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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die unter Wasser fahren, oft«, antwortete Kanuat.
»Vielleicht fünf-, sechsmal im Jahr. Vielleicht mehr. Wir sehen
sie nicht immer.«
Trautman seufzte. »So viel zu deiner Idee, Chris. Ich fürchte,
hier geht etwas sehr Großes vor. Aber nichts besonders Gutes.«
»Und was wollen Sie tun?«, fragte Juan.
»Was ich von Anfang an tun wollte«, erwiderte Trautman.
»Wir müssen zu diesem Berg. Und jetzt haben wir mehr Grund
dazu denn je.«
Seinen Worten folgte ein fast betretenes Schweigen und
zumindest in Mikes Fall auch ein Gefühl eisigen Entsetzens.
Allein der Gedanke, noch einmal in diese Einöde
hinauszugehen, ließ ihn noch mehr frieren.
Nachdenklich sah er Kanuat an. Der Eskimo schien voll und
ganz auf Astaroth konzentriert zu sein und erneut fiel Mike auf,
wie vollkommen untypisch sich der Kater verhielt.
Normalerweise betrachtete er es selbst als weit unter seiner
Würde, sich wie ein Haustier streicheln zu lassen; ganz zu
schweigen davon, sich auf dem Schoß eines Menschen
zusammenzukuscheln.
Bist du etwa eifersüchtig? fragte Astaroth.
Nein, antwortete Mike. Ich wundere mich nur. Er ist sehr
traurig, sagte Astaroth. Was er tut, hilft ihm, mit dem Schmerz
über den Tod seines Freundes fertig zu werden.
Du meinst den Hund?
Er war viel mehr als ein Hund für ihn, antwortete Astaroth
betont. Die Tiere sind seine Freunde und seine Familie.
Mike verspürte ein Gefühl ehrlichen Mitleids mit dem Inuit,
und als hätte dieser seine Gedanken gelesen, hob er in diesem
Moment den Blick und sah ihm direkt in die Augen. Ein
angedeutetes, trauriges Lächeln erschien auf seinem Gesicht
und erlosch beinahe sofort wieder.
Er mag dich übrigens auch, fuhr Astaroth fort. Auch wenn ich
ehrlich gesagt nicht ganz kapiere, warum. Vielleicht weil er
glaubt, dass du seine Hunde gerne hast. Wenn du ihn fragst,
dann wird er euch helfen.
»Wir können auf keinen Fall zurück in diesen See«, sagte
Juan entschieden. »Die Situation vorhin war gefährlicher, als
euch vielleicht bewusst war. Ich bin nicht sicher, ob die
NAUTILUS dieser Belastung noch einmal standhält. Dass
Berghoff sich zurückgezogen hat, war pures Glück. Hätte die
>U37< uns angegriffen, hätte sie eine gute Chance gehabt, uns
zu besiegen.«
»Also bleibt uns nur der Weg über das Eis«, seufzte
Trautman. »Nicht dass ich mich darauf freue, aber ich sehe
keine andere Möglichkeit ...« Er sah Kanuat an. »Ich weiß, dass
ich kein Recht habe, Sie darum zu bitten, aber besitzen Sie noch
einen zweiten Schlitten?«
»Sie werden uns erneut jagen«, sagte Kanuat, »und vielleicht
noch einen Hund töten.«
»Nicht, wenn sie nicht wissen, dass wir noch da sind«,
antwortete Trautman. »Die NAUTILUS wird hinaus aufs offene
Meer fahren und ein bisschen Haschmich mit Hansens PRINZ
FERDINAND spielen. Das lenkt Vom Dorff bestimmt genug
ab. Aber es ist Ihre Entscheidung. Ich will nicht, dass Sie noch
einen Ihrer Freunde verlieren.«
»Ich werde sie alle verlieren, wenn wir die Deutschen nicht
verjagen«, sagte Kanuat leise.
»Das werden Sie nicht«, sagte Mike bestimmt. »Wir werden
Ihnen helfen.«
»Wie wollt ihr in die Stadt kommen?«, erkundigte sich
Kanuat.
»So wie das erste Mal.« Trautman deutete auf Singh. »Singh
und ich werden Vom Dorff einen kleinen Besuch abstatten und
für ein wenig Verwirrung sorgen. Genug jedenfalls, um dir
Gelegenheit zu bieten, in dein Haus zu gelangen und den
zweiten Schlitten zu holen.«
»Das ist gefährlich.«
»Alles, was wir hier tun, ist gefährlich«, sagte Trautman.
»Außerdem haben wir einen guten Grund, Vom Dorff zu
besuchen. Er hat etwas, was uns gehört. Wir würden wirklich
ungern auf die beiden Taucheranzüge verzichten – ganz davon
abgesehen, dass sie den Deutschen nicht in die Hände fallen
dürfen. Und drittens müssen wir ihn doch schließlich davon
überzeugen, dass wir auch wirklich von hier verschwinden,
nicht wahr?«
»Vom Dorff ist nicht dumm«, gab Kanuat zu bedenken. »Er
ist schlecht, aber nicht dumm.«
»Ich weiß«, sagte Trautman. Seltsamerweise lächelte er
jedoch dabei. »Aber das macht nichts. Einen intelligenten
Gegner zu überlisten ist manchmal leichter als einen dummen.«
»Wann brechen wir auf?«, fragte Mike.
Trautman sah ihn nachdenklich an und schüttelte den Kopf.
»Wir brechen überhaupt nicht auf«, sagte er betont. »Wirf
einmal einen Blick in den Spiegel. Du siehst aus wie der Tod
auf Latschen. Du wirst dich jetzt gründlich ausschlafen. Singh
und ich besuchen heute Abend Vom Dorff.

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