Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
bald eine Menge Schüler, die zum Scherz »Häschen« genannt wurden, nach Saizews Familiennamen, in dem das Wort für »Hase« steckt. Am erfolgreichsten war die Scharfschützenbewegung im 2. Bataillon unter Hauptmann Kotow. Das Bataillon hatte Verteidigungsstellungen in der Fabrik »Metis« und am Südhang des Mamajew-Hügels inne. Es ist interessant, dass man in Stalingrad spürte, wie jeder Soldat und jeder Kommandeur darauf brannte, so viele Deutsche wie möglich umzubringen. Bei den Stalingradern spürte man einen brennenden Hass auf die Deutschen. Das war auch einer der Gründe, der zur Scharfschützenbewegung im Regiment führte. Es gab sehr viele Soldaten, die Scharfschützen werden wollten, und auch Soldaten mit einem einfachen, keinem Scharfschützengewehr wurden Scharfschützen. Saizew suchte die Besten aus, wobei Mut, Findigkeit und Ruhe als wichtigste Kriterien galten. Saizew ging durch die Einheiten des Regiments, befragte die Kommandeure, beobachtete die Soldaten an der vordersten Linie und suchte Scharfschützen aus, und dann trainierte er sie. Nachdem sie das Zielfernrohr kennengelernt und auf die Scheibe geschossen hatten, brachte Saizew die Soldaten zu den Feuerpositionen. Saizew entwickelte die sicherste, zuverlässigste Methode, Scharfschützen zu trainieren – die Vorführung der Aktivität eines Scharfschützen direkt an der vordersten Linie.
Häufig gingen viele auf eigene Initiative an die vorderste Linie. Unser Arzt Krasnow ging heimlich zur vordersten Linie; acht tote Deutsche gingen auf sein Konto.
Wenn der Armeefeldscher Iswekow an der vordersten Linie war, verband er in einem Unterstand Verwundete, dann lief er zu einer Feuerposition und schoss mit seinem Gewehr auf die Deutschen. Auf sein Konto gingen 21 getötete Deutsche.
Der Armeefeldscher des 2. Bataillons, Sekow, wurde Scharfschütze und hatte also zwei Qualifikationen: Er war Armeefeldscher, und er war Scharfschütze. Auf sein Konto gingen 45 getötete Deutsche, er wurde mit dem Orden des Roten Sterns ausgezeichnet. Ihm ist etwas Hässliches passiert – er hat einen Piloten von uns getötet. Unser Jagdflieger rammte einen deutschen Bomber. Zwei Fallschirmspringer schwebten zur Erde. Der erste flog auf unsere Seite, noch dazu brannte er, oberhalb des Fallschirms war eine Rauchfahne zu sehen. Wir wussten nicht, wessen Pilot das war, und als er näher herunter kam, hörten wir ihn schreien. Sekow, der die Deutschen glühend hasste, dachte, das sei der deutsche Pilot, gab einen Feuerstoß auf ihn ab und tötete den Fallschirmspringer, der, wie sich herausstellte, einer von unseren Leuten war, zweifacher Ordensträger. Sekow war halbtot vor Kummer, und das Ereignis wirkte sich stark auf das Regiment aus. Wir beerdigten den toten Piloten. Sekow wurde vor Gericht gestellt, er bekam zehn Jahre bei Verbüßung der Strafe an der vordersten Linie. Sekow ist ein sehr mutiger, energischer Kämpfer. Seine Feldschertätigkeit passt eigentlich gar nicht zu ihm. Während er seine Strafe an der vordersten Front verbüßte, schoss er zusammen mit Saizew Deutsche ab, und am Ende der Schlacht hatte er 45 tote Deutsche auf seinem Konto. Das Urteil gegen ihn wurde aufgehoben, und er bekam den Orden des Roten Sterns verliehen.
Selbst die Adjutanten des Kommandeurs gingen heimlich an die vorderste Linie und machten ein bisschen beim Scharfschießen mit.
Sobald der Stabschef an der vordersten Linie war, schoss er mit jedem MG. Auch mich packte die Sache. Wir mussten oft die MG-Nester kontrollieren. Man ging an die Vorderste mit dem Ziel, die Kampfbereitschaft des Bataillons und insbesondere die Technik der automatischen Waffe zu kontrollieren. Ich schoss sehr gern mit dem MG.
Saizew bildete die Soldaten individuell und in Gruppen aus, außerdem durch die Bildung eines Scharfschützen-Kommandos. Das Scharfschützen-Kommando des Regiments intensivierte die Verteidigung und erhöhte die Widerstandsfähigkeit des Regiments. Dadurch, dass unsere Scharfschützen den Deutschen große Verluste zufügten, zwangen sie sie in kürzester Zeit zu Boden und ließen sie nicht mehr ohne Deckung herumlaufen. Die Scharfschützen waren auch deshalb so erfolgreich, weil sie während eines sehr langen Zeitraums buchstäblich jeden Zugang, jeden Unterstand und Schützengraben beschossen hatten, und sobald ein Deutscher herausschaute, traf ihn die Kugel eines Scharfschützen. Das Regiment unter Oberstleutnant Meteljow war in Stalingrad und an der ganzen
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