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Die Stahlkönige

Die Stahlkönige

Titel: Die Stahlkönige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Bemerkungen.
    Ganz bestimmt war sie von hoher Geburt. Ihr Gebaren und ihre Redeweise wiesen eindeutig auf eine vornehme Erziehung hin. Sie war gebildet und konnte lesen und schreiben. Überall lagen Pergamente herum, die mit Notizen über Heilpflanzen und Zeichnungen versehen waren, die jedem Künstler Ehre gemacht hätten.
    Außerdem besaß sie gute Kenntnisse über ferne Länder. Wenn er von der Steppe sprach, von der Schlucht, von Chiwa und Neva, so hatte sie bereits davon gehört. Die meisten einfachen Menschen bewegten sich nie weiter als fünf Meilen von ihrem Geburtsort fort, und jedes Land, das nicht in unmittelbarer Nachbarschaft lag, war ein Mysterium.
    Einmal lobte er ihre sorgfältigen Notizen und die wundervollen Zeichnungen. Er konnte die fremdartigen Buchstaben nicht lesen, erkannte aber kunstvolle Zeichnungen, wenn er sie sah.
    »Jedes Volk besitzt besondere Begabungen«, erklärte Sternenauge. »Ihr Steppenbewohner seid für eure kriegerischen Fähigkeiten und eure enge Verbundenheit zum Land und den Geistern bekannt. Die Nevaner lieben Abenteuer und sind unternehmungslustig, aber auch begabte Künstler, die sich für Reisen und schöne Dinge begeistern. Mein Volk beschäftigte sich vor unendlich langer Zeit mit der materiellen Seite der Dinge. Wir öffneten den Erdboden, suchten nach Erz und arbeiteten endlos daran, alles über den Nutzen und die Verarbeitung zu erfahren. So lernten wir viele wunderbare Dinge und verlegten uns auf die Herstellung, aber unsere Gedanken kreisten hauptsächlich um den praktischen Nutzen. Mein Volk hält alles, was unnütz ist, für wertlos. Die Menschen glauben nicht an Geister, nur an Brauchbarkeit. Schönheit ist ihnen gleichgültig. Aus diesem Grund schätzen sie nicht einmal sich selbst so hoch ein, wie es andere Völker tun.«
    Das hörte sich grässlich an. Gemessen an den Ansprüchen großer zivilisierter Nationen war sein Volk nicht besonders kultiviert, glaubte aber an die Geister des Landes. Auch schuf es Kunstwerke, die grob ausgeführt, aber sehr ausdrucksstark waren. Selbst das Leben der Krieger wurde nicht nur von Kraft und Geschicklichkeit bestimmt, sondern war ebenso sehr von der geistigen Verfassung abhängig. Kairns Vater hatte darauf bestanden, dass seine Söhne viel über die Sitten anderer Länder lernten, und von weit her Lehrmeister kommen lassen, die ihnen Unterricht erteilten.
    Als Kind hatte Kairn diesen Unterricht gehasst, da er sich nach Freiheit sehnte und mit seinem Bogen über die Steppe reiten wollte, um die erwachsenen Krieger auf Jagdausflügen oder Patrouillen zu begleiten. Ein Leben, wie es Sternenauge schilderte, hörte sich grauenvoll an.
    »Warum bist du anders?«, fragte er.
    »Wer sagt, dass ich anders bin?«
    Einmal hatte er bemerkt, dass sein Cabo sicher unter der langen Zeit der Muße litt. Am gleichen Tag erwachte er aus einem von Kräutern beeinflussten Schlaf und vernahm das vertraute Stampfen der Hufe. Er stand auf und hinkte zum Fenster hinüber. Er sah Sternenauge, die das Cabo über eine Lichtung ritt. Sie hatte den Rock und das Obergewand abgelegt und trug nur noch die eng anliegende Unterwäsche. Sie ritt ohne Sattel, und die wohlgeformten Beine schmiegten sich fest an die Flanken des Tiers. Der Anblick erleuchtete und erregte ihn gleichermaßen. Er hatte sich ausreichend erholt, um von der Schönheit ihres Körpers erregt zu werden. Die meisterhafte Beherrschung des Cabos bestätigte seine Vermutungen. Außer in seiner Heimat gab es kein Land, in dem das Reiten anderen als den Adligen vorbehalten war. Kairn ging zum Bett zurück und legte sich hin. Als sie zurückkehrte, verriet er nichts von seinen Beobachtungen.
    Sternenauge hatte Recht, als sie seine außergewöhnliche Zähigkeit pries. Sobald er sich auf dem Wege der Besserung befand, ging die Genesung rasch voran. Eines Tages schaffte er es, mit sicheren Schritten in der Hütte herumzulaufen. Am nächsten Tag ging er nach draußen, überquerte die Lichtung und wagte sich sogar ein kleines Stück in den Wald hinein. Am Tag danach stieg er in den Sattel und ritt für kurze Zeit.
    Sternenauge freute sich über seine Fortschritte, war aber auch ein wenig traurig.
    »Ich habe mich daran gewöhnt, dich zu pflegen«, sagte sie, als er mit dem Reiten begann. »Wenn du gehst, werde ich dich vermissen.«
    »Wäre meine Mission nicht so wichtig, würde ich hier bleiben«, antwortete er.
    Sie lächelte. »Du würdest dennoch gehen. Natürlich würdest du gerne eine Weile

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