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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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wollte den Motor drosseln, doch in der Eile übertrieb er und würgte den Motor ab. Wir wurden von der Strömung geradewegs zum Chalsunow-Denkmal getrieben, wo die Deutschen mit den MGs feuerten. […] Sidorow ließ das Steuer los und ging zum Bootsführer.
    »Mensch«, seufzte er schwer. »Was hast du angestellt, siehst du, wohin die Reise geht?«
    »Zu den Faschisten zu Besuch«, scherzte Simenkow bitter.
    Es war aber nicht zum Lachen. Das Boot wurde ins MG-Feuer getrieben. Es blieb nur ein Ausweg – ins Wasser zu springen. In diesem kritischen Moment sprang der Motor wieder an. Iwan Wassiljewitsch lief zum Steuer, riss es herum und lenkte das Boot in Richtung Krasnaja Sloboda.
    Major Demtschenko (Kommandant Stalingrads): Bis zum 14. September existierte diese Kommission [die Städtische Notstandskommission]. Vom 14. September an zogen Gebiets- und Exekutivkomitee ans andere Wolgaufer, die Kommandantur blieb hier. Alle Bezirks- und Stadtorgane zogen ans andere Ufer. […] Nachdem das Gebäude der Kommandantur in der Kommunistischen Straße zerbombt worden war, arbeitete und empfing die Kommandantur an verschiedenen Orten. Einige Tage waren wir im Krankenhaus, dann zogen wir in die Oktober-Straße, dann waren wir an der Zariza, ab dem 18. September saßen wir mit Generalmajor Rodimzew im GS. Dort blieben wir bis zum 25. September. Am 25. September gingen wir mit der 62. Armee in den Bezirk »Barrikaden«. Vom Barrikaden-Bezirk zogen wir in den Bezirk »Roter Oktober«, wobei wir permanent dem Oberbefehlshaber der 62. Armee zur Verfügung standen. Wir gruben da Unterstände und befanden uns die ganze Zeit dort. […]
    Man muss sagen, dass ich der Einzige war, der einen Stadtplan hatte, er war aus Pausleinwand. Das Kommando des Frontstabs befahl uns, ihnen zu zeigen, wo sich welche Straßen befanden, denn unsere Stadt hat so ihre Tücken. Wir schickten dann Leute dorthin. Zum Beispiel kommt um ein Uhr nachts irgendeine Unterabteilung zu uns, ihr muss man die Straße oder die Richtung zeigen. […] Da unsere Stadt von Schluchten durchzogen ist, sind die Straßen und Wege nicht so einfach zu finden.
    Generalleutnant Tschuikow (Oberbefehlshaber der 62. Armee): Der Militärrat der Armee, der Oberbefehlshaber der Armee – sie verteidigten Stalingrad, saßen auf dem Mamajew-Hügel. Wenn uns MPi-Schützen einkreisten, hechteten wir ans Wolgaufer. Es gab Momente, da saßen wir 150 Meter von der vordersten Linie des Gegners entfernt. Waren lokale Parteiorganisationen vor Ort? […] Nehmen wir den Sekretär des Gebietskomitees, Gen. Tschujanow, der hier Vorsitzender des Verteidigungskomitees heißt – wissen Sie, wann ich den zum ersten Mal persönlich gesehen habe? Am 5. Februar 1943 auf der Kundgebung. Gen. Pixin, Sekretär des Stadtkomitees, habe ich, wenn ich mich nicht irre, Ende Januar oder Mitte Januar 1943 zum ersten Mal gesehen. Vorher hatte ich keinen von denen gesehen. […] Der Kommandant von Stalingrad tauchte an unserem Ufer auf, als sich die Lage mehr oder weniger beruhigt hatte.
    »Wie können wir Ihnen helfen?«
    »Wer sind Sie denn?«
    »Der Stadtkommandant.«
    »Wo sitzen Sie?«
    »Am anderen Wolgaufer – Leninsk, Achtuba, Krasnaja Sloboda, da sind sie …«
    Ich glaube, wenn es hier eine entsprechende Leitung gegeben hätte, wäre die Lage eine andere gewesen.
    Eine Armee besteht aus Menschen, und eine bolschewistische Leitung befindet sich dort, wo in schweren Stunden höchste Gefahr droht.
    […] Der Gegner war schon in Stalingrad eingedrungen. Im Stalingrader Traktorenwerk lagen viele hundert Tonnen Treibstoff. Treibstoff über die Wolga zu schaffen war sehr schwierig, war mit kolossalen Gefahren verbunden. Ich sagte: Den Treibstoff holen! Traf den Direktor des Traktorenwerks, der mir erklärte, nach dem Erlass des Rats der Volkskommissare dürfte nichts aus der Fabrik entnommen werden. Ich befahl bewaffneten Soldaten, den Treibstoff zu holen. Sie trafen auf eine bewaffnete Wache, die ihre MGs auf unsere Soldaten richtete. Was sollte ich machen? Ich pfiff auf das Ganze und ließ es bleiben. Den Treibstoff bekam der Gegner.
    Leutnant Simin (38. Schützenbrigade, ehemaliger Arbeiter der Fabrik »Barrikaden«): Als wir kamen, um die Fabrik »Barrikaden« zu verteidigen, als wir Verteidigungsstellungen in der Oberen Siedlung der Fabrik bezogen, hatte ich die Gelegenheit, zum Werkkomitee der Fabrik und zum Bezirkskomitee zu gehen. Im Werkkomitee war niemand, nur Skorikow, im Bezirkskomitee

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