Die Stahlkönige
entschuldigen.
»Meine Herrin, die Dame Morgenvogel, ist eine Liebhaberin der Künste und feiner Handwerksarbeit. Heute Morgen sah ich mir deine Waren an und berichtete ihr davon. Sie schickte mich, um auf dich zu warten. Du siehst, wie groß ihr Interesse ist, da sie in dieser Zeit auf meine Dienste verzichtet. Aber sie wollte niemand anderen damit beauftragen.«
»Ich weiß diese Ehre zu schätzen«, antwortete Hael trocken.
»Meine Herrin befiehlt dir …«
»Sie befiehlt mir?«, unterbrach ihn Hael mit scharfer Stimme.
Adlernase hob beschwichtigend die Hände.
»Nun, dann lädt sie dich eben ein, wenn dir diese Formulierung besser gefällt. Bringe deine Waren heute Abend in ihr Haus. Ich schlage vor, du nimmst ein oder zwei der besten Stücke mit. Wenn sie Gefallen daran findet, wird sie Diener hierher schicken, um weitere Waren zu holen.«
Hael war nicht begeistert. Er bezweifelte, dass in diesem Land selbst die hochgeborenen Frauen irgendwelchen Einfluss hatten. Aber er musste irgendwo anfangen. »Es wird mir eine Freude sein. Wann ist es ihr genehm?«
»Sie möchte, dass du mich begleitest«, sagte der Verwalter.
»Ich bin bereit, sobald ich die Sachen eingepackt habe.« Adlernase war ihm behilflich und flüsterte ihm zu: »Morgenvogel ist die wahrscheinlich reichste Frau im ganzen Land. Sie ist ein wenig exzentrisch, aber du darfst dich weder ihr noch einem anderen Adligen gegenüber unhöflich zeigen. Wenn ihr etwas gefällt, ist sie ausgesprochen großzügig. Bitte sei demütig und überzeugend, dann wird es sich für uns beide lohnen.«
»Hat sie politische Macht?«
»Politische Macht? Was redest du da! Sie ist reich. Das darfst du nicht vergessen.«
Als alles eingepackt war, klopfte Adlernase Hael auf die Schulter und grinste: »Nicht vergessen: Ein Zehntel!«
»Ein Zehntel«, wiederholte Hael.
Die Bündel über die Schulter gehängt, verließ Hael in Begleitung des Verwalters den Laden. Wortlos ging der Mann bergauf und Hael folgte ihm.
»Drachenhausverwalter hört sich beeindruckend an, aber es ist ein Titel, kein Name, nicht wahr?«
Der Mann sah ihn an, als habe er nie zuvor etwas so Dummes gehört. »Ich bin ein Verwalter und so lautet mein Name Verwalter. Als Verwalter des Drachenhauses bin ich der Drachenhausverwalter. Ganz einfach.«
»Jawohl«, murmelte Hael. Das passte zu dem, was er bisher erlebt hatte.
Sie kletterten fast bis zur Zitadelle empor und bogen in eine Straße mit hohen Häusern ein. Der Verwalter führte ihn zu einem Tor, über dem ein Steinwappen angebracht war, das ein schlangenähnliches Monstrum mit Flügeln zeigte. Sie betraten einen dunklen Gang und gingen an kleinen überfüllten Räumen vorbei. Durch die offenen Türen erblickte Hael staubige Bündel und mit Tüchern abgedeckte Möbel. Anscheinend diente das Erdgeschoss als Lagerraum.
Sie stiegen eine Treppe hinauf und gelangten in einen großen Raum, dessen Wände kostbare Gobelins schmückten. Der Boden bestand aus Marmor. In der Mitte des Zimmers stand ein schwerer Holztisch.
»Warte hier«, sagte der Verwalter und verschwand.
Hael ärgerte sich. Es gefiel ihm nicht, wie die Adligen und ihre Diener Kaufleute behandelten, aber er hatte sich zu dieser Maskerade entschlossen und musste sich jetzt damit abfinden. Zweifellos würde er lange warten müssen, und so vertrieb er sich die Zeit, indem er seine Umgebung musterte.
Hohe Fenster erhellten den Raum. Die Türflügel bestanden aus einem Holzrahmen, in den zahlreiche Glasscheiben eingelassen waren. Mezpa erzeugte viel Glas, mehr als jedes andere ihm bekannte Land. Die Türen führten auf einen Balkon hinaus, der den Blick auf den Innenhof und einen Garten ermöglichte. Durch das helle Licht vermochte Hael die Einrichtung genau zu studieren.
Auf dem Tisch stand eine Sammlung menschlicher und tierischer Figuren. Er nahm eine in die Hand und betrachtete sie prüfend. Es war eine Katze einer ihm unbekannten Rasse. Sie war aus roten Korallen geschnitzt und wundervoll gearbeitet. Vorsichtig setzte er sie ab und sah sich die nächste Figur an. Ein nackter Mann, sehr naturgetreu, mit muskulösem Körper. Der Mann lag auf dem Boden, als wäre er gerade zusammengebrochen. Er schien mit Hingabe zu sterben. Angewidert stellte Hael die Figur zurück.
An den Wänden hingen ein paar Gemälde. In Neva und Chiwa hatte Hael Bilder gesehen, aber sie waren direkt auf die Wände gemalt und zu einem Teil des jeweiligen Raumes geworden. Hier handelte es sich um einzelne
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