Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
viele junge, unerfahrene Flieger. Sehr gut funktionieren die Panzer. Der T-34 ist ein sehr gutes Fahrzeug. Die russischen Panzer sind sehr gut ausgerüstet. Die Panzersoldaten sind hervorragend ausgebildet.
Der Grund für den Erfolg des Angriffs auf die eingeschlossenen deutschen Truppen besteht darin, dass die Stöße von Norden und Süden und anschließend von Osten und Westen gleichzeitig erfolgten. Außerdem sind die rumänischen Truppen, die am Oberlauf des Don standen, geflohen. Mit dem Erfolg des russischen Angriffs ging auch eine gewisse Panik in den deutschen Truppen einher, die sich im Kessel befanden. In den ersten Tagen der Einkesselung hatte die Vernichtung der Lager für Lebensmittel und Kriegsgerät begonnen. Das erschwerte die Lage der eingeschlossenen Truppen.
Im Verlauf des Angriffs auf Stalingrad hatten die Offiziere oft Gespräche geführt, dass die Russen ihre Hoffnungen auf den Winter setzen und ihren Angriff auf den Winter anberaumen würden. Das deutsche Kommando, das den Feind für zu schwach hielt, verwarf den Gedanken an die Möglichkeit eines russischen Angriffs. Es war der Meinung, es könne den Sieg bis zum Wintereinbruch erreichen. Die Offiziere erinnern sich, dass dies nicht der erste Fall ist, wo die strategischen Pläne des deutschen Kommandos gescheitert sind. Anfangs war es nicht klar, aber jetzt ist es offensichtlich, dass die Pläne für den Feldzug des Jahres 1942 irreal waren. Man durfte nicht auf den gleichzeitigen Stoß auf Leningrad und Stalingrad setzen und die Eroberung des Kaukasus planen. Da hatte man sich zu viel vorgenommen. Insbesondere hatte das deutsche Kommando damit gerechnet, Stalingrad einzunehmen und anschließend auf der Wolga nach Astrachan vorzurücken. Stalingrad hatten sie nicht einnehmen können, deshalb musste man sich durch die Kalmückensteppen [743] nach Astrachan durchschlagen, das führte nur zur Vergrößerung der Verluste des deutschen Heeres.
Wenn die Offensive der Roten Armee so weitergehen wird wie bisher und, vor allem, wenn Rostow und Charkow eingenommen werden, dann wird das von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Krieges sein. Das Wichtigste und Entscheidendste für das deutsche Heer ist es, Charkow und Rostow zu halten. [744]
Eine zweite Front in Europa ist unmöglich. In Nordfrankreich stehen die besten deutschen Truppen in Bereitschaft, außerdem ist die Küste stark befestigt. Nach der Besetzung Südfrankreichs durch die Deutschen ist auch ein Einmarsch vonseiten Spaniens unmöglich. In Italien werden englische und amerikanische Truppen ebenfalls nicht landen können. Das wird die U-Boot-Flotte Deutschlands nicht zulassen. Eine Landung in Europa muss sehr klug geplant werden, aber das kann nicht passieren.
»Deutschland hat genügend Reserven an Menschen und Material«, sagt der Kriegsgefangene, »es wird so lange kämpfen können, wie es nötig ist.«
Die russischen Flugblätter bringen Soldaten und Offiziere oft zum Lachen. Die russische Propaganda berücksichtigt nämlich nicht die psychische Besonderheit des deutschen Soldaten, seine besondere Diszipliniertheit. »Auf einem Flugblatt habe ich, zum Beispiel, den Aufruf an die Soldaten gelesen«, sagte der Gefangene, »sie sollten die Offiziere erschlagen, da sie besser verpflegt würden, aber nicht ins Gefecht gingen. Ein anderes Flugblatt enthielt den Aufruf, alle Faschisten zu töten und zu den Russen überzulaufen. Erstens«, erklärte der Gefangene, »bekommen Offiziere und Soldaten die gleiche Verpflegung, zweitens verstehen wir das Wort ›Faschisten‹ nicht, unter Faschismus verstehen wir das italienische Staatssystem.«
Während der Kapitulation bangten die deutschen Offiziere um ihre Zukunft, sie sagten: »Wenn wir uns schon in Gefangenschaft begeben, dann bei den Amerikanern, Engländern oder Franzosen. Dort leben die Gefangenen offenkundig in Sicherheit.«
Der Gefangene stellt die Frage: »Warum bemühen Sie sich so um uns? Wir haben diese gute Behandlung nicht erwartet, besonders nicht vonseiten der russischen Offiziere. Wenn damit beabsichtigt ist, die deutschen Offiziere zu stimulieren, sich in Gefangenschaft zu begeben, dann ist das sehr klug. In dieser Hinsicht würde die Erlaubnis, unseren Angehörigen zu schreiben, eine große Rolle spielen. Heute sagen unsere Soldaten: ›Hier, in der Gefangenschaft, sehen wir, dass die Russen keine schlechten Menschen sind. Wir verstehen nicht, weswegen der Krieg begonnen wurde, weshalb so viel Blut
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