Die Stahlkönige
ihr zwei Buckler zu Tode geritten habt, neue gestohlen oder gekauft.«
»Das stimmt nicht, Majestät«, warf der zweite Mann ein, dessen Gesicht schweißüberströmt war.
Der Matwahäuptling Jochim trat vor, beugte sich herab und musterte die beiden eingehend. »Ich kenne die beiden«, erklärte er. »Vor zwei Jahren traf ich sie während der Trockenzeit auf dem Markt. Damals waren sie aber keine Gewürzhändler, sondern Stahlkäufer.«
»Seit wann gestatten die Händlergilden ihren Mitgliedern, den Beruf zu wechseln?«, erkundigte sich Hael.
»Der Mann irrt sich«, sagte der erste Fremde.
»Nein. Ehr seid Spione Larissas. Ich kenne euresgleichen.«
Ein Wächter strich mit dem Daumen über seine Schwertklinge. »Soll ich sie töten, mein König?«
»Nein. Sie dienen ihrer Herrin treu und ergeben. Ich habe eine Schwäche für mutige und tapfere Männer.«
»Mein König, ich protestiere!«, rief Jochim. »Das sind keine Krieger, sondern Ratten, die Nachrichten für Geld verkaufen. Töte sie!«
Zustimmendes Gemurmel erklang.
»Nein. Bisher haben wir nur Soldaten in ehrlichem Kampf getötet. So soll es bleiben.« Er wandte sich an den Wächter. »Suche einen Stahlring und erhitze ihn. Brenne den beiden einen Kreis auf die linke Wange.« Er sah die Spione an. »Ich schenke euch euer Leben. Werdet ihr jemals wieder in meinem Land gesehen, darf euch der erste Krieger, der euch begegnet, umbringen.«
»Das ist schon besser«, meinte Jochim, als er mit Hael weiterging. »Einen Augenblick fürchtete ich, du wärst weich geworden.«
Später saß Hael lange mit seinen Söhnen zusammen und wartete auf die Boten der anderen Regimenter. Bis Mitternacht erfuhr er, dass beide Pässe gesichert waren. Hael ließ die Nachricht übermitteln, dass zwei Tage Rast angesetzt waren. Vor Morgengrauen des dritten Tages sollten sie die Grenze nach Sono überschreiten.
»Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten«, sagte Ansa, während sie neben einem Feuer hockten.
»So darf man nie denken«, meinte Hael. »Es kann immer etwas Unvorhergesehenes geschehen und ein Anführer darf das nie vergessen. Nach den vielen leicht errungenen Siegen sind die Männer in guter Stimmung. Ein kleiner Rückschlag wird sie nicht weiter beunruhigen, aber eine große Niederlage könnte alles zunichte machen. Das war die Stärke der Nevaner, als Shazads Vater noch König war. Sie verloren nicht einmal den Mut, nachdem ihnen Gasam etliche furchtbare Niederlagen zufügte. Mit unserer Hilfe haben sie ihn dann vertrieben.« Er starrte in die lodernden Flammen. »Sie sind ein uraltes Volk, das im Laufe seiner Geschichte viele glorreiche Siege erlebte. Sie haben nie daran gezweifelt, dass sie zum Schluss doch siegen würden. Wir sind aber ein sehr junges Volk, nicht älter als ihr Jungen, und das ist unser erster großer Krieg. Einen schweren Rückschlag können wir nicht gebrauchen.«
Am nächsten Tag ruhten sie aus. Die meisten Männer schliefen den ganzen Tag lang und die gewaltige Caboherde graste zufrieden. Hin und wieder tauchte ein Reisender oder eine kleine Gruppe aus Sono auf, die zu den übrigen Gefangenen gebracht wurden. Hael befragte die Menschen. Bisher hatte man auf der anderen Seite der Berge nicht die leiseste Ahnung von den Ereignissen in Chiwa, und die Überraschung, die sich auf den Mienen der Leute beim Anblick der gewaltigen Armee spiegelte, war echt.
Am zweiten Tag beschäftigten sich die Männer damit, ihre Ausrüstung in Ordnung zu bringen. Der harte Feldzug hatte Waffen und Sattelzeug stark strapaziert. Aus Schwertklingen und Pfeilspitzen mussten Kerben ausgemerzt werden, Lederriemen und Sattelgurte wurden repariert und kleine Wunden der Cabos behandelt. Gegen Abend freuten sich die Krieger schon wieder auf den nächsten Ritt.
Zwei Stunden vor Sonnenaufgang saßen sie auf und verließen den Pass im Schritttempo, denn ein steiler Abhang und Dunkelheit konnten den Tod bedeuten. Hael wusste, dass Sono auf einem Hochplateau lag und der Ostabhang viel kürzer als der westliche war. Als die Sonne am fernen Horizont aufstieg, verließen sie das Gebirge und betraten eine weite fruchtbare Ebene.
Hörnerklang erschallte. Mit einem lauten Schrei galoppierten sie los. Wieder starrten fassungslose Beamte sie an, als sie in rasendem Tempo an ihnen vorbeistürmten. Die Flüchtlingsjäger trennten sich von ihren Kameraden. Sie eilten viele Meilen voraus, sollten Feindkontakt vermeiden und ohne Unterbrechung bis zum Fluss reiten. Dort sollten sie
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