte Stimme sagte: »Wie rührend. Der Anblick
bricht mir das Herz.«
Mike hob wütend den Kopf und starrte in Vom Dorffs
Gesicht. Er ersparte es sich, irgendetwas zu sagen, aber sein
Blick musste so zornerfüllt sein, dass Vom Dorff ihm nur
wenige Sekunden lang standhielt, ehe er sich mit einem
Achselzucken umwandte. Zwei seiner Männer hatten Trautman
gepackt und stießen ihn grob zwischen sich her. Trautmans
Unterlippe und Nase bluteten.
»Kapitän Trautman«, sagte Vom Dorff kopfschüttelnd. »Ich
muss schon sagen, Sie stellen meine Geduld auf eine harte
Probe.«
Trautman starrte sein Gegenüber finster an. »Ich weiß nicht,
wovon Sie reden«, sagte er. »Mein Name ist übrigens
Traut stein , nicht Traut man .«
Vom Dorff machte ein Gesicht, als hätte er auf ein Pfefferkorn
gebissen. »Ich bitte Sie!«, sagte er. »Beleidigen Sie nicht zu
allem Überfluss noch meine Intelligenz, indem Sie sich ein so
dummes Pseudonym zulegen. Ich habe Ihnen von Anfang an
nicht geglaubt, müssen Sie wissen. Und spätestens seit wir Ihre
wirklich erstaunlichen Taucherausrüstungen gefunden haben,
sollten wir doch wohl mit diesem peinlichen Spiel aufhören. Sie
sind Kapitän Trautman, der Steuermann und Kommandant der
NAUTILUS, und du –«, er drehte sich wieder zu Mike herum,
»– bist Mike, der Sohn des legendären Kapitän Nemo ... oder
sollte ich lieber sagen: Prinz Dakkar?«
»Woher ... wissen Sie das?«, fragte Mike fassungslos. Vom
Dorff grinste. »Ich weiß noch eine Menge mehr. Vielleicht
werde ich deine Fragen sogar beantworten, aber nicht jetzt und
schon gar nicht an diesem ungastlichen Ort.«
»Warum haben Sie uns nicht gleich verhaftet, wenn Sie so
genau wussten, wer wir sind?«, fragte Trautman.
»Sagen wir, aus Neugier«, antwortete Vom Dorff. »Es
interessierte mich doch sehr, den wahren Grund Ihres Hierseins
zu erfahren. Und um ehrlich zu sein, hatte ich die Hoffnung,
vielleicht sogar die legendäre NAUTILUS selbst zu Gesicht zu
bekommen.«
»Beziehungsweise in Ihre Gewalt«, vermutete Mike.
»O bitte, prinzliche Durchlaucht«, sagte Vom Dorff spöttisch.
»Wir wollen doch weiter wie zivilisierte Männer miteinander
reden, oder?«
»Warum benehmen Sie sich dann nicht wie einer?«, fragte
Mike giftig.
Vom Dorff lächelte weiter, aber er wirkte jetzt ein bisschen
gequält. Er schien etwas sagen zu wollen, beließ es dann aber
bei einem Achselzucken und winkte zwei weitere Soldaten
herbei, die Kanuat in die Mitte nahmen.
Das Eis, auf dem sie standen, begann plötzlich sachte zu
zittern. Mike hörte ein leises, aber durchdringendes Knirschen,
das direkt aus dem Boden unter ihren Füßen drang, und er war
wohl nicht der Einzige, dem dieses Geräusch auffiel. Auch Vom
Dorff sah sich nervös um und deutete dann auf die Wagen.
Offenbar hatte er es jetzt sehr eilig, den zugefrorenen See
wieder zu verlassen.
»Lassen Sie Kanuat gehen«, bat Trautman. »Er hat nichts mit
unserem Streit zu tun.«
»Den Eindruck hatte ich aber nicht«, antwortete Vom Dorff.
»Aber ich werde ein gutes Wort für ihn einlegen, wenn es Sie
beruhigt. Schon aus purem Eigennutz. Schließlich muss ich in
Sadsbergen bleiben und weiter mit diesen Leuten
zusammenleben, auch wenn Berghoff und Hansen schon lange
wieder fort sind.«
Wieder zitterte das Eis unter ihren Füßen und diesmal war das
knirschende Geräusch sehr viel lauter. Mike

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