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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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brachte einen stattlichen Mann zu mir. Bewaffnete Arbeiter brachten ihn zu mir.
    »Was ist los, Genossen?«
    »Also, Gen. Petruchin. Der Feind bombardiert die Stadt. Wir verlieren unsere Stadt, verlieren die Fabrik, und er, der Hundesohn, er nutzt das aus, er plündert.«
    »Was ist los?«
    »Er hat im Autowerk gearbeitet. Da gibt es eine Einkleidung, Arbeitskleidung kriegt man. Schauen Sie, wie viele Arbeitsjacken der angezogen hat.«
    Tatsächlich, er hatte sechs Arbeitsjacken an, außerdem trug er 115 Päckchen Tee unter dem Hemd, und er hatte sich etwa acht Meter Riemen aus dem Leder umgeschnallt, aus dem Schleifteller gemacht werden. Ein Arbeiter fragte:
    »Warum hast du das genommen, das ist doch Staatseigentum.«
    »Das ist meine Sache.«
    »Wer hat dir das gegeben?«
    »Der Sowieso.«
    »Hast du’s ihm gegeben?«
    »Nein.«
    »Er ist ein Dieb, ein Marodeur.«
    »Was machen wir mit ihm? Schicken wir ihn an die Front?«
    »So einen darf man nicht an die Front schicken. Der führt einen auch da hinters Licht. Der muss erschossen werden!«
    Ich fragte, ob man ihn nicht vielleicht doch an die Front schicken sollte.
    »Nein, der muss erschossen werden.«
    Versammelt waren hier: der Sekretär des Bezirkskomitees, der NKWD-Leiter, der Partorg, ich; zu dem Zeitpunkt war auch der stellvertretende Volkskommissar da.
    Tja, die Arbeiter traten alle an. Man nahm ihm alles weg. Er trug Stiefel, gute Chromlederstiefel. Man wollte sie ihm ausziehen. Doch die Arbeiter riefen: »Lasst ihn! Lasst ihn in Ruhe – er soll in seinen eigenen ins Jenseits gehen.«
    Sie traten in drei Schritt Abstand vor ihm an. Auf Verlangen der Arbeiter wurde er erschossen. […] Sie hatten offen erklärt: »Er ist versorgt, ist ein guter Vulkanisiermeister, keine Kinder, seine Frau arbeitet in der Fabrik Nr. 221. Was fehlt ihm? Man kann ihm nicht trauen. An die Front darf man ihn nicht schicken.«
    Pixin (Sekretär des Parteikomitees, Stadt Stalingrad): Der Woroschilow-Bezirk brennt, der Jerman-Bezirk, der Dserschinski-Bezirk brennt, es brennt buchstäblich überall. Am zweiten, dritten Tag des Bombardements gab es erste Fälle von Plünderungen. Man schleppte Mehl weg, brach Keller auf. Es mussten diesbezüglich Sondermaßnahmen ergriffen werden. In einigen Bezirken erschoss man Plünderer an Ort und Stelle. Mehrere Personen wurden erschossen. Danach legte sich das mehr oder weniger, doch stattdessen traten Fälle von illegaler Plünderung auf. Dann wurden extreme Maßnahmen ergriffen, und mit dem Plündern wurde Schluss gemacht.
    Leutnant Simin (38. Schützenbrigade, ehemaliger Arbeiter der Fabrik »Barrikaden«): Hauptsächlich wurden Fabriken bombardiert. Damals wurden in der Fabrik »Barrikaden« zwei Werke zerstört. In den übrigen Werken gab es keine Volltreffer, aber Fenster zersplitterten, Dächer wurden abgedeckt. Durch einen Volltreffer wurde die Werksschule der Fabrik »Barrikaden« in Schutt und Asche gelegt. Im Traktorenwerk wurden am 23. und 24. August drei Werkshallen zerstört. Nach diesem Bombardement nahmen die Leute Reißaus. An der Spitze stand dabei die Fabrikleitung. Die Werksleiter beluden ihre Autos und fuhren zum Ausgang, aber als das Bombardement dann nach einiger Zeit aufhörte, wurden sie von NKWD-Kräften zur Umkehr gezwungen, und die Fabriken begannen wieder zu arbeiten.
    Odinokow (Parteisekretär des Woroschilow-Bezirks): Ein Schandfleck in der Arbeit der Bezirks-Parteiorganisationen waren Fälle, wo einzelne Betriebsdirektoren und Sekretäre von Parteiorganisationen während des massiven Bombardements die Nerven verloren, Angst bekamen und panisch aus Bezirk und Stadt flohen, wobei sie nachlässigerweise ihre Betriebe zurückließen und so nicht der Heimat, sondern dem Feind halfen. Zu diesen Direktoren und Parteisekretären gehören Alexej Iwanowitsch Brilewski, Direktor der Stalingrader Konservenfabrik, Parteisekretär Sewrjugin, Moskaljow, kommissarischer Direktor der Konditoreiwarenfabrik, Martynow, Direktor der Fabrik Nr. 490, Maximow, Sekretär des Parteibüros, Mesenzew, Direktor der Brotfabrik Nr. 5, die alle ohne Zustimmung des Bezirkskomitees der Partei wegfuhren. Feige verhalten hat sich Samarin, Direktor des Bezirkslebensmittelhandels, der ebendiesen Lebensmittelhandel schmählich im Stich ließ, sich am linken Wolgaufer in einen Viehhirten verwandelte und in eine dem Bezirkskomitee unbekannte Richtung verschwand.
    Denissowa (Parteisekretärin des Jerman-Bezirks): Fabriken gingen zugrunde,

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