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Die Stahlkönige

Die Stahlkönige

Titel: Die Stahlkönige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sogar zum Vorsitzenden gewählt worden? Wie hat er das geschafft?«
    Morgenvogel fühlte sich sichtlich unwohl. »Ich weiß kaum etwas über ihn. Das ist Männersache, und mezpanische Männer neigen nicht dazu, mit ihren Frauen über Politik zu reden.«
    Er wusste, dass sie log. Hael hatte sich in vielen Ländern inmitten der Mächtigen bewegt und wusste, dass bedeutende Männer ihren Frauen alles erzählten. Das war eine unumstößliche Tatsache. Sein Instinkt warnte ihn, der Sache auf den Grund zu gehen.
    »Nun, ich bezweifle, dem Mann jemals zu begegnen, aber es ist immer gut, ein wenig über die Regierung eines Landes zu wissen.«
    Sie wirkte erleichtert. »Ich hoffe, ich habe dir weitergeholfen.« Morgenvogel erhob sich. »Ich sehe, es ist schon spät.« Sie wies mit dem Kinn auf einen Zeitmesser, der Hael nicht aufgefallen war. Er hatte ein rundes Zifferblatt und der Zeiger berührte ein Zeichen in mezpanischer Schreibweise.
    »Es ist beinahe Mitternacht«, fuhr sie fort, »und du hast eine anstrengende Reise hinter dir. Ich möchte, dass du dich bis zum Festmahl gut erholst. Dabei handle ich nicht aus selbstlosen Gründen, denn ich beabsichtige, dich als ganz besonderen Fang zu präsentieren.«
    Auch Hael erhob und verneigte sich. »Ich hoffe, dich nicht zu enttäuschen, werte Dame.«
    »Dann bis morgen Abend.« Ein letztes goldenes Lächeln und sie verließ den Raum mit raschelnden Gewändern.
    Während Hael dem Diener zurück in seine Gemächer folgte, grübelte er über den unerwarteten Verlauf des Abends nach. Vor wenigen Stunden hätte er geschworen, dass ihn die Frau verführen wollte. Er war zu erfahren, um ihr Benehmen falsch zu verstehen.
    Er war gleichzeitig erleichtert und beunruhigt. Warum hatte sie ihre Meinung geändert? Lag es an seinen Fragen über den seltsamen Graf Todesmond? Sie hatte sich eindeutig gefürchtet. Oder war die Entscheidung schon früher gefallen? Als sie ihn empfing, trug sie ein Gewand, das einer nevanischen Hure Ehre gemacht hätte, war aber beim Abendessen bedeutend züchtiger gekleidet. Vielleicht handelte es sich um eine hiesige Sitte.
    Sie hatte ihn ausdrücklich nach Frau und Kindern gefragt, und das war ungewöhnlich für eine Frau, die eine Verführung im Sinn hatte. Außerdem erwähnte sie von selbst ihren Gemahl und die zwei Söhne.
    Irgendetwas war geschehen und die Lage sah gefährlicher aus als zuvor. Andererseits hatte er den Eindruck, als stünden neue Möglichkeiten bevor.

 
KAPITEL SECHS
     
    K airn fragte sich, ob das Leben eines einsamen Kriegers immer gleich ablief: Reise, Kampf, Verwundung, knappes Entkommen, Genesung, Liebe und Abschied. Es war ihm schwer gefallen, Sternenauge zu verlassen, und er fragte sich, ob ihm etwas Ähnliches noch oft bevorstand. Bestimmt traf ein Krieger nicht häufig auf Frauen ihres Schlages. Beim Abschied hatte sie keine Tränen vergossen, aber er merkte deutlich, wie sehr sie litt.
    »Ich weiß, dass du gehen musst«, hatte sie gesagt, »und ich werde mich nicht hinreißen lassen, dich zu bitten, zu mir zurückzukehren.«
    »Sternenauge«, hatte er mit erstickter Stimme geantwortet, »ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin.«
    »Ach, halt den Mund! Jetzt geh.«
    Erstaunt und mit äußerst unheldenhaften Gefühlen riss er das Cabo herum.
    »Noch etwas!« Er wandte sich um. Sie stand in der Tür der Hütte. »In Felsenstein lebt ein Mann. Er heißt Graf Todesmond.«
    »Und?«
    »Meide ihn!« Sie verschwand in der Hütte und schloss die Tür.
    Kairn ritt davon und dachte an den Ausspruch seines Vaters, dass Frauen immer das letzte Wort hatten. Die Bedeutung der Redensart war ihm nicht ganz klar, aber sie traf gewiss zu. Vielleicht war das der Grund für ihre Worte gewesen. Schließlich hatte er nicht vor, einen Mann aufzusuchen, der einen solchen Namen trug.
    Zwei Tagesritte über schmale gewundene Karrenwege brachten ihn zu einer Hauptstraße. Sie verlief auf einem Erdwall und besaß eine feste Oberfläche, die sich kaum merklich wölbte und in gutem Zustand war. Hier herrschte reger Verkehr, und Kairn sah von Zeit zu Zeit lange Reihen von Sklaven, die Halsringe aus Metall trugen und aneinandergekettet waren.
    Vierrädrige Karren ratterten dahin, vollbeladen und von blökenden, übelriechenden Bucklern gezogen. Vor zweirädrige Wagen, die ebenfalls schwer beladen waren, hatte man Sklaven gespannt. Wieder einmal fühlte sich Kairn von der Art, wie man in diesem Land mit Sklaven umging, abgestoßen. Er hegte

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