Die Stahlkönige
zum Aufbruch nicht genügend Frachter fertig sind, müssen die Soldaten warten, bis die ersten Schiffe zurückkehren. Es ist nur wichtig, dass die Sturmtruppen beim ersten Mal mitsegeln. Pioniere und Sklaven können warten.«
Sie war zufrieden. Vor kurzem hatte sie eine Botschaft an Todesmond geschickt und ihn über die Gründe zum Einsatz der Schiffe aufgeklärt. Sie war sicher, dass er keinen Verdacht schöpfen würde. Sie hatte ihn sogar um die Bereitstellung von Lotsen gebeten, die sich mit den Riffen und Klippen der Südküste auskannten.
Larissa stieg in den Sattel ihres Cabos und ritt zu dem nahe gelegenen Feld hinüber, das Gasam als Ausgangspunkt für die Invasion von Thezas auserkoren hatte.
Die aufmerksamen Thezaner versammelten sich bereits an der Grenze. Das gefiel Gasam. So konnte er das ganze Land auf einen Schlag erobern und musste sich nicht mit zahlreichen kleinen Truppenteilen herumplagen. Sie hoffte, dass er Recht hatte.
Als sie auf das Zelt des Königs zuritt, erblickte sie zwei Reiter, die wie wild auf ihre Cabos einschlugen. Sie kamen von Westen, und Larissa fragte sich, wer sie sein mochten. Nun, in Bälde würde sie es erfahren.
Die Königin entdeckte Gasam am Fuße seines Podests, umgeben von Insulanern, seinen höchsten Offizieren. Also sind auch die Letzten eingetroffen, dachte sie. Sie erblickte Raba, Luo und Pendu – einst Mitglieder von Gasams Jungkriegertruppe, außer Hael, jetzt die einzigen Überlebenden jener jungen Burschen. Inzwischen waren sie überaus privilegierte Generäle und durften sich ungewöhnliche Vertraulichkeiten gegenüber König und Königin herausnehmen, da sie zusammen aufgewachsen waren.
»Du kommst gerade rechtzeitig«, sagte Gasam. »Wir sind beinahe marschbereit.«
»Wunderbar«, antwortete sie und sprang aus dem Sattel. »Irgendjemand reitet in einem unglaublichen Tempo auf uns zu. Wir sollten uns anhören, was die Männer zu berichten haben.«
»Was?« Gasam runzelte die Stirn. Er hasste Verzögerungen, wenn er kurz vor einer Schlacht stand.
»Es sind zwei Boten … Da sind sie schon.«
Das Dröhnen der Hufe kam immer näher, und Krieger sprangen beiseite, als die Kuriere mit rasender Geschwindigkeit auf das königliche Paar zugaloppierten. Kurz vor Gasam und Larissa zügelten sie ihre Cabos und wirbelten eine riesige Staubwolke auf. Als sie aus den Sätteln sprangen, brach eines der Tiere zusammen, schlug heftig mit den Beinen um sich und verendete. Das andere stand mit hängendem Kopf reglos da, schweißüberströmt und mit Schaum vor dem Maul. Die Männer warfen sich den Herrschern zu Füßen. Larissa erkannte den Nevaner und einen anderen Spion, der sich als chiwanischer Priester ausgab.
»Was ist passiert?«, fragte sie. »Was soll das? Erhebt euch!«
Die beiden standen schwankend auf. »Mein König!«, stieß der Chiwaner hervor. Eine dicke Staubschicht lag auf seinen rissigen Lippen. »Eine riesige Armee naht! Hael, der Stahlkönig, eilt mit seinen berittenen Bogenschützen aus Gran herbei!«
Mit hervorquellenden Augen und weit aufgerissenem Mund starrte Gasam den Boten an. Zuerst brachte er keinen Ton hervor, dann sagte er: »Hael?« Er konnte nicht weiterreden, stattdessen stieß er einen unverständlichen Schrei aus. Blitzschnell holte er mit der schwertähnlichen Spitze des Speers aus und schlug dem Mann den Kopf ab. Der König brüllte wie ein verwundetes Kagga und hob den Speer, um auch den Nevaner zu töten, aber Larissa warf sich ihm in den Weg.
»Nein, mein König! Wir müssen hören, was er zu sagen hat!« Sie warf den Generälen einen flehentlichen Blick zu, und Luo und Pendu taten das Undenkbare. Sie legten Hand an den König, etwas, das sie seit Kindertagen nicht mehr gewagt hatten. Während die beiden seine Arme festhielten, baute sich Raba vor ihm auf.
»Die Königin hat Recht, Gasam«, zischte er. »Wir müssen hören, was dieser Mann sagen will.«
Der Wahnsinn in Gasams Blick verschwand. »Er ist verrückt! Sie lügen!«
»Vielleicht auch nicht«, meinte Larissa besonnen. »Lasst den König los.« Seit Jahren hatte sie Gasam nicht mehr so zornig erlebt, aber sie war sicher, dass er sich jetzt wieder beruhigte. Sie wandte sich an den Nevaner. »Rede!«
»Gemäß deinem Befehl ritten wir nach Sono, Majestät, wurden aber an der Grenze gefangen genommen. Anstelle deiner Beamten erwarteten uns fremde Krieger, Männer aus der Steppe. Man brachte uns in einen riesigen Pferch und hielt uns dort fest, gemeinsam mit
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