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Die Stahlkönige

Die Stahlkönige

Titel: Die Stahlkönige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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zurück und bediente sich des Faustnussöls, an das er gewöhnt war. Der natürliche Duft erinnerte ihn immer wieder an seine Inselheimat, wo das Leben schlicht und einfach verlaufen war. Für sein Volk, die Shasinn, wäre der Gedanke, seine Herkunft zu verbergen, völlig abwegig gewesen. Ein Shasinnkrieger zu sein war das Schönste, was einem Mann passieren konnte. Warum also etwas anderes vortäuschen? Er sehnte sich nach dieser einfachen Lebensweise, obwohl er genau wusste, wie unsinnig diese Gedanken waren. Auch damals war das Leben nicht einfach gewesen. Er war naiv gewesen, ein gedankenloser Knabe, der die Insel für den Mittelpunkt der Welt hielt. Das Leben des Stammes war schwierig und sogar bedrohlich gewesen, und er hätte es herausgefunden, wenn er lange genug dort gelebt hätte, um in die Reihen der älteren Krieger aufgenommen zu werden. Die Verbannung änderte sein Leben, und die Zeit als Krieger wurde zu einem kostbaren Artefakt – eine schöne Sache, an die man in Mußestunden dachte, aber niemals grob untersuchte, nicht einmal in Gedanken.
    Er schüttelte die Erinnerungen ab, die der Geruch des Öls in ihm hervorrief. Hier und jetzt gab es genug, worüber er nachdenken musste, ohne sich unabänderlichen Geschehnissen der Vergangenheit hinzugeben. Zum ersten Mal, seitdem er die Stadt erreicht hatte, wusste Hael nicht, was er als nächstes unternehmen sollte. Alles hing davon ab, was er hier erfuhr.
    Noch wusste er nichts über diese Menschen, ihre Ziele und ihre Anschauungen. In der Vergangenheit hatte es kaum Kontakt zwischen seinem Reich und Mezpa gegeben. Hin und wieder hatte man Handel getrieben, der meistens über Zwischenhändler ablief. Als er zum König ausgerufen wurde, war aus Mezpa keine Reaktion erfolgt. Soweit ihm bekannt war, pflegte das Land keine diplomatischen Beziehungen mit anderen Staaten. Handelsverbindungen waren selten. Das Land schloss sich von der Außenwelt ab; nicht durch die äußeren Grenzen, sondern durch mangelndes Interesse.
    Eines wusste Hael: Militärische Macht, wie er sie hier gesehen hatte, war nicht nur dazu gedacht, die Bevölkerung in Schach zu halten. Überall wurden Soldaten gedrillt, die zum größten Teil mit Feuerrohren bewaffnet waren, aus denen kleine Kugeln mit großer Geschwindigkeit herausschossen. Sie eigneten sich nicht für genaues Zielen, durchdrangen aber alle Rüstungen, und niemand vermochte einem Geschoss auszuweichen, das er nicht sah. Für jemanden, der an die erstaunliche Treffsicherheit der Bogenschützen gewöhnt war, sahen die rauchenden Rohre wie unnütze Waffen aus, die nichts als Lärm verursachten. Die Unmenge der Geschosse glich die mangelnde Genauigkeit aus, und es bedurfte keiner besonderen Kriegereigenschaften, um die Rohre zu handhaben. Große Kraft, schnelle Reflexe und scharfe Augen waren nicht erforderlich. Die Soldaten mussten sich nur in geordneten Reihen bewegen und durften nicht zurückweichen. Mit Feuerrohren bewaffnete Bauernlümmel waren schon nach wenigen Wochen Ausbildung in der Lage, sich gegenüber gestandenen Kriegern zu behaupten. Die Herrscher von Mezpa zogen unglaubliche Menschenmassen ein, um die Armee zu vergrößern.
    Welche Pläne verfolgten sie? Das musste er herausfinden. Täglich breitete sich die Macht Gasams westlich und südlich von Haels Reich weiter aus. Ein plötzlicher Vorstoß aus dem Osten würde sein Volk vernichten. Er musste die Pläne der Mezpaner ergründen und ihre militärische Schlagkraft einschätzen. Kein System war ohne Schwäche und er wollte die Schwäche dieser Armee herausfinden. Mit dieser Aufgabe hatte er niemanden betreuen können. Schon seit langem wusste er alles, was Kundschafter und Mittelsmänner zu berichten wussten. Es gab keinen Ersatz für Beobachtungen aus erster Hand.
    Ein Diener erschien, um ihn zu Tisch zu bitten, und er folgte dem Mann durch düstere Gänge, die mit alten Gobelins geschmückt waren, bis sie einen Raum erreichten, in dem ein kleiner Tisch für zwei Personen gedeckt war. In der Mitte des Tisches stand ein Kerzenleuchter in Form eines vielköpfigen Drachen. An den Wänden hingen Öllampen, deren Dochte unter Schirmen aus feinstem braunen Glas brannten.
    Als Morgenvogel eintrat, verneigte sich Hael tief. Sie hatte sich umgezogen. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass es sich um ein bedeutend schlichteres Gewand handelte. Er wartete, bis sie Platz genommen hatte, und setzte sich ebenfalls.
    »Wir essen allein?«, fragte er.
    »Mein Gemahl weilt

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