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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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Menschenmenge angesammelt hatte, die weiter evakuiert werden musste.
    Generalmajor Burmakow (Kommandeur der 38. Schützenbrigade): Als wir zum linken Ufer kamen, gab es eine interessante Szene. Da hatte sich ein Volk am Ufer angesammelt! So viele Kinder, Frauen! Männer verabschiedeten sich von ihren Familien, Berge von Zeug. Wir setzten in der Nacht über. Jeder wollte so schnell wie möglich auf die andere Seite, hatte Eile. Wir schufen Ordnung. Alle waren bestrebt, die Leute so schnell wie möglich loszuschicken. Wir packten fünf Frauen mit Kindern ein, setzten über. Dann musste die Insel überquert werden, anderthalb Kilometer. Ich habe selbst zwei Kinder getragen. Alle gingen zu Fuß, die Soldaten trugen Sachen, trugen Kinder, um zu helfen. Du guckst hin, siehst eine Frau, eine Menge Sachen und zwei, drei kleine Kinder. Guckst hin, und es schnürt dir die Kehle zu. Am Ufer massenhaft Menschen, massenhaft Kinder. Ich hielt es nicht aus, schickte am Morgen zehn Fahrzeuge. Ordnete an, in erster Linie Kinder zum Fluss zu bringen. Die Kleinen stehen da herum, und du denkst an dich, deine Kinder sind in Sibirien. Da ist es nicht schlimm, aber hier ertragen sie solche Qualen.
    Brigadekommissar Wassiljew (62. Armee): Als wir die Wolga überquerten, das war die sogenannte Evakuierung, schon für diese Evakuierung müsste man ihnen den Kopf abreißen. Ein schrecklicher Anblick, besonders die Kinder. Die werden im Steppensand abgesetzt, nicht einmal Wasser ist da, und natürlich keinerlei organisierte Verpflegung. Was konnte ein Arbeiter schon mitnehmen, wenn ringsum alles explodiert, wenn Minen explodieren, von oben fallen Bomben, und die Kinder werden im Boot weggebracht. Auf der Insel hat man oft fürchterliche Szenen gesehen. Wenn wenigstens ein einziger Vertreter der Staatsmacht da gewesen wäre, um sie zu empfangen, es gab verdammt nochmal genug Autos, die einen mitgenommen hätten! Das wäre alles machbar gewesen, aber sobald die ihre Erlaubnis hatten, waren sie buchstäblich eine Stunde später nicht mehr zu sehen, und in dieser Lage mussten wir uns mit der lokalen Bevölkerung herumschlagen. […]
    Ich als Kommunist kann das Elend der Kinder nicht mit ansehen. Sie laufen herum und suchen nach Brot. Ich telegrafierte Tschujanow: »Schickt Vertreter der Sowjetorgane, um die Sache in Ordnung zu bringen. Sind wir etwa nicht in der Lage, die Kinder zu ernähren?« Wir gaben ihnen ordentlich zu essen. Die Familie eines Rotarmisten: Der Mann an der Front, die Mutter tot, sie hinterlässt einen Säugling, ein vierjähriges und ein achtjähriges Kind, ein alter Mann liegt krank da. Wie kann man so eine Familie im Stich lassen?

Flüchtlinge aus Stalingrad. September 1942
    Wodolagin (Parteisekretär Gebiet Stalingrad): In der Stadt tauchten Kinder auf, die ihre Eltern verloren hatten, Kinder unterschiedlicher Altersstufen, vom Säugling bis zum Jugendlichen. Es wurde beschlossen, dass der Komsomol es übernehmen sollte, diese Kinder ausfindig zu machen und ans andere Wolgaufer zu bringen. Sehr aktiv war hier die Komsomolsekretärin des Jerman-Bezirks, Gen. Bykowa. Die Komsomolzen gingen Höfe, Wohnungen, Gräben und Keller ab, um Kinder zu suchen, die ihre Eltern verloren hatten. Diese nicht betreuten Kinder brachten wir in den Kellerbunker des Stadttheaters. Dann ließen wir sie um drei, vier Uhr nachts oder zu einer anderen passenden Zeit ans andere Wolgaufer transportieren. Gleichzeitig wurde Verpflegung herübergebracht, sie wurden mit allem Notwendigen ausgestattet.
    Subanow (Chefingenieur im Energiekombinat Stalgres): Erst am 13. September, als die Deutschen auf der Höhe von Kuporosnoje [336]   zur Wolga durchbrachen, zerriss die Verbindung zwischen Stalingrads Herz und seinem Hirn. Die Arterie war beschädigt. Wir standen vor der Aufgabe, den südlichen Teil der Stadt mit Strom zu versorgen, vor allem die Industrie und die Wohngebiete im Kirow-Bezirk. […] Die Deutschen, die sich in den Hügeln bei Jelschanka und Kuporosnoe festgesetzt hatten und offenbar Kenntnis von der Arbeit unseres Kraftwerks hatten, nahmen uns unter erbitterten Artilleriebeschuss. Zuerst schossen sie sich ein, dann konzentrierten die Deutschen das Feuer in direktem Beschuss mit extremer Wucht auf uns.
    Denissowa (Parteisekretärin des Jerman-Bezirks): Am 14. September war Sitzung des Büros des Bezirkskomitees. Die Sitzung wurde im Deckungsgraben abgehalten. Man zog das Fazit zum Barrikadenbau und zur Evakuierung der Jugendlichen. Als

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